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Konwitschny wird Chefregisseur der Leipziger Oper

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Leipzig (ddp-lsc). Alexander von Maravic wird neuer Intendant der Oper Leipzig. Der bisherige Interimschef solle damit Nachfolger von Henri Maier werden, der im Juni 2007 von seinem Amt entbunden worden war, schreibt die «Leipziger Volkszeitung» (Samstagausgabe).

Das Haus selbst und Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) teilten am Freitagabend lediglich mit, dass Peter Konwitschny ab 1. August für sechs Jahre Chefregisseur des Hauses sein werde. Pro Spielzeit solle er jeweils zwei Produktionen selbst betreuen und in Fragen der Spielplangestaltung und bei Besetzungen mitentscheiden, hieß es weiter.

Damit kehrt Peter Konwitschny den Angaben zufolge nach rund zehnjähriger Abwesenheit als Regisseur nun in leitender Funktion in seine Heimatstadt zurück. Derzeit nimmt er selbst seine Inszenierung von «La Bohème» an der Oper Leipzig wieder auf. Für die kommende Saison sei vorerst eine Neuinszenierung vorgesehen.

Auch von Maravic solle für sechs Jahre an das Haus gebunden werden. Im April solle der Stadtrat über eine Abfindung Maiers entscheiden, die laut einer der Zeitung vorliegenden Beschlussvorlage bei 496 000 Euro liegt, hieß es weiter. Maier war nur etwa ein Jahr nach seiner Vertragsverlängerung bis 2011 beurlaubt worden. Maravic führt seither als Interims-Intendant die Geschäfte. Zuvor war er der Geschäftsführende Direktor des Opernhauses.



Peter Konwitschny
geboren am 21. Januar 1945 in Frankfurt/Main als Sohn des Dirigenten Franz Konwitschny und einer Sängerin.

1949 Umzug der Familie nach Leipzig, wo sein Vater die Leitung des Gewandhausorchesters übernahm.

1963-1964 Abitur, Physikstudium in Berlin, 1964-1965 Praktikum an der Deutschen Staatsoper Berlin.

1965-1970 Regiestudium an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin mit Abschluss als Diplom-Regisseur für Musiktheater.

1971-1979 Regie-Assistenz am Berliner Ensemble unter der Intendanz von Ruth Berghaus.

1980-1985 inszenierte er als Gast Opern und Operetten, gelegentlich auch Schauspiel in Budapest, Berlin, Rostock, Greifswald, Anklam, Altenburg und Halle.

1986-1990 Regisseur am Landestheater Halle.
Theatergeschichtliche Bedeutung erlangte sein konzeptioneller und struktureller Neuansatz bei der szenischen Interpretation Händelscher Opern, mit dem er 1984 eine neue Ära der Händelpflege in Halle begründete.

Seit 1985 Regiearbeit im westlichen Ausland: Montepulciano, Kassel, Nürnberg.

Seit 1981 auch Lehrtätigkeit: Seminare und Szenenstudien für Regisseure, Dramaturgen, Bühnenbildner, Schauspieler und Sänger an verschiedenen Hochschulen (Rostock, Berlin, Hamburg, Leipzig, München, Graz u.a.).

Seit 1990 arbeitet er freischaffend als Regisseur an vielen deutschen Bühnen und im Ausland, z. B. in Basel, Graz, Paris, Wien, Barcelona, Kopenhagen, Amsterdam, Moskau, Tokio.

Seine Interpretationen von Wagners „Parsifal“ und „Tristan und Isolde“ an der Bayerischen Staatsoper, „Tannhäuser“ in Dresden, „Lohengrin“ und „Die Meistersinger“ in Hamburg, „Götterdämmerung“ in Stuttgart sowie „Der fliegende Holländer“ am Bolschoi-Theater eröffneten eine neue Phase der Auseinandersetzung mit dem Werk Richard Wagners. Auch für die Korrektur des Lortzing-Bildes hat er mit seinen Inszenierungen von „Waffenschmied“ und „Regina“ Bedeutendes geleistet.

Er beschäftigte sich intensiv mit den großen Komponisten des 20. Jahrhunderts (Alban Berg, Kurt Weill, Arnold Schönberg, Luigi Nono) und inszenierte 1977 die Uraufführung von Goldmanns „R. HOT bzw. DIE HITZE“ an der Staatsoper Berlin, 1994 die Uraufführung von Michael Jarrells „Cassandre“ am Chatelet in Paris und 1997 die Uraufführung von Herchets „Abraum“ an der Leipziger Oper.

