Der dänische Jazz-Saxophonist John Tchicai tot. Wie seine Ex-Frau Margriet Naber mitteilt, ist er am 8. Oktober 2012 im Alter von 76 Jahren in einem Krankenhaus im französischen Perpignan verstorben. Tchicai habe im Juni eine Gehirnblutung erlitten und seitdem im Koma gelegen.
Tchicai wurde 1936 als Sohn einer dänischen Mutter und eines kongolesischen Vaters in Kopenhagen geboren. Er wuchs in Århus auf und erlernte bereits im Jugendalter das Saxophon. 1963 zog es den jungen Saxofonisten nach New York. Als einziger europäischer Musiker war er dort an der Ausgestaltung der freien Jazzszene beteiligt. An der Seite von Archie Shepp wurde er zu einem der Gründungsväter der Formation New York Contemporary Five, bei denen die drei Bläser simultan improvisierten. Später kam Tchicai nach Europa, wo er zu einem der führenden Köpfe des Free Jazz aufsteigen sollte. Er musizierte gemeinsam mit Szenegrößen wie John Coltrane, Milford Graves oder Steve Swallow.
In den 70er Jahren konzentrierte er sich auf seine Lehrtätigkeit und trat nur gelegentlich mit Gunter Hampel, Irène Schweizer, John Stevens, dem eigenen Trio, der Dänischen Radio-Jazzorchester und in Solokonzerten auf.
1987 veröffentlichte er sein Lehrbuch Advice to Improvisers (Edition Hansen). 1991 gründete er in Kalifornien sein Septett John Tchicai and the Archetypes. 2000 erschien unter dem Titel "Tchicai and New York Art Quartet" ein Dokumentarfilm von Alan Roth. In Berlin war Tchicai beim Festival „Sounds No Walls“ 2010 gemeinsam mit dem Mitstreiter seiner Jugendjahre, Archie Shepp, zu erleben. Die JazzZeitung schreibt dazu: "Der einstige Quertreiber (Archie Shepp) ist längst ein in Würde weise gewordener Vertreter des schwarzen Jazz geworden – als ungekröntes Haupt seines Quartetts stieß er ein „Tribute To Africa“ an und schien im Verlauf seines Konzertes aus einem Jungbrunnen zu steigen, setzte zu nächtlicher Stunde geradezu sinfonische Zugaben an und erwies sich als Energiebündel mit dem Anspruch von hohem Aussagewert. Zu seinen kongenialen Begleitern – Tom McClung (Piano), Riccardo del Fra (Bass), Steve McCraven (Drums) – gesellte sich John Tchicai, der zuvor für den erkrankten Zim Ngqawana eingesprungen war. Zwei Altmeister im beinahe brüderlichen Verbund!"