Es ist schon gewagt, zwei französische Komponisten, die im Abstand von über fünfhundert Jahren lebten, innerhalb eines Konzert- und CD-Programmes zusammenzuführen – vor allem, wenn die Interpreten dann noch auf nichtwestlichen Instrumenten musizieren. Der 1377 verstorbene Machaut war einer der ersten Komponisten, die sich selbstbewusst zu ihrer künstlerischen Individualität bekannten und auch klare Unterschiede zwischen weltlichen und profanen, ein- und mehrstimmigen Gesängen machten, während der individualistische Exzentriker Satie sich eindeutig nach rückwärts wandte und aus Abscheu über die Wagner-Verehrung seiner Zeit dem ausdrucksarmen, fast noch einstimmigen, kaum individualisierten Komponierideal des Mittelalters frönte (und nur einer Kirche angehören wollte, die er selber gegründet hatte). Angesichts solcher Außenseiter ist das Vorhaben schon weniger abwegig. Außerdem machte sich Thomas Binkleys legendäres „Studio der frühen Musik“ vor bereits dreißig Jahren für die These stark, dass die Musik des europäischen Mittelalters ohne die Einflüsse des Orients, die von türkischer und maurischer Seite auf unsere Kultur einwirkten, nicht denkbar gewesen wäre; sowohl bezogen auf einzelne Instrumente wie Oud/Laute als auch auf die noch in den alten Kirchentonarten fortlebenden Modi. Vladimir Ivanoff, der musikalische Leiter der international zusammengesetzten Gruppe Sarband, hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, solche gemeinsamen Wurzeln auszugraben; der Projektname „L’Orient Imaginaire“ könnte jedoch ebensogut „Le Moyen Age Imaginaire“ heißen.
Die Zeugnisse über die Musikpraxis vor zirka 1500 sind einfach zu fragmentarisch, als dass wir mit letzter Sicherheit ermitteln könnten, wie selbst die überlieferten Musikstücke wirklich ausgeführt wurden – ganz zu schweigen von denen, die vor Ort improvisiert wurden. Solche musikalischen Fiktionen stehen und fallen demgemäss mit der Überzeugungskraft der jeweiligen Ausführenden – und in dieser Hinsicht lassen es gerade Sarband an nichts fehlen. Nicht nur haben sie für eine kurzweilige Mischung zwischen zwei Dritteln Satie und einem Drittel Machaut, Vokal- und Instrumentalstücken, Soli und Chören gesorgt, alle Beteiligten waren auch um die Klangschönheit, innere Ruhe und musikalische Perfektion ihrer Beiträge besorgt. Ohne Zweifel eine der großen CDs des Jahres.
Es ist schon gewagt, zwei französische Komponisten, die im Abstand von über fünfhundert Jahren lebten, innerhalb eines Konzert- und CD-Programmes zusammenzuführen – vor allem, wenn die Interpreten dann noch auf nichtwestlichen Instrumenten musizieren. Der 1377 verstorbene Machaut war einer der ersten Komponisten, die sich selbstbewusst zu ihrer künstlerischen Individualität bekannten und auch klare Unterschiede zwischen weltlichen und profanen, ein- und mehrstimmigen Gesängen machten, während der individualistische Exzentriker Satie sich eindeutig nach rückwärts wandte und aus Abscheu über die Wagner-Verehrung seiner Zeit dem ausdrucksarmen, fast noch einstimmigen, kaum individualisierten Komponierideal des Mittelalters frönte (und nur einer Kirche angehören wollte, die er selber gegründet hatte). Angesichts solcher Außenseiter ist das Vorhaben schon weniger abwegig. Außerdem machte sich Thomas Binkleys legendäres „Studio der frühen Musik“ vor bereits dreißig Jahren für die These stark, dass die Musik des europäischen Mittelalters ohne die Einflüsse des Orients, die von türkischer und maurischer Seite auf unsere Kultur einwirkten, nicht denkbar gewesen wäre; sowohl bezogen auf einzelne Instrumente wie Oud/Laute als auch auf die noch in den alten Kirchentonarten fortlebenden Modi. Vladimir Ivanoff, der musikalische Leiter der international zusammengesetzten Gruppe Sarband, hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, solche gemeinsamen Wurzeln auszugraben; der Projektname „L’Orient Imaginaire“ könnte jedoch ebensogut „Le Moyen Age Imaginaire“ heißen.Die Zeugnisse über die Musikpraxis vor zirka 1500 sind einfach zu fragmentarisch, als dass wir mit letzter Sicherheit ermitteln könnten, wie selbst die überlieferten Musikstücke wirklich ausgeführt wurden – ganz zu schweigen von denen, die vor Ort improvisiert wurden. Solche musikalischen Fiktionen stehen und fallen demgemäss mit der Überzeugungskraft der jeweiligen Ausführenden – und in dieser Hinsicht lassen es gerade Sarband an nichts fehlen. Nicht nur haben sie für eine kurzweilige Mischung zwischen zwei Dritteln Satie und einem Drittel Machaut, Vokal- und Instrumentalstücken, Soli und Chören gesorgt, alle Beteiligten waren auch um die Klangschönheit, innere Ruhe und musikalische Perfektion ihrer Beiträge besorgt. Ohne Zweifel eine der großen CDs des Jahres.
Mátyás Kiss
Danse gothique – Musik von Erik Satie (Gymnopédies, Gnossiennes, Chansons Médiévales, Sonneries de la Rose et Croix, Uspud, Prince de Byzance, Danse gothique) und Guillaume de Machaut (Motetten, Balladen, Virelais). Sarband, Edition l’Orient Imaginaire, Vladimir Ivanoff.
JARO 4229-2