Josef Kloppenburg: Pädagogische Musik als ästhetisches Konzept. Neue Musik und musikalische Praxis in der Schule
(Forum Musikpädagogik Bd. 52), Augsburg, Wißner 2002, 284 S., € 25,00,
ISBN 3-89639-320-0
Der im „Forum Musikpädagogik“ erschienene Band kann als ein „Muss” jedem musikerzieherisch Tätigen empfohlen werden. Kloppenburg vermittelt gleichermaßen einen historisch-sachlichen sowie einen außerordentlich informativen Abriss zu reformpädagogischen Entwicklungen in Deutschland für das Fachgebiet „Musik in der Schule“. Vor dem explosiven gesellschaftspolitischen Hintergrund des ausgehenden deutschen Kaiserreiches und der jungen Weimarer Republik entwirft der Autor profund und instruktiv eine feinsinnige Skizze, die den Weg zur Kestenbergreform verständlich macht. Kloppenburg stellt den hohen theoretischen Anspruch dieser Reform heraus, die letztlich an der Realität des Schulalltages und der politischen Verhältnisse scheiterte. Anschaulich und in Bann ziehend gewichtet er zugleich das Spannungsfeld zwischen Jugendmusikbewegung und Avantgarde der 20er und baut die Brücke bis in die jüngste Gegenwart, indem er Schulmusikkonzepte von Eisler, Weill oder Hindemith bis hin zu Cage und Schnebel erörtert.
Zusammenfassend kommt Kloppenburg zu dem Schluss, dass es ein zentrales Anliegen im Musikunterricht sein muss, unter Einbeziehung der „musikalischen Zeitgenossenschaft“ und praktischem Tätigsein ästhetische Erfahrungen zu prägen. Dabei beruft er sich auf Hans Heinz Stuckenschmidts bereits in den 1930er-Jahren formulierte Forderung: „eine Generation durch aktives Musizieren zum Musikverständnis heranzubilden und so ein Publikum zu schaffen, dessen Bedürfnisse dem siechen Musikleben vielleicht einst auf die Beine helfen werden.“
Kloppenburgs Konzeption basiert darauf, über das Leichte zum Verständnis für das Schwere zu gelangen, im Rahmen von Schulmusikerziehung über leichte, neue Spielmusik instrumentale und vokale Fertigkeiten auszubauen, soziale Kompetenz im Ensemblespiel zu vermitteln und mittelbar ästhetischen Zugang zu zeitgenössischer artifizieller Musik zu verschaffen. Er plädiert dafür, an die Errungenschaften Neuer Musik anzuknüpfen.
Aufgrund der detaillierten und straffen Darstellungsweise kann die vorliegende Arbeit schon als Kompendium für Entwicklungstendenzen der Schulmusik und Musikästhetik im 20. Jahrhundert angesehen werden. Trotzdem bleibt für den Leser neben der Fülle interessanter Zusammenhänge genug Freiraum für eigene konzeptionelle Überlegungen.