Sieben Inszenierungen machte er seit 1991 in Graz, darunter 3 Verdi-Opern, deren Aufführung als Zyklus dem Opernhaus im Jahre 2001 schließlich den Titel „Opernhaus des Jahres“ eintrug.

Ab 1998 Konzentration der Arbeit an der Hamburgischen Staatsoper zusammen mit Ingo Metzmacher, bis 2005 dort 11 Inszenierungen, wofür die die Hamburgische Oper „Oper des Jahres 2005“ wurde.
Seine Inszenierungen von „Falstaff“ (Graz) und „Don Carlos“ (Hamburg) gelten als wesentliche Beiträge zum Verdi-Jahr 2001.

Wichtige Inszenierungen in letzter Zeit waren u. a. „Die Csárdásfürstin“ an der Semperoper Dresden, „Intolleranza“ an der Deutschen Oper Berlin, „Wozzeck“, „Der Freischütz“, „Mahagonny“, „Der Rosenkavalier“, „Lulu“, „Moses und Aron“, „Titus“ (alle in Hamburg), „Zauberflöte“ (Stuttgart), „Elektra“ (Kopenhagen), „Al gran sole“ (Hannover) sowie „Don Giovanni“, „Così fan tutte“ und „Das Land des Lächelns“ (Komische Oper Berlin).

Peter Konwitschnys Inszenierungen sind geprägt von dem Ziel, den, wie Brecht sagt, „weiterfabulierenden Zuschauer“ zu entwickeln. Im Theater wird also nicht lediglich über diese oder jene Geschichte informiert, sondern die geistige Aktivität des Zuschauers soll gefördert, seine Phantasie entängstigt und provoziert werden. Ein Politikum, weil so das Theater in der Lage ist, in das Leben zurückzuwirken.

Peter Konwitschny erhielt mehrere Preise, darunter 1988 den Kunstpreis der DDR, 1993 den Konrad-Wolf-Preis der Berliner Akademie der Künste, 1997 das Bundesverdienstkreuz, 2005 – als erster Opernregisseur – den Berliner Theaterpreis und 2007 den Internationalen Theaterpreis des ITI. Als bisher einziger Opernregisseur wurde er fünfmal „Regisseur des Jahres“ laut Umfrage der „Opernwelt“.

Er ist Mitglied der Freien Akademie der Künste zu Leipzig, der Sächsischen Akademie der Künste Dresden, der Freien Akademie der Künste Hamburg und der Berliner Akademie der Künste, für deren Archiv die meisten Inszenierungen des Regisseurs dokumentiert wurden.

Erhältliche DVDs:
„Tristan und Isolde“ München 1998
„Der Freischütz“ Hamburg 1999
„Götterdämmerung“ Stuttgart 2000
„Don Carlos“ (Urfassung) Wien 2004
„Lohengrin“ Barcelona 2006

Bei dctp sind inzwischen 35 Beiträge über die Inszenierungen von Peter Konwitschny produziert worden.

Bisher erschienene Bücher:
Frank Kämpfer: Sehnsucht nach unentfremdeter Produktion. Der Regisseur Peter Konwitschny. Zentrum für Theaterarbeit und -dokumentation Berlin 1992, 260 Seiten. Mit Abb.

Porträt Peter Konwitschny. In: Eckert, Nora. Von der Oper zum Musiktheater. Wegbereiter und Regisseure. Henschelverlag Berlin, 1995.255 Seiten, mit zahlr. Abb.

Frank Kämpfer: Musiktheater Heute. Peter Konwitschny, Regisseur.
Europäische Verlagsanstalt GmbH Hamburg 2001, 242 Seiten. Mit Abb.

„Wir bauen die Katastrophen nach“. Peter Konwitschny im Gespräch mit Barbara Beyer, in: Warum Oper? Alexander Verlag Berlin, 2005

„Ich betrachte mich als Vermittler“. Peter Konwitschny im Gespräch mit Udo Bermbach über Richard Wagner und das Regietheater
in: Wagner, Richard Wagner Spectrum - Schwerpunkt. Focusing on Regietheater, Internationale zweisprachige Halbjahres-Zeitschrift Bd. 2/2005. Würzburg: Königshausen und Neumann, 2005.

in: Jürgen Schläder: OperMachtTheaterBilder. Neue Wirklichkeiten des Regietheaters. Henschel Verlag 2006
in: Manuel Brug: Opernregisseure heute.
Henschel Verlag 2006

Eine Werkliste bis 1998 findet man unter: http://www.adk.de/de/archiv/archivbestand/darstellende-kunst/kuenstler/…


Quelle Biographie: Oper Leipzig