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Richard Strauss: Der Rosenkavalier. Inszenierung: Jürgen Rose und Otto Schenk. Foto: Wilfried Hösl
Richard Strauss: Der Rosenkavalier. Inszenierung: Jürgen Rose und Otto Schenk. Foto: Wilfried Hösl
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Von Lust und Melancholie –Kirill Petrenko dirigiert den „Rosenkavalier“

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Die „Liebesaffäre“ geht weiter! Der Begrüßungsbeifall vor jedem Akt wie der Schlussjubel besaßen Festspielcharakter: nach seinem Antritt als neuer Generalmusikdirektor im vergangenen Herbst mit „Die Frau ohne Schatten“ übernahm Kirill Petrenko – passend zur Feier des 150.Geburtstags von „Hausgott“ Richard Strauss - nun ein zentrales „Münchner Hausstück“, den „Rosenkavalier“.

Es ist die x-te Wiedereinstudierung einer sehr präzise „historisierenden“ Inszenierung von Otto Schenk aus dem Jahr 1972, in deren „Palais Faninal“ Ausstatter Jürgen Rose die Münchner Amalienburg zitiert: erneut Szenenbeifall. Die aktuelle Serie von Aufführungen ist auch in den kleineren Rollen gut besetzt und wirkte bis in die Auftritte von Läufern, Husaren und Dienern gut geprobt. Alice Coote bringt zwar für eine Staatsopernbesetzung nicht die Hosenrollen-Erscheinung mit, gesanglich war sie gemessen an den großen Rollenvorgängerinnen ein guter Oktavian. Ihr Mezzosopran mischte sich klangschön mit dem schlanken Sophie-Sopran von Mojca Erdmann, die das „schwach Ding“, das reiche Gänschen perfekt verkörperte. Der Engländer Peter Rose gehört zu den derzeit führenden Interpreten des bräsig eitlen, sturköpfigen Landadeligen Ochs von Lerchenau und beherrscht den idiomatischen „Wiener Schmäh“ amüsant. Die Finnin Soile Isokoski besitzt nicht die Ausstrahlung einer „Grande Dame des Kaiserreichs“, sie hat sich aber zur „reifen“ Marschallin gewandelt – und da begann der Zauber des Abends.

GMD Kirill Petrenko entfachte im Liebesnacht-Vorspiel nicht das unvergessliche „Carlos-Kleiber-Feuer“, sondern machte zunehmend und dann ab dem anrührenden „Zeit-Monolog“ der Marschallin durchgängig hörbar, dass all die Liebeslust des Rokoko aus der Ahnung von kurzer Lebensfrist und nahender Vergänglichkeit erwächst – Melancholie durchzog die Strausssche Raffinesse. Immer wieder nahm Petrenko ein hartes Forte in schmerzlich wirkendes Piano zurück. Zum fulminanten Auftritt des Rosenkavaliers am Beginn des 2.Akts entfachte das glänzend aufspielende Staatsorchester unter Petrenko ein Klangfeuerwerk, das dann im ersten Duett von Sophie und Oktavian ohne Substanzverlust in intim beseeltes Schwelgen zusammenschmolz. Die Piano-Seelenwirren des „Mit ihren Augen voll Tränen“ wurden Klang und dann bildete das mit pointierter Delikatesse servierte Rendezvous-Briefchen den hörbaren Kontrast einer Intrige. Die „Gespenster“- Vorbereitungen im Vorstadt-Beisl waren von vibrierender Unruhe erfüllt.

Aus dem Abgang des beleidigten Ochs machte Petrenko ein Furioso: nach etlichem orchestralem Lospoltern folgten der ohnehin deftige Walzer, dann eine Verlangsamung – und dann toste ein so fabelhaft derbes „Hummpahpah“-Tutti, dass es eine Freude war. Nicht genug: hatten schon durchgängig Petrenkos „Subito-Piano“-Wirkungen die Sänger nie zu vokalem Auftrumpfen gezwungen, so führte er im Terzett wie im finalen Liebesduett Orchester und Sänger zu dem, was Oper sein kann: Musik als Seelensprache. Enthusiasmierter Jubel – die Liebesaffäre zwischen Staatsorchester und Petrenko geht nicht nur weiter, sie weitet sich, nicht zur berüchtigten „Menage à trois“, sondern mit dem ganzen Publikum zur „Menage à tous“…

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