Finnische CDs sind nicht ganz einfach aufzutreiben. Interessante Dinge gibt es beim Handelsimporteur für Deutschland: Fenn Music Service; Schwierigeres bekommt man per Mail Order (Digelius Music, Laivurinrinne 2, FIN-00120 Helsinki, pap [at] digelius.com (pap[at]digelius[dot]com)). Das Finnish Music Information Centre (Lauttasaarentie 1, FIN-00200 Helsinki, info [at] mic.teosto.fi (info[at]mic[dot]teosto[dot]fi)) gibt mit „Arctic Paradise“ einen Prospekt über die relevanten Musiker und Gruppen der Folk- und Weltmusikszene heraus mit Diskografie und Adressen.
Schmelztiegel? Zum einen liegt es an der Mischung: Finnen, Schweden (die hier unberücksichtigt bleiben), Sámi, Zigeuner und einige finno-ugrische Einflüsse aus dem Ausland sind die Zutaten. Und dann gibt es mit dem „Sibelius-Akatemian Kansanmusiikin Osasto“ eine Institution, die Akzente setzt. Finnische CDs sind nicht ganz einfach aufzutreiben. Interessante Dinge gibt es beim Handelsimporteur für Deutschland: Fenn Music Service; Schwierigeres bekommt man per Mail Order (Digelius Music, Laivurinrinne 2, FIN-00120 Helsinki, pap [at] digelius.com (pap[at]digelius[dot]com)). Das Finnish Music Information Centre (Lauttasaarentie 1, FIN-00200 Helsinki, info [at] mic.teosto.fi (info[at]mic[dot]teosto[dot]fi)) gibt mit „Arctic Paradise“ einen Prospekt über die relevanten Musiker und Gruppen der Folk- und Weltmusikszene heraus mit Diskografie und Adressen. Eine strikte Trennung zwischen rein traditioneller finnischer Musik und etwa urbaner Folklore oder gar Weltmusik ist schwer zu vollziehen. Drei Beispiele: Die gern getanzte Polka (auf Finnisch Polkka) kam um 1830 in Böhmen auf und breitete sich in Europa aus, auch die Hispanos in Texas mit ihrer Tex-Mex-Musik tanzen Polka. Die Polska ist eine Polonaise, im Polen des 16. Jahrhunderts beheimatet – und die Lampaan Polska, die Lamm-Polonaise stammt aus Portugal: „La Folia“ heißt die Vorlage. Die Geige ist weit verbreitet, sie kam mit anderen westeuropäischen Einflüssen im 18. Jahrhundert nach Finnland.Als typisch finnisch gilt spätestens seit Ende des 19. Jahrhunderts das Zupfinstrument Kantele, eine geschwungene Zither mit ursprünglich nur fünf Saiten. Von der Kantele gibt es Konzertversionen mit bis zu 32 Saiten, diatonisch gestimmt und mit chromatischen Mechanismen ähnlich wie bei der Konzertharfe versehen. Kostprobe: das Kantele-Duo Sinikka Järvinen & Matti Kontio (z.B. Finnish Folk & Favourites, Ondine OCTO 405-2) mit einer Mischung aus Tradition und Neuem. Der Nestor des Kantele-Spiels, der finnischen Szene überhaupt ist Martti Pokela, aktiv seit den 50er-Jahren und auf vielen Scheiben zu hören; zu ihm später.
Auch das Kalevala-Epos gilt als typisch finnisch; es stammt von Elias Lönnrot und erhielt 1849 die heutige Fassung. Dieser Arzt indes hat kaum mehr als ein Prozent der 50 Gesänge mit 22795 Versen geschrieben, die Masse besteht aus Liedern und Sprüchen des heidnischen oder christlichen Mittelalters, die von ihm zusammengesetzt wurden und überwiegend aus Karelien stammen. Die eigentliche Bedeutung des Kalevala besteht darin, dass es quasi über Nacht das Bewusstsein einer finnischen Nation unter schwedischem Joch brachte. Und es verband ostfinnisch-karelisches Wortgut mit westfinnischem, erweiterte so die junge finnische Schriftsprache und gewann dadurch eine Bedeutung, wie sie die Lutherbibel für das Deutsche hatte. Eine Reihe dieser Kalevala-Gesänge, seit Jahrhunderten mündlich überliefert und damit erheblich älter als die Bezeichnung, findet sich auf „The Kalevala Heritage. Archive recordings of Ancient Finnish Songs“ (On-dine ODE 849-2), a cappella, häufig leicht monoton und nur für Hartnäckige oder Finnisch-Freunde von Reiz, die ältesten Aufnahmen von 1905.
