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Duke Ellington zum 120. Geburtstag

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Jazzneuheiten, vorgestellt von Marcus Woelfle
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Am 29. April jährt sich der Geburtstag Duke Ellingtons zum 120. Mal – kein besonders rundes Jubiläum zwar, doch eines, das sich im Vorfeld durch eine Reihe von Veröffentlichungen der letzten Monate ankündigte (auch wenn der Hinweis auf den Gedenktag vermutlich nicht einmal in der Intention der Plattenfirmen lag).

Die 25. und letzte Doppel-CD der Reihe The Treasury Shows liegt nun vor. Dabei handelt es sich um ein gewaltiges Monument der wie durch ein Wunder erhalten gebliebenen Mitschnitte einer regelmäßigen Rundfunkshow. Initiiert wurde sie 1945, um für Kriegsanleihen zu werben. Ellington gaben diese Sendungen die Möglichkeit, neue Stücke auszuprobieren, ältere Stücke in neuen Arrangements vorzustellen und auch mal aktuelle „Schlager“ durch ein herzogliches Gewand aufzubürsten – kurz, man erlebt das bedeutendste Orchester der Jazzgeschichte gelegentlich mit Material, das so sonst nicht auf Platten kam. Und auch in ungewöhnlichen Situationen: etwa wenn Ellington in einer der ersten Shows plötzlich ein „Trauerprogramm“ ansetzt, als gemeldet wird, dass Präsident Roosevelt verstorben ist. Interessanter als die letzte Treasury Show von 1953, welche die Serie zum Abschluss bringt, ist das „Füll-Material“: eine Serie von Live-Mitschnitten aus dem New Yorker „Hurricane Restaurant“ die zwischen Mitte 1943 und Mitte 1944 entstanden, handelt es sich doch um eine Zeit, in der wegen eines Aufnahmestreiks keine Platten entstanden. Es sind die Monate, in denen Ben Websters Nachfolger Skippy Williams der Tenorist war. Man hört ihn auf keiner offiziellen Ellingtonplatte und daher wurde er nur Insidern bekannt. Hier finden sich völlig unbekannte Stücke aus der Feder von Ellington (wie der witzige „Jumpin‘ Frog Jump“) oder von anderen („Design For Jivin‘“, komponiert vom britischen Jazzkritiker Leonard Feather). (D.E.T.S.)

Drei Columbia-Alben der Jahre 1950 bis 1952 – Ellington Uptown, The Liberian Suite und Masterpieces by Ellington und dazu ergänzendes Material – was für eine sinnvolle Kopplung! Als sich zu Beginn der 1950er-Jahre die LP durchsetzte, erkannte man, dass Duke Ellington der Jazzmusiker war, der am meisten von der verlängerten Spielzeit profitieren konnte. „Masterpieces“, ursprünglich auf dem Klassiklabel Columbia Masterworks herausgebracht, stellte Hits wie „Mood Indigo“ oder „Sophisticated Lady“, die sich bislang mit den drei Minuten einer Schellackseite begnügen mussten, in bis zu 15-minütigen Konzertversionen vor. Einen Schritt weiter gingen die beiden anderen Alben mit der Veröffentlichung großangelegter, mehrsätziger Werke – ein Genre, das der Duke, der seine Jazztondichtungen prinzipiell Suiten nannte, überhaupt erst in den Jazz eingeführt hatte.

Auf „Uptown“ wurde zunächst „The Harlem Suite“ veröffentlicht. Auf einer späteren Version des Albums wurde sie aber durch „The Controversial Suite“ ersetzt. Die „Harlem Suite“ bekam ein eigenes Album, auf dem wiederum „The Liberian Suite“ Eingang fand, die aber auch schon ihr eigenes Album hatte. Ellington hatte die Liberian Suite zur Feier des 100-jährigen Bestehens des Staates Liberia komponiert, der einst von freigelassenen Sklaven gegründet worden war. (Teile einer älteren Live-Version der „Liberian Suite“ bilden das Bonus-Material.) Gut, dass bei dieser verwirrenden Veröffentlichungssituation nun alles auf einem Doppelsilberling bei einander ist! Die Alben strafen die Mär Lügen, die frühen 50er-Jahre seien für Ellington eine Zeit des Niedergangs gewesen. Es stimmt, dass er in Zeiten des allgemeinen Bigbandsterbens sein Orchester mit Mühe am Leben hielt und einige seiner Haupt-Solisten verlor. In jener Zeit zogen viele neue Strömungen – Bebop, Cool Jazz, R‘n‘B, Revival – Publikum ab. Seine Kreativität war allerdings ungebrochen, und wie immer ließ er sich von den Möglichkeiten seiner neuen Solisten inspirieren: Louie Bellson brachte bei Ellington so noch nie vernommenes Power Drumming ein, Clark Terry seine witzige Trompeten-Phrasierung und Paul Gonsalves seine Marathon-Tenorspielweise. So sind diese Alben eher Dokumente erfrischenden Neubeginns, die in ausgezeichneter Aufnahmequalität das gewandelte Orchester des Klangmagiers vorstellten. (Poll Winners Records)

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