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Gedenken an den Schriftsteller Eberhard Hilscher

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Am 28.04.2006 jährt sich zum 79. Mal der Geburtstag des Schriftstellers und Ehrenbürgers seiner polnischen Geburtsstadt Swiebodzin, Eberhard Hilscher, der am 07.12.2005 in Berlin verstarb.

Er war zeitlebens - sowohl in der DDR, als auch in der Bundesrepublik - "in geradezu vornehmer Abständigkeit" (H. Zimmermann) ein verkannter und einsamer Kämpfer gegen "schnelllebige Unterhaltungskultur und eine wertlose mediale Flut an Stelle von weltumfassendem und utopischem Denken." (R. Bernhardt)

Schwer gezeichnet von Krankheit gab er dennoch dem Bedürfnis nach,
seinen "eindeutigen Standpunkt als Ehrenbürger zu mancherlei aktuellen Problemen zu formulieren, vor allem zu politischen." (E. Hilscher)

In seinem Brief an den Bürgermeister der Stadt Swiebodzin, Darius Bekisz - aus Krankheitsgründen nur eine "schriftliche Erklärung und Versicherung der Verbundenheit und Liebe mit und zu meinem zweiten Heimatland, in dem wir ja irgendwann einmal unsere letzte Ruhestätte finden werden" (E. Hilscher) - fährt er fort: "Beispielsweise missbillige ich den Beschluss der deutschen und russischen Regierung zum Bau einer Pipeline durch die Ostsee unter Missachtung ökonomischer polnischer Interessen. Ich verurteile die Versuche deutscher Vertriebenenverbände und von Aktivitäten des so genannten Heimatkreises Züllichau-Schwiebus, ein Vertriebenenzentrum in Berlin zu gründen und finanzielle und materielle "Ansprüche" gegenüber Polen durchzusetzen....und die Absicht einer möglichen bundesdeutschen CDU-Regierung, die Beziehungen unserer Staaten zueinander zu revidieren." Ein Teil seines umfangreichen Nachlasses - über 50 Jahre geführte Tagebücher, Briefwechsel mit zahlreichen großen Zeitgenossen, 4 Roman-Manuskripte und eine handschriftliche Thomas-Mann-Studie - wurde inzwischen, wie im Testament verfügt, von der Handschriftenabteilung der Deutschen Staatsbibliothek in Berlin übernommen. Im Nachlass findet sich auch die erste Ausgabe der "Weltzeituhr" vom "Buchverlag Der Morgen Berlin DDR" aus dem Jahre 1983, die Hischer akribisch mit allen Auslassungen ergänzte, die dem Lektor als gesellschafts- und regimekritisch vorgekommen und deshalb ausgespart worden waren. Auch die Ausgabe des Verlags Albrecht Knaus von 1985 übte Rücksicht auf die Empfindlichkeiten der DDR-Behörden. Darüber hinaus liegt der zweite Band der "Weltzeituhr" druckreif vor, eine noch deutlichere Reflexion des eigenen Lebens im Kontext zu merkenswerten nationalen und globalen Ereignissen als im ersten Band, auch wenn Hilscher das Werk in einem Interview ausdrücklich nicht als "verschlüsselte Autobiographie" verstanden wissen wollte. Ohne Zeifel hat er hier auf seine akribisch mit kleinster Handschrift geführten Tagebücher zurückgegriffen. Zeitgenossen, besonders die, die einen großen Teil ihres Lebens in der DDR verbringen mussten, werden auch diesen Teil verstehend lesen, denn sie werden Bezüge zu ihrer eigenen Biographie finden. Bisher hat sich leider kein Verlag für die Publikation gefunden - es wäre verdienstvoll, wenn das gesamte Werk zum 80. Geburtstag im Jahre 2007 erscheinen würde. Entsprechende Verlage mögen diesen Hinweis als Appell verstehen.

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