Überwiegend aus den 50er-Jahren stammt eine gute Sammlung, die hier erhältlich ist: auf „Finlande – Musique traditionelle“ (Ocora/inak C 600004) hört man urtümliche Musik; den Schluss bilden fünf Stücke mit dem Quintett Tallari, das 1986 im Umfeld des jährlichen Kaustinen-Festivals entstand und seither acht empfehlenswerte CDs vorlegte (auf dem Label des Kaustinen Folk Music Institute).
Vom allgemeinen Folk-Revival blieb auch Finnland nicht unberührt. Anfang der 70er gründete als erster exotischer Vogel der Bläser und Pianist Sakari Kukko eine Band, die mit internationaler Besetzung traditionelle Musik unterschiedlichster Herkunft meist im Jazz-Rock-Gewand spielte. Piirpauke wurde auch hierzulande bekannt, machte viele Scheiben und gönnte sich 1995 eine Doppel-CD (metamorphosis. Live 1977-1995. DoCD Rockadillo ZENCCD 2045).
Ende der 70er-Jahre berief die Sibelius-Akademie Helsinki den bereits erwähnten Martti Pokela, der sich um alte traditionelle Techniken kümmern sollte und einen solchen Zulauf erhielt, dass 1983 eine eigene Folklore-Abteilung der Akademie eröffnet wurde. Dort gibt es gut 60 Studenten und fast ebenso viele Lehrkräfte, die meisten nicht hauptamtlich, weil sie selbst aktiv musizieren. Sämtliche CDs aus diesem Umfeld sind uneingeschränkt zu empfehlen, manche davon sind recht ungewöhnlich, hat man sich doch auch das Ziel gesetzt, sich mit der Folklore der Zukunft zu beschäftigen. Dies kann man sehr gut auf einer CD hören, auf der Lehrkräfte und Studenten musizieren, ein bunter kreativer Strauß (kuulas hekti. Sibelius-Akatemian kansanmusiikin osaston äänitteitä 1/Olarin OMCD 46). Einige Namen müssen genügen: Anna-Kaisa Liedes als Sängerin, die Akkordeonistin Maria Kalaniemi und der Geiger Arto Järvelä. Dieser gehört unter anderem zu JPP mit 5 Geigen, Kontrabass und Harmonium (auf Pirum Polska. Olarin Musiikki OMCD 37 eine nette Lampaan Polska) und Tallari. Maria Kalaniemi spielt auch Tango, der seit den 60er-Jahren sehr beliebt wurde. Ein JPP-Geiger spielt auch im rein akustischen Quintett Troka (neueste CD: Smash. Kansanmusiikki-instituutti KCD 63).
Eine Gruppe wurde in den letzten Jahren bekannt: Mit vier Sängerinnen und sechs Musikern ist Värttinä ein kleines Orchester, das fast wie eine Mischung aus bulgarischem Frauenchor mit Bordunmusik klingt (sieben CDs). Wer es noch exotischer möchte, hört den Akkordeonisten Veli-Matti Järvenpää, der „Fin-Mex“ spielt (bei Amigo).
Die Sprache der Sámi („Lappe“ gilt aus Schimpf) gehört zu einem alten Zweig der finnisch-ugrischen Sprachen. Bei den Sámi gibt es den Joik, den bestenfalls mit einer Trommel begleiteten Gesang, häufig pentatonisch, schamanischen Ursprungs. Angelin tytöt sind drei junge Frauen, die dem Joiken auch Mehrstimmigkeit verschaffen (Dolla. Mipu Music MIPUCD 102).
Von den finno-baltischen Esten gibt es bei uns praktisch nur klassische Musik zu hören. Es gibt noch zwei finno-ugrische Völkchen in der russischen Föderation, die Mordviner südlich von Moskau und die Tari südöstlich, beide mit einer eigenen Republik. Eine kleine Auswahl von ihnen gibt es auf Chant des peuples de Russie (Le Chant du Monde/Helikon CTM 274978). – Wenig bekannt ist die Sangesfreude der finnischen Zigeuner, die per Feldforschung zugänglich wurde (Kaale Dzambena – Finnish Gypsies Sing. Global Music Centre GMCD 9302; Luludzako drom. Finitiko romanengo. Olarin OMCD 49).