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Berlin/Düsseldorf (ddp-nrw). Mit einer feierlichen Gedenkstunde in der Alten Nationalgalerie in Berlin haben am Donnerstag rund 150 Freunde und Weggefährten Abschied von dem verstorbenen Maler Jörg Immendorff genommen. Altbundeskanzler Gerhard Schröder, der mit dem Düsseldorfer Künstler und Kunstprofessor eng befreundet war und sich von diesem für das Kanzleramt porträtieren ließ, sagte, Deutschland habe «einen der ganz großen Maler der Nachkriegszeit verloren».
Immendorff, der am Donnerstag seinen 62. Geburtstag gefeiert hätte und seit fast zehn Jahren an der unheilbaren Nervenkrankheit ALS litt, war am 28. Mai an Herzstillstand gestorben.Bei der zusammen mit der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf ausgerichteten Gedenkfeier sprachen auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, Peter-Klaus Schuster, der Rektor der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, Markus Lüpertz, und der ehemalige Direktor des Centre Pompidou in Paris, Werner Spies. Unter den Gästen waren neben Immendorffs Witwe Oda Jaune und seiner Mutter Irene auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und der Präsident der Akademie der Künste, Klaus Staeck.
Schröder sagte, er habe Immendorff zuletzt im März bei der Vorstellung seines Porträts getroffen. «Wir waren beide an diesem Tag ziemlich glücklich und zufrieden.» Er habe Immendorff mehrmals zu Auslandsreisen eingeladen, bei denen er viel über Kunst und «Jörg viel über Politik gelernt hat». Schröder würdigte den Maler als «unbequemen Zeitgenossen», der Bruchstellen der deutschen Geschichte aufgezeigt habe. Dies habe er mit einer Unerbittlichkeit getan, «die aus Malerei Kunst werden lässt». Schröder betonte: «Er hat unendlich viel hinterlassen, in dem er weiterleben wird.»
Schuster erinnerte an die Ausstellung «Male Lago - unsichtbarer Beitrag - Jörg Immendorff», in welcher die Neue Nationalgalerie 2005/2006 mehr als 100 Werke des Malers gezeigt hatte. Damals hätten schon alle gewusst, dass dies «die abschließende Zusammenfassung seines Lebens» gewesen sei. Immendorff habe mit seinen Bildern «argumentieren» wollen, um «ein besseres Leben für alle» zu fordern. «Er wollte durch seine Kunst ins Politische einwirken wie kein zweiter Deutscher außer Joseph Beuys», betonte Schuster.
Neumann sagte, Immendorff sei «ein politischer, ein umstürzlerischer, ein zorniger, ein provozierender Künstler von Anfang an» gewesen. Hinter seinen frühen Provokationen sei schon das Thema zu erkennen gewesen, «das ihn später als Meister und Schöpfer des Zyklus ´Café Deutschland´ berühmt machen sollte: Die geteilte, die gespaltene Nation». Immendorff habe versucht, «die Mauer malend zu überwinden».
Der Maler, Grafiker und Bildhauer galt auch international als bedeutender Künstler. Erstmals Aufsehen erregte der Beuys-Schüler Ende der 70er Jahre mit seinen »Café Deutschland«-Bildern. Die deutsche Befindlichkeit blieb bis zum Ende der deutschen Teilung sein Hauptthema. Eine in den 90er Jahren begonnene neue Schaffensperiode markierte seine Huldigungen etwa an den Dadaisten Kurt Schwitters und die US-Schriftstellerin Gertrude Stein. 1997 bekam er für sein Werk »Accumulation 2" die höchstdotierte Kunstauszeichnung der Welt, den Marco-Preis. Zuletzt konnte Immendorff kaum noch Arme und Beine bewegen und saß im Rollstuhl.