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«Ich bin eher der Arbeitstyp» - Deutschlandradio-Intendant Ernst Elitz im Interview über seinen 65. Geburtstag, DAB und den Gebührenstreit
Berlin (ddp). Der Intendant des Deutschlandradios, Ernst Elitz, wird am Montag 65. Der Radio- und Fernsehjournalist schrieb zunächst für «Zeit» und «Vorwärts», wechselte später zum «Spiegel» und kam in den 70er Jahren zum ZDF, wo er Beiträge für «Kennzeichen D.», «heute», «heute-journal» und den «Länderspiegel» verfasste. 1985 wechselte er als Chefredakteur Fernsehen zum Süddeutschen Rundfunk in Stuttgart. Parallel übernahm er Lehraufträge an Hochschulen. 1994 wurde Elitz dann zum ersten Intendanten des neu gegründeten Deutschlandradios berufen.
ddp: Herr Elitz, am Montag werden Sie 65. Werden Sie ausgiebig feiern?
Elitz: Ich bin kein Geburtstags-Feiertyp, ich bin eher der Arbeitstyp.
ddp: Ihnen wird eine positive Streitkultur zugesprochen. Wann haben Sie diese Eigenschaft in Ihrer Karriere entwickelt?
Elitz: Das begann schon an der Freien Universität in Berlin. Als Student veröffentlichte ich in der Studentenzeitung als erster Vorlesungsrezensionen. Das trug durchaus zur Streitkultur an der Uni bei. Dann habe ich beim «Spiegel» während der Studentenrevolte die hochschulpolitische Berichterstattung aufgebaut. Das war Zündstoff. Und so ging es weiter.
ddp: Streiten ist für Sie wichtig?
Elitz: Man muss Argumente austauschen - hart, klar und fair, sonst kommt nichts voran.
ddp: Denken Sie nicht an Pensionierung?
Elitz: Intendanten haben in der Regel Fünf-Jahres-Verträge. Mein Vertrag endet 2009. Es ist mein Prinzip, vertragstreu zu sein.
ddp: Die jüngsten Zahlen der Media Analyse für Hörfunk bescheinigen dem Deutschlandradio Kultur nach der Programmreform ein Zuhörer-Wachstum von 20 Prozent.
Elitz: Und der Deutschlandfunk hat mit 2,3 Prozent die magische Grenze von zwei Prozent des täglichen Höreranteils überschritten. Er wird regelmäßig von über sechs Millionen Hörern genutzt. Der Deutschlandfunk ist somit das am meisten eingeschaltete Informationsprogramm in Deutschland. Die große Programmreform bei Deutschlandradio Kultur und die etwas kleinere beim Deutschlandfunk haben sich bewährt.
ddp: Hätten Sie eigentlich während der Fußball-WM gern einige Begegnungen live übertragen?
Elitz: Solche großen Sportereignisse werden für das Fernsehen inszeniert. Ich selbst habe die WM auch am Fernsehen verfolgt, nicht mit dem Ohr am Radiogerät. Das Deutschlandradio lieferte Hintergrundberichterstattung.
ddp: Verliert das Radio damit nicht an Bedeutung?
Elitz: Keineswegs. Heute wird pro Tag noch genauso lange Radio gehört wie ferngesehen. Radio ist überall präsent. Beim Autofahren können Sie nicht im Internet surfen oder fernsehen, aber Radio hören.
ddp: Sie müssen den Landtagen regelmäßig über die Pläne des nationalen Hörfunks berichten. Was wird im nächsten Bericht stehen?
Elitz: Im Herbst werden wir erneut eine klare und präzise Darstellung unserer Programmvorhaben vorlegen. Der Schwerpunkt wird wieder auf dem hohen Anteil an Eigenproduktionen liegen. Er begründet die große Akzeptanz bei den Zuhörern sowohl in der Aktuellen- als auch in der Hintergrund-Berichterstattung. Deshalb wird das auch künftig im Zentrum unserer Arbeit stehen.
ddp: Viel Geld aus der Rundfunkgebühr ist in den vergangenen Jahren in die Entwicklung des Digital-Radios DAB geflossen. Doch die Technik setzt sich nicht durch.
Elitz: Wir halten DAB immer noch für die beste Lösung. Das Radio wird in einer digitalen Welt keine analoge Insel bleiben. Allerdings bedarf es dafür einer politischen Entscheidung. Denn nur, wenn klar ist, wann die Umschaltung von UKW auf Digital-Radio erfolgt, wird die Industrie preisgünstige Endgeräte produzieren. Bis heute aber gibt es keine nationale Strategie für DAB.
ddp: Stattdessen gibt es neue technische Übertragungsmöglichkeiten, etwa über DMB.
Elitz: DMB ist lediglich eine Weiterentwicklung von DAB. Die Mittel für DAB wären dann nicht in den Sand gesetzt. Immerhin sind von allen Sendern 150 Millionen Euro in DAB investiert worden. Dazu kamen Fördermittel der Landesmedienanstalten und staatliche Subventionen für die Industrie.
ddp: Die Vereinigung der Rundfunkgebührenzahler zielt mit ihrer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht auch darauf, die Einzelgeräteabgabe durch eine Haushaltsabgabe zu ersetzen.
Elitz: Ich halte das Gebührensystem so, wie es ist, für vernünftig. Darum geht es auch bei unserer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.
ddp: Um wie viel müsste eigentlich der Anteil der Rundfunkgebühren bei der nächsten Anhebung 2008 steigen, damit Deutschlandradio sein bisheriges Programm halten kann?
Elitz: Wir hatten bei der Gebührenrunde 2005 noch gebundene Rücklagen für bauliche Veränderungen. Die werden zum Ende der Gebührenperiode aufgebraucht sein. Deshalb müssten wir statt der bisherigen 37 Cent aus der Rundfunkgebühr von 17,03 Euro pro Gerät und Monat mindestens 40 Cent und eine entsprechende Anpassung wie ARD und ZDF erhalten.