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PatchDay in Freiburg. Foto: Musikschule Freiburg
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PatchDay in Freiburg: „Was das Orchester auf musikpädagogischem Gebiet leisten kann“

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Von selbstgebauten Streichinstrumenten bis hin zum Multi-Ability-Orchestra: An einem „PatchDay Streicher“ präsentiert das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg die Ergebnisse seiner Zusammenarbeit mit Schülern der Musikschule Freiburg.

Können Schülerinnen und Schüler einer städtischen Musikschule in einem Weltklasse-Orchester wie dem SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg (SO) mitspielen? Was auf den ersten Blick paradox anmutet – wozu bräuchte man dann ein Musikstudium? – funktioniert bestens, wenn die Konzeption stimmt. Dies bewies überzeugend der PatchDay Streicher im gut gefüllten Foyer des Freiburger Konzerthauses.

Patches sind Flicken, oder Farbflecke. Das Nachmittagskonzert war keineswegs zusammengestückelt wie ein Flickenteppich, sondern erwies sich als buntes, fein austariertes System, um Kinder und Jugendliche aller Altersstufen Schritt für Schritt damit bekannt zu machen, wie ein Sinfonieorchester auf höchstem Niveau arbeitet. Es begann mit den Zweit- und Drittklässlern dreier Freiburger Grundschulen, die in einem Patch-Workshop unter der Leitung von Isabel Stegner Saiteninstrumente aus Joghurtbechern, Dosen und Baumarkt-Materialien selbst hergestellt hatten. Klanglich und dynamisch mit den „richtigen“ Orchesterinstrumenten nicht ganz vergleichbar, waren diese doch bestens geeignet für eine kleine Einführung – mit einer Anspielung auf das WM-Finale am späteren Abend.

In Johann Sebastian Bachs Konzert in d-Moll für zwei Violinen und Streicher saßen auffällig junge Musiker zwischen denen des SWR-Orchesters. Musiker des SO und Lehrer der Freiburger Musikschule hatten in der ganzen Region nach geeigneten Schüler gesucht. Zwei von ihnen, Rebekka Busch und Annabel Christ, spielten gar die Solostimmen, im ersten und dritten Satz, überschrieben Vivace und Allegro, mit jeweils einem Solisten des SO, im zweiten, langsamen zusammen. Allegro heißt heiter, und die jungen Violinistinnen wirkten agil, aber keineswegs gestresst. François-Xavier Roth, kein Dirigent, der Attitüden wie Mähnenschütteln und zitternde Hände nötig hat, tänzelte auf seinem Pult, sehr wohl wissend, dass er sich auf seine Musiker – auch die jungen! – verlassen kann. Und so floss das Violinkonzert mit wunderbarer Leichtigkeit dahin, ohne dass sich zwischen Profis und Schülern eine Lücke auftat.

Was dann folgte, war ein pädagogisch zusammengestelltes Programm, mit dem die Orchester-Profis zeigten, dass die Welt mit Bach noch nicht aufhört. Ludwig van Beethovens späte, ausschnittweise vorgetragene Große Fuge B-Dur Opus 133 war seinerzeit Zeitgenossen „unverständlich, wie Chinesisch“, wie ein Rezensent nach der Uraufführung schrieb. Béla Bartóks Divertimento für Streichorchester Sz 113, von dem der dritte Satz „Allegro assai“ zu Gehör kam, geht natürlich noch weiter. Aber wie Roth dem Publikum mitgab, soll das 1939, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs auf dem Weg ins Exil in kurzer Zeit niedergeschriebene Werk, wie der Titel besagt, auch unterhalten.

Der walisische Komponist Gareth Glyn, der bereits am Bach-Konzert Hand angelegt hatte, ist auf Werke für Multi-Ability Orchester spezialisiert. Der Titel seines siebensätzigen Werks „EGAD!“, konzipiert für Musikschüler in acht Stufen und professionelle Orchestermusiker, bezieht sich auf die leeren Saiten der Violine, die das Thema bestimmen – und auf Stufe eins genügt es, diese zum Klingen zu bringen. In der Kombination zwischen leichten und schwierigen Sätzen und Stimmen kommt Langeweile nicht auf, zumal die sieben kurzen Sätze nach dem Prinzip einer Tanzsuite rhythmisch und wechselvoll gestaltet sind, Modulationen quer durch die Tonarten wie im fünften Satz „Moto Perpetuo“ eingeschlossen. Mit 107 Schülern und rund 40 Streichern des SO war die Bühne gut bevölkert. Es kulminierte im Hoedown, eigentlich eher ein Ragtime, der mit einem solchen federnden Schwung vorgetragen wurde, dass Roth den Satz als Zugabe gleich noch einmal wiederholen ließ, mit der Bitte, die Handy-Kameras einzuschalten.

Multi-Ability bedeutet, das spieltechnische Niveau dem Können der Aufführenden anzupassen. Das Konzept unterscheidet sich von anderen wie etwa Cornelius Cardews Scratch Orchestra, das mit absoluten Laien am Nullpunkt ansetzt, oder Gavin Bryars‘ Portsmouth Sinfonia, wo eine gewisse Ungelenkigkeit Teil des Programms war. Auf die Frage, was sie im Prozess der Proben am meisten beeindruckt habe, antwortete eine Schülerin: die erste Begegnung mit den Musikern des SO. Solche Eindrücke sind prägend, und es kommt dabei sehr wohl darauf an, ob es sich um ein erst- oder zweitklassiges Orchester handelt. Für François-Xavier Roth hat das Projekt umgekehrt gezeigt, „was das Orchester auf pädagogischem Gebiet leisten kann.“

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