Hauptrubrik
Banner Full-Size

Lothar-Günther Buchheim gestorben

Publikationsdatum
Body

Der Autor und Kunstsammler Lothar-Günther Buchheim ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Er erlag am Donnerstag einem Herzversagen, wie die Bayerische Staatskanzlei am Freitag in München mitteilte. Bekannt wurde Buchheim durch den dokumentarischen Roman «Das Boot».

Feldafing (ddp). Lothar-Günther Buchheim galt als der wohl störrischste Tausendsassa der Kunstwelt. Seine Augenklappe soll er angeblich nur als verwegenes Accessoire getragen haben. Doch nicht nur in Modefragen war der Schriftsteller und Kunstsammler aus Feldafing am Starnberger See als Exzentriker berühmt-berüchtigt. Von seinen Bewunderern wurde Buchheim als Multitalent gefeiert, vielen seiner Mitmenschen war er dagegen nur als streitwütiger Grantler bekannt. Am Donnerstag starb Buchheim im Alter von 89 Jahren an Herzversagen.

Mehr als fünf Jahre zuvor hatte sich für ihn mit seinem «Museum der Phantasie» in Bernried am Starnberger See ein Lebenstraum erfüllt. Am Westufer war dort für rund 20 Millionen D-Mark ein Gebäude für Buchheims weltberühmte Kunst-Sammlung entstanden. Neben unzähligen Meisterwerken des Expressionismus präsentierte er dort allerlei Kuriosa seiner jahrzehntelangen Sammelwut: naive Volkskunst aus Afrika und Asien, Tee- und Kaffeekannen, bunte Herbstlaub-Bilder und auch eigene Laubsägearbeiten. Bis sein Lebenstraum allerdings in Erfüllung gehen konnte, hatte es viele harte Jahre gedauert - hart vor allem auch für seine Mitmenschen.

Jahrelang hatte Buchheim geplant, seine von Experten auf rund 100 Millionen Euro geschätzte Sammlung in seinem Wohnort Feldafing unterzubringen. Doch die kleine Gemeinde stellte sich quer: Die Bürger wollten die Schätze des meist rüpelhaft und äußerst unfreundlich auftretenden Nachbarn nicht in ihrer Nähe haben. 1998 brachte ein Bürgerbegehren das endgültige Aus für seine Feldafing-Pläne und Buchheim musste in die benachbarte Gemeinde Bernried ausweichen. Die Rache des Sammlers ließ nicht lange auf sich warten. Öffentlich schmähte er seine Feldafinger Mitbewohner als «Gullyratten» und «Brunnenfrösche».

Auch beim Bau des Museums präsentierte sich der Sammler äußerst streitlustig. Mit der Arbeit des Architekten Günter Behnisch - der immerhin schon das Münchner Olympiagelände errichtet hatte - zeigte sich Buchheim nicht sonderlich zufrieden. Kurz vor Museumseröffnung klagte er in missmutigem Tonfall, wie viel Arbeit er habe investieren müssen, um aus Behnischs Entwurf «wenigstens annähernd» ein Museum zu machen. Dazu gehörte - zu Behnischs Entsetzen - unter anderem, dass Buchheim eine grüne Wand an der Rückseite des Gebäudes mit großen weißen Schiffchen und Wellen bemalte.

Der vielseitig begabte Junge begann schon früh seiner Mutter, der Malerin Charlotte Buchheim, nachzueifern. Bereits mit 15 Jahren präsentierte er in einer Ausstellung seine Zeichnungen und veröffentlichte Illustrationen in Zeitungen und Zeitschriften. Noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges schrieb er sein erstes Buch («Tage und Nächte steigen aus dem Strom») über eine abenteuerliche Paddelbootfahrt auf der Donau bis zum Schwarzen Meer.

Während des Krieges arbeitete Buchheim als Kriegsberichterstatter in der Bretagne und der Normandie. In den Nachkriegsjahren machte er sich als Kunstschriftsteller und -verleger einen Namen. Zu weltweitem Ruhm kam er schließlich durch seine umfangreiche Expressionismus-Sammlung, die er zu einem Zeitpunkt angelegt hatte, als die Bilder noch erschwinglich waren. Die internationale Literaturszene überraschte Buchheim schließlich 1973 mit seinem dokumentarischen Roman «Das Boot». Einen zweiten Kriegswälzer schrieb Buchheim 1995 unter dem Titel «Die Festung». Im Jahr 2000 vollendete er die Trilogie mit dem Band «Der Abschied».

Seinem Ruf als Grantler wurde Buchheim auch im hohen Alter noch gerecht. «Frag mich doch noch was Blöderes», entgegnete er einem Journalisten, der am fünften Geburtstag seines Museums im vergangenen Mai wissen wollte, welche Bedeutung er diesem Tag beimesse. Was er seinem Museum für die Zukunft wünsche, wurde Buchheim gefragt. «Dass es nicht durch die Dächer regnet», antwortete er.

Mehr als 50 Jahre lebte Buchheim in seinem Haus in Feldafing. Seit der Fertigstellung seines «Museums der Phantasie» begab sich der Sammler, der seit sieben Jahren im Rollstuhl saß, regelmäßig in die Nachbargemeinde Bernried, um bei seinen Lebensschätzen nach dem Rechten zu sehen. In oftmals recht harschem Ton wies er dann seine Ehefrau Diethild an, ihn durch die heiligen Hallen zu schieben. In den vergangenen Monaten wurde Buchheim allerdings immer seltener in seinem Museum gesehen.

http://www.buchheimmuseum.de