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Klaus Schneider: Lexikon Programmusik, Band 2: Figuren und Personen; Bärenreiter-Verlag, Kassel 2000
Klaus Schneider: Lexikon Programmusik, Band 2: Figuren und Personen; Bärenreiter-Verlag, Kassel 2000Nach dem ersten Band, der nach programmatischen Sachbereichen geordnet war, ist nun der zweite Band von Klaus Schneiders Programmusik-Lexikon erschienen, der Instrumentalmusik erfasst, die sich um Figuren und Personen dreht. Hier kann also der Interessierte beziehungsweise Informationsbedürftige (z.B. Programmgestalter) nachschlagen, welche Musik Schneider ausfindig machen konnte, die sich auf eine tatsächliche oder fiktive Person aus Geschichte und Mythos bezieht. Dabei reiht Schneider Musik über eine Person oder ein Werk von ihr ebenso unterschiedslos aneinander wie Belegtes und Spekulatives, so beispielsweise unter dem Stichwort „Jeanne d’Arc“ die Schauspielmusik von Gounod, die Ouvertüre zur Oper „Giovanna d’Arco“ von Verdi (nicht aber die Oper selbst; wo bleiben dann aber, bei Hofmannsthal, die Walzerfolgen und Suite aus Strauss’ „Rosenkavalier“?), aber auch Beethovens „Hammerklavier-Sonate“, da Arnold Schering sie einst als musikalische Umsetzung von Schillers Schauspiel gedeutet hatte. Hingegen finden wir natürlich nicht Arthur Honeggers Oratorium, denn Textvertonungen sind hier nicht ausschlaggebend. Dass ein solch ambitioniertes Unternehmen keineswegs fehlerfrei zu leisten ist, versteht sich von selbst. So heißt die erste Symphonie des Mexikaners Carlos Chávez eben nicht „Sinfonia de Antigone“, sondern „Sinfonia de Antigona“ – ein Werk, das laut Chávez „eine Symphonie ist, kein symphonisches Gedicht, was heißt, dass die Musik keinem Programm untergeordnet ist. Es kommen lediglich die grundlegendsten Materialien (aus Chávez’ Schauspielmusik zu Cocteaus Drama, welche eigentlich in diesen Band gehört hätte) in der Partitur zum Einsatz.“ Derlei halbwegs Korrektes findet sich natürlich häufiger. Gravierende Fehler habe ich bei Stichproben nicht entdeckt, dafür umso mehr Fehlendes. Mancher Mangel gibt natürlich Aufschluss über die Arbeitsmethoden des Autors. So dürften ihm in vielen Fällen Verlagskataloge bei der Suche ausgereicht haben, wo Werkverzeichnisse Vollständigkeit garantiert hätten, etwa bei Felix Draeseke, von dem die bei Kistner verlegten Tondichtungen „Penthesilea“ und „Das Leben ein Traum“ genannt sind, nicht jedoch die ungedruckt gebliebene „Der Traum ein Leben“ nach Grillparzer (aus gleichem Grund fehlte schon im ersten Band das symphonische Tongemälde „Thuner See“). Ungleich ärgerlicher ist es, wenn bei García Lorca die zahlreichen hiervon inspirierten, wichtigen Werke von Simon Holt (und auch George Crumb) fehlen, und Adolf Wölfli mit seinem Hauptvertoner Per Nørgård nicht zu finden ist, oder das große Carl von Linné-Tonpoem für Vocalise-Chor und Orchester „Canto del vagabondo“ von Anders Eliasson keinen Eingang fand. Natürlich kann man mit so einer Sammelarbeit niemals jedermanns Ansprüche befriedigen, aber ein breiteres Berater-Netzwerk wäre ausgeglichenerem Gelingen förderlich gewesen. Trotzdem: für den, der es zu nutzen weiß, ein brauchbares Werk.