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Tschechische Philharmonie: Zdenek Macal neuer Chef +++ Autor und Kabarettist Hansgeorg Stengel gestorben


Tschechische Philharmonie: Zdenek Macal neuer Chef
orf - Der tschechische Musiker Zdenek Macal übernimmt an diesem Freitag das Amt des Chefdirigenten der Philharmonie in Prag. Der 67-Jährige hatte 1968 die Tschechoslowakei verlassen und war danach unter anderem in Köln tätig, bis er sich 1982 in den USA niederließ.
Nach der politischen Wende kehrte er nach Prag zurück. Er wolle künftig tschechischem Repertoire den Vorzug geben, sagte der in Brünn Geborene am Donnerstag der Prager Nachrichtenagentur CTK.
Mit Macal besitzt die Philharmonie erstmals wieder einen einheimischen Chefdirigenten. Zuletzt hatten Vladimir Ashkenazy und davor Gerd Albrecht den renommierten Klangkörper geleitet.

Autor und Kabarettist Hansgeorg Stengel gestorben
Berlin (ddp-bln). Er war ein Meister der Wortspiele und sprachlichen Spitzfindigkeiten. Bis ins hohe Alter ging er gegen Sprachschludrigkeiten vor und scheute sich nie, sein Gegenüber zu korrigieren. In den 90er Jahren wurde Hansgeorg Stengel zum Mahner und Kritiker in Sachen Rechtschreibreform. Er finde keinen rechten Gefallen an ihr, nicht nur, weil sie aus dem «Stengel» einen «Stängel» mache, sagte er. Am Mittwoch ist der Journalist, Schriftsteller und Kabarettist gestorben. Der gebürtige Thüringer und Wahlberliner konnte seinen 81. Geburtstag am selben Tag nicht mehr feiern.
Stengels Markenzeichen waren seine markante Nase und seine geschliffene Zunge. Noch zu seinem 80. Geburtstag 2002 wurde er «mit einem literarischen Nomaden» verglichen. Regelmäßig trat er vor allem in Ostdeutschland bei Lesungen und Veranstaltungen auf. «Für mich ist das Schreiben eine Droge», sagte er damals. Die Eulenspiegel Verlagsgruppe, wo seine Bücher erschienen, nennt den Besessenen «eine Instanz für Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung».
50 Bücher hat Stengel geschrieben - darunter «Stenglisch for you», «Der rettende Stengel», «Die feine stenglische Art» oder der «Unschuldsstengel». Das 50. Buch veröffentlichte der Eulenspiegel Verlag 2002. «Dicht an dicht» vereinigt alle Stengelschen Gedichte.
Der Titel «AnnasusannA» aus dem Jahr 1984 enthält Palindrome - Wörter oder Sätze, die von hinten und von vorn gelesen stets ihren Sinn behalten. Stengel hat außerdem Schallplatten produziert. Kreuzworträtsel mit Hintersinn waren eine Spezialität des Wortgewandten. Über Jahre sind sie in der Satirezeitschrift «Eulenspiegel» erschienen, wo Stengel vom Start des Blattes 1954 bis 1959 als Redakteur arbeitete.
Sein Werk «So ein Struwwelpeter» bezeichnete Stengel selbst als sein Lieblingsbuch. Die Nachdichtung des «Struwwelpeter» mit den Zeichnungen des verstorbenen Karl Schrader hat sich nach seinem Erscheinen in der DDR 1970 zum Selbstläufer entwickelt. Seit der ersten Auflage wurde das Kinderbuch in mehr als 800 000 Exemplaren verkauft.
Stengel nahm auch den sozialistischen Staat regelmäßig auf die Schippe, schrieb von «Küsschen in Ehren bei Parteisekretären» und spöttelte über die heile Welt in Kommuniqués. Sein Publikum sprach er mit Ironie als «Liebe Gemeinde» an. Das sorgte dann und wann für Missmut in der DDR. Mehrfach gab es für Stengel örtlich begrenzte Auftrittsverbote. 1987 fiel er im Dresdner Kulturpalast auf. Das renommierte Haus gab ihm «Hausverbot».
Stengel war ursprünglich Mitglied der SPD, trat aber 1946 wegen der Zwangesvereinigung mit der KPD zur SED aus. «Als parteiloser Kabarettist habe ich in der DDR mehr sagen dürfen als mancher Genosse», freute er sich noch im vergangenen Jahr in einem Interview mit der «Berliner Morgenpost». «Eulenspiegel»-Verleger Matthias Oehme würdigte Stengel am Donnerstag nicht nur als «prägenden Kopf» des «Eulenspiegels», sondern auch als «begnadeten Conférencier» und Autor, der in einer Vielzahl von Kolumnen den satirischen Blick auf Politik und Gesellschaft zum Ausdruck gebracht habe.
Ulrike Geist