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Elke Hesse leitet 56. Bad Hersfelder Festspiele

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Seit 1951, als die Bad Hersfelder Festspiele Premiere hatten, ist die 42-jährige Österreicherin in der Spielzeit 2006 die erste Frau, der die Intendanz übertragen wurde.


Die gebürtige Wienerin erhielt in ihrer Kindheit und Jugend Ausbildung in Ballett und Klavier, studierte später Tanzpädagogik, Theater- und Musikwissenschaften sowie Schauspiel am Konservatorium der Donau-Metropole. Danach stand sie unter anderem in Wien, Hamburg und Düsseldorf auf der Bühne und begann in den 90er Jahren mit dem österreichischen Theaterleiter Hans Gratzer zusammenzuarbeiten.
Vom Wiener Schauspielhaus wechselten beide 2002 in die Direktion des benachbarten «Theater in der Josefstadt». Nachdem Gratzer von seinem Vertrag als neuer Intendant für die Spielzeit 2006 der Bad Hersfelder Festspiele wegen Erkrankung 2004 zurücktrat, wurde Elke Hesse verpflichtet. Die zweifache Mutter wohnt seit April 2005 in Bad Hersfeld, kehrt im August wieder nach Wien zurück und wird auch in den kommenden zwei Jahren vertragsgemäß die Festspiele leiten.

«Goethes \'Faust\' hält der Fußball-WM stand» - Die neue Intendantin
der Bad Hersfelder Festspiele zu ihrer ersten Spielzeit

Bad Hersfeld (ddp). Am Samstag werden die 56. Bad Hersfelder Festspiele eröffnet. Auf dem Programm steht Goethes «Faust I» mit einer dazu komponierten Theatermusik von Konstantin Wecker. Mit der Österreicherin Elke Hesse ist die Intendanz erstmals weiblich besetzt. Mit der 42-jährigen Wienerin sprach ddp-Korrespondent Stefan Höhle im hessischen Bad Hersfeld.


ddp: Frau Hesse, wie laufen die Vorbereitungen? Haben Sie ein gutes Gefühl?

Hesse: Es wird gut werden. Die üblichen Katastrophen geschehen glücklicherweise immer gleich am Morgen, so dass wir mittags alle schon wieder zuversichtlich sind. Eigentlich läuft es sogar ungewöhnlich gut, an wirklich Schlimmes aus den Vorbereitungen kann ich mich gar nicht erinnern. Und selbst das Wetter scheint Samstag ja mitspielen zu wollen.

ddp: In diesem Jahr gibt es kein Musical, aber zum fünften Mal den «Faust» in Bad Hersfeld. Sie wurden wegen des Programms auch angegriffen. Werden Sie die Kritiker überzeugen?

Hesse: Da bin ich sicher. Dafür sprechen nicht nur die Vorverkaufszahlen, die noch etwas besser sind als im vergangenen Jahr - trotz der Fußball-WM. Stücke wie Goethes «Faust» halten dem stand, das zeigt sich jetzt. Ohne dass es ein Griff in die Mottenkiste gewesen wäre, denn wenn irgendetwas einen Klassiker auszeichnet, ist es die Aktualität.

ddp: Welchen aktuellen Bezug hat der «Faust» heute?

Hesse: Wie wär\'s mit ewiger Jugend, Anti-Aging? In Bad Hersfeld haben wir eine «Faust-Apotheke» eingerichtet, eine kleine thematische Ausstellung, die sich zum Beispiel auch mit Werbung befasst.

ddp: Ist Ihr Vorhaben also gelungen, die Region und ihre Bewohner für den «Faust»-Stoff zu begeistern?

Hesse: Es sieht so aus. Überall in der Stadt stößt man auf «Faust»-Zitate - egal, ob man einen Schaufensterbummel macht, ein Bier trinkt oder sich ein Eis holt.

ddp: Wie läuft der Band-Wettbewerb, bei dem sich Musikgruppen einen Text aus der Walpurgisnacht-Szene vornehmen sollen?

Hesse: Bis jetzt beteiligen sich über ein halbes Dutzend Bands aus dem Landkreis. Der Contest wird über mehrere Abende gehen.

ddp: Konstantin Wecker hat für den «Faust» eine Theatermusik geschrieben. Aber damit wollten Sie sicher nicht das Musical ersetzen?

Hesse: Keinesfalls. Konstantin Weckers Kompositionen begleiten das Stück zeitlich etwa auf einem Sechstel der Strecke und sollen die Aufführung unterstützen, nicht umfunktionieren. Wenn es klappt, wird aber im nächsten Jahr wieder ein Musical auf dem Programm stehen - «Les Miserables» mit der Musik von Andrew Lloyd Webber und nach der Romanvorlage von Victor Hugo. In diesem Jahr scheiterte das an den Rechten. Und «irgendein» Musical wollte ich nicht.

ddp: Für 2006 und die nächsten beiden Jahre wurde die Intendanz in Bad Hersfeld mit Ihnen erstmals weiblich besetzt. Beeinflusst Sie das bei Ihrer Arbeit?

Hesse: Nein.

ddp: Wäre Hans Gratzer, der als neuer Intendant verpflichtet war und dessen Assistentin Sie gewesen sind, nicht verstorben, hätten die Festspiele aber auch im 56. Jahr ihres Bestehens einen Mann als Intendanten gehabt...

Hesse: Das stimmt. Ich bin aber nicht sozusagen auf Wunsch Gratzers Intendantin geworden. Bad Hersfelds Bürgermeister, der mich und meine Arbeitsweise kennen gelernt hatte, wollte mich für die Position.

ddp: Wo werden Sie am Samstag um 21.00 Uhr sein, wenn die Festspiele mit dem «Faust» eröffnet werden?

Hesse: Mitten im Publikum. Ich will den Abend als Zuschauerin erleben und habe mir geschworen, vor Ende des Stücks nicht ein einziges Mal hinter die Bühne zu gehen.