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Manfred Trojahn. Foto: Hufner
Manfred Trojahn. Foto: Hufner
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Sein Credo bleibt die Hoffnung – Manfred Trojahn vertont Pasolini

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Es war eine lange, nicht ganz leichte Geburt, bis Manfred Trojahn seine „Le ceneri di gramsci“, Sechs Gesänge für Bariton auf Texte von Pier Paolo Pasolini, dem Wiener Publikum im hundertjährigen Konzerthaus präsentieren konnte. Bereits vor 13 Jahren hatten die Ernst von Siemens Musikstiftung und das Goethe Institut Rom die Idee geboren, ein Stück in Auftrag zu geben, das sich mit der zeitgenössischen Liturgie auseinandersetzen sollte.

Daraus ist nun, nach manchen gedanklichen und musikalischen Veränderungen, das jüngste, gut 50 Minuten dauernde, Werk für Bariton und Orchester geworden. Die Zweitaufführung in Wien besorgten Dietrich Henschel (Bariton), das Ensemble musikFabrik und Peter Rundel (Dirigent). Der Aufführung vorangestellt  war „Formentis Vorwort“ ein künstlerisch musikalischer Vortrag am Klavier von Marino Formenti. Der italienische Pianist und Dirigent führte das Publikum an Hand ausgewählter Passagen in die Gedankenwelt von Pasolini/Trojahn ein.

„Le ceneri di gramsi“ (Gramscis Asche) ist ein in Terzinen gestaltetes Langgedicht Pasolinis, das dieser 1955 als ein Zwiegespräch mit dem toten Antonio Gramsci, dem Mitbegründer der KPI und geistigem Vater des italienischen Kommunismus hält. Schauplatz ist der Cimitero acattolico, der Friedhof der Nicht-Katholiken auf dem römischen Testaccio.

Vor dem Grabstein des bedeutenden Theoretikers der italienischen Politik reflektiert Pasolini seine und die Situation der Nachkriegszeit, die nach Faschismus, Weltkrieg und Befreiung bereits wieder viel von der optimistischen Aufbruchstimmung verloren hat.

Für die Vertonung der sechs Gedichte „Non è di maggio... Tra i due mondi... Uno straccetto rosso... Lo scandalo des contraddirmi … Non dico l'individuo... Me ne vado...“ wird die Baritonstimme von einem kleinen Kammerorchester begleitet, in dem Trompete, Tuba, Cello, Kontrabass und Schlagzeug solistisch zum Einsatz kommen.

Der „Herbstliche Mai“ spiegelt sich wieder in einer dunklen Stimmung gedämpfter Blechbläser, die eine starke, verinnerlichte Körperlichkeit widerspiegeln. Trojahn malt hier impressionistisch anmutende innere Bilder des lyrischen Ichs, das „Zwischen den Welten“ von einem im diminuendo beginnenden Cello zum verhaltenen Ton einer gedämpften Trompete hinüber führt.

Das vierte und fünfte Gedicht steigern sich zum Höhepunkt des Werks: Konsonanzen finden sich neben Dissonanzen, schließlich begleitet die Trompete synkopisch Melodien im italienischen Volksstil, ehe Trojahn eine Sequenz aus „Das Leben: ein Brausen“, das von Nino Rota komponierte Finale des Film „Achteinhalb“ von Frederico Fellini anklingen lässt.

Großartige Bewunderung verdient die Leistung von Dietrich Henschel, der während der gesamten 50 Minuten stets präzise und stimmgenau die musikalischen Ideen des Komponisten umzusetzen vermag. Das solistisch glänzend agierende Ensemble musikFabrik führt Peter Rundel mit sicherer Hand durch die musikalisch dramatische Welt der „Le ceneri di gramsci“, die nicht nur ein großes Bekenntnis Gedicht Pasolinis, sondern auch das musikalische Credo Manfred Trojahns geworden sind: zwischen Pathetik und Ironie heißt uns das Leben hoffen. Lang anhaltender Applaus.

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