Noch vor ein paar Jahren zählte er zu den unbekannten Meistern des ausgehenden 18. Jahrhunderts; selbst unter den »Kennern« war er allenfalls dem Namen nach bekannt. Inzwischen aber wurde die Musik von Joseph Wölfl (1773–1812) für die CD entdeckt – und die Begegnung lohnt!
Kaum besser hätte seine Laufbahn starten können: in Salzburg geboren, erhielt Wölfl Unterricht bei Leopold Mozart und Michael Haydn. Dass er dann aber nach seinem viel zu frühen Tod (den die Zeitgenossen kaum glauben wollten) in nahezu vollständige Vergessenheit geriet, hat mehrere Gründe: Als gefeierter Pianist (und erst in zweiter Linie als Komponist) blieb er nur für vergleichsweise kurze Zeit in Wien. Schon früh wurde er nach Warschau engagiert. Nur für wenige Jahre (ab 1795) kehrte er in die Donaumetropole zurück, um von dort aus eine große Europatournee zu starten. 1801 kam Wölfl nach Paris und blieb dort bis 1805. Unter mysteriösen Umständen flüchtete er übereilt nach London, wo sich dann seine Spur zusehends verliert.
Wie meisterhaft seine kompositorischen Fertigkeiten waren, belegen seine Partituren immer wieder aufs neue. Und nach Sinfonien, Sonaten und einigen Klaviertrios kann man nun Bekanntschaft machen mit seinem Opus 30 – drei Streichquartetten aus dem Jahre 1805, originell in der Erfindung und satztechnich rundweg meisterlich ausgearbeitet.
Die vier Solisten aus dem russischen Orchester Pratum Integrum haben sich der Werke mit Herzblut angenommen. Ihre Interpretation (auf Originalinstrumenten) ist stilistisch ausgewogen und in jedem Moment mit Inspiration erfüllt, ihr Spiel technisch auf höchstem Stand, der Klang angenehm direkt und einnehmend frisch. So machen Entdeckungsreisen Lust auf mehr!