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Berlin (ddp). Peter Ruzicka ist das, was man wohl mit dem etwas altmodischen Wort «Tausendsassa» bezeichnet: Er ist Komponist, Dirigent, Regisseur, promovierter Jurist, Intendant und Kulturmanager. Und auf allen Gebieten ist er gleich begabt, erfolgreich und anerkannt.
Nach seinem Abschied als künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele 2006 nahm er sich eine Auszeit für das Komponieren einer neuen Oper. Doch lange währt diese Pause bei seinen vielen Aktivitäten möglicherweise nicht, denn unlängst brachte ihn Katharina Wagner für das künftige