Am 9. November ist Christoph Spendel ganz plötzlich während eines Konzerts verstorben. Er unterrichtete von 2001 bis 2021 als Professor für Jazzklavier an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt (HfMDK) und davor bereits 10 Jahre als Lehrbeauftragter.
„Ich werde weiterhin Konzerte geben. Nach fast 30 Jahren Dienst geht ein Kapitel für mich zu Ende und ein neues beginnt“, verriet er anlässlich seines Abschiedskonzertes, bevor er nach den knapp drei Jahrzehnten Lehre an der HfMDK in den Ruhestand ging. Alle, die Christoph Spendel kannten, hätten ihm ein weitaus längeres neues Kapitel gewünscht.
Christoph Spendel hat ganze Generationen von Studierenden begleitet. Daneben hatte er den damaligen Aufbaustudiengang und späteren Weiterbildungsstudiengang Jazz- und Popularmusik inhaltlich geprägt.
„Prof. Spendel hat Studierende stark gemacht, bot ihnen eine Plattform für ihre ganz unterschiedlichen künstlerischen Aktivitäten. Der jähe Tod von Christoph Spendel macht uns zutiefst betroffen. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie“, sagt Hochschulpräsident Prof. Elmar Fulda.
Christoph Spendel
Musik war ihm in die Wiege gelegt: die Mutter Klavierlehrerin, mit fünf erster Unterricht. Der Onkel, Geiger im Orchester, spielte dem jungen Christoph Spendel eines Tages eine der damals hippen Play-Bach- Platten von Jacques Loussier vor. Spendel war begeistert: Motorik, Swing, Improvisation – es galt eine Welt jenseits der klassischen Musik zu entdecken.
Zum Jazz fand Christoph Spendel dann aber, wie viele, über Pop und Rock. Santana öffnete ihm ein Fenster zur Latinmusik, der er sich später ausgiebig widmete. Die 70er Jahre waren für ihn eine Offenbarung: das Jahrzehnt des Jazzrock und Rockjazz, des Amalgamierens von Klassik-, Rock- und Jazzelementen, avancierte Formdramaturgie statt simpler Songs, extensiver und exzessiver Einbezug von Improvisation; andauernd und überall gab es Neues zu entdecken – u.a. bei den damals führenden Jazzern, angeführt von Miles Davis, im Gefolge Tastenheroen wie Joe Zawinul (Weather Report), Chick Corea (Return to Forever) und natürlich Herbie Hancock mit seinen Funk-Feuerwerken.
Seine Ausbildung startete der 1955 in Polen geborene Christoph Spendel als Jungstudent am damaligen Folkwang-Konservatorium in Essen. Mit 18 nahm er ein Klavierstudium am Robert-Schumann-Institut Düsseldorf auf, das er zugunsten seiner Konzerttätigkeit vorzeitig beendete. Fortan war er nahezu nonstop auf Tour: 1975 bis 1980 mit der Gruppe Jazztrack, zwischendurch mit Soloprogrammen, ab 1980 im Duo mit dem Vibrafonisten Wolfgang Schlüter und danach mit eigenen Bands. Seiner ersten Soloplatte 1977 folgten über 50 weitere Produktionen als Leader und hunderte als Sideman an Keys oder Klavier.
Die Begegnung mit Michael Sagmeister, 1978 im Frankfurter Jazzkeller, war der Beginn einer bis zum Schluss währenden Zusammenarbeit und Freundschaft. Auch pädagogisch waren die beiden ein Gespann: Durch Sagmeister, der bereits an der HfMDK unterrichtete, fand 1991 auch Spendel den Weg in die Eschersheimer Landstraße, zunächst im Lehrauftrag und ab 2001 schließlich als Professor für Jazzklavier.
Die HfMDK trauert um einen überaus vitalen Künstler und einen ehemaligen engagierten Hochschullehrer und Kollegen.
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Christoph Spendel
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HfMDK Frankfurt trauert um Christoph Spendel
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