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Dan Karlström (Veit, oben), Peter Dolinšek (Hans). Foto: © Kirsten Nijhof
Dan Karlström (Veit, oben), Peter Dolinšek (Hans). Foto: © Kirsten Nijhof
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Treppauf, treppab: Spielzeitstart an der Oper Leipzig mit Lortzings „Undine“

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Die Musikalische Komödie hatte mit Leo Falls „Dollarprinzessin“ den Vortritt. Jetzt ist die Oper am Augustusplatz dran, Mitte November das Ballett. Eine neue Ära beginnt mit einer Folge von programmatischen Premieren. Tobias Wolff tritt damit sein Amt als Intendant an. Vor der Vorstellung begrüßt er sein Publikum persönlich und das applaudiert ihm freundlich zurück. 

Auf dem Programm steht Albert Lortzings selten gespielte „Undine". Seine mit Ohrwürmern gespickte Mär vom guten Zaren, der sich in Holland als Zimmermann verdingt aus dem Jahr 1837 kennt jeder. Auch „Wildschütz" (1842) und „Waffenschmied“ (1846) haben einen Platz im Repertoire. Seine 1845 in Magdeburg uraufgeführte „Undine“ mit dem selbstgedichteten Libretto nach der Erzählung von Friedrich de La Motte Foqué hat es da schon schwerer. Es ist also eine plausible Idee, den biographisch mit Leipzig und dem Haus verbundenen Albert Lortzing aufs Schild zu heben. (Man hätte natürlich auch seine Freiheitsoper „Regina“ aus dem Revolutionsjahr 1848 nehmen können.) 

Ein halbes Dutzend der Opern des zu Lebzeiten nicht allzu erfolgreichen, mit gerade mal 50 Jahren verarmt verstorbenen Schauspielers, Sängers und Komponisten sind in Leipzig uraufgeführt worden. Dazu kommt eine nach dem singulären Marathon, den sich Amtsvorgänger Ulf Schirmer als Finale seiner Intendantenjahre mit allen 13 Wagneropern auf einen Schlag gegönnt hat, sinnvollerweise eine Atempause in Sachen Wagner. 

Dem Gewandhausorchester unter Leitung von Musikdirektor Christoph Gedschold machte der Rückgriff auf Lortzing hörbar Freude. Leitmotive mit aus der Tiefe tönendem Blech, das spielerische Tändeln bei vielen Nummern, geschmeidig aufschäumende Ensembleszenen, das war Wellness für die Ohren. Irgendwo zwischen „Freischütz“ und „Fliegendem Holländer“, aber ohne deren Ambitionen. Zumindest klingt das heute so. 

Es hätte – was man dem Haus gewünscht hätte – ein zünftiger Auftakt werden können. Aber es bleibt beim Hätte. Denn die Art, wie Tilmann Köhler (Regie), Karoly Risz (Bühne) und Susanne Uhl (Kostüme) das Ganze szenisch umgesetzt haben, war kein Plädoyer für einen Außenseiter des Repertoires, sondern lieferte eher Argumente dagegen. Wie ihre Titelheldin ist schon das Ganze ein Mischwesen. Im Falle Undine eines ohne Seele (ganz schlimm); im Falle der Inszenierung letztlich ohne eine Erzählung, die Empathie weckt (auch nicht schön). Es ist Zufall, aber wenn man das Opernhaus über die Nottreppe betritt (die echte muss erneuert werden), könnte man das glatt für einen Teil der Inszenierung halten. Auf der Drehbühne steht nämlich lediglich eine fünfzehnstufige Freitreppe. Die Rückseite dieses XL-Keils ist eine Wand mit Parkett in Fischgrätenmuster, die Vorhänge an den Seiten und im Hintergrund hängen oder wedeln blau. Schließlich stammt Undine aus dem Wasserreich und geht auch dorthin zurück. Diese nüchterne, irgendwie metaphorische Ideenbühne löst sich ganz am Ende zwar doch noch in poetischer Schönheit auf. Da schweben einige ihrer Platten in der Höhe und der Rest macht Wellenbewegungen, womit man durchaus ein Unterwasserreich assoziieren kann. Aber das war es dann auch schon. 

Diese Art von Reduktion kollidiert über weite Strecken so mit der Musik und der Geschichte, die eigentlich erzählt wird, dass Empathie mit den Figuren keine Chance hat. Dass Undine und die Fürstin Bertalda vom Fürsten des Wasserreiches Kühleborn als Kinder vertauscht wurden, um in einem Experiment am lebenden (und liebenden) Wesen zu prüfen, was es mit der Seele (nur ein Wahn oder nicht, das ist hier die Frage) auf sich hat, und dass sich der schöne Ritter Hugo erst in die eine, dann in die anderen und wieder retour verliebt, und dabei wie auch der Kühleborn keine allzu gute Figur macht – gut und schön. Zu einem Test von märchenhafter Opulenz würde dieser Stoff taugen. Oder eben zu einem Exkurs in die Psyche bei der Suche nach sich selbst und dem eigenen Herkommen. Aber Köhler liefert weder das eine noch das andere. Stattdessen ein ausführliches treppauf, treppab und von links nach rechts eines – warum auch immer – im Fundus-Freizeitlook herumwuselnden (von Thomas Eitler-de-Lint gut einstudierten) Chores. 

Dass Dan Karlström als Veit den Wein im Kanister anschleppt, na gut. Dass es dann aber wieder die Bierbüchsen fürs Volk gibt – nein danke. Ehrlich gesagt, war man auch beim Umgang mit den gesprochenen Passagen schon mal weiter, als die einfach den nicht muttersprachlichen Sängern zuzumuten. 

Als Undine glänzt Olga Jalinková vor allem mit den lyrischen Höhen ihres jugendlichen Soprans. Olga Tokar als ihre arrogante Gegenspielerin Bertalda packt eine Portion Trotz in ihr Rollenprofil, während sich Matthias Stier als der zwischen den Frauen bzw. Welten hin und her geworfene schöne Ritter Hugo vor allem auf seinen Tenorschmelz verlässt. Matthias Hausmann ist als geheimnisvoller Kühleborn eine sichere Bank und trägt auch die albernste Kostümvariante noch mit Würde. Dan Karlström und Peter Dolinsek machen, wenn sie singen, aus ihren Veit- und Hans- Nummern das Beste.

So sehr das Publikum auch den Erfolg wollte und beim Szenenapplaus großzügig war, dass es am Ende für die Regie in all dem Eröffnungsjubel auch ein paar kräftige Buhs gab, war erarbeitet. 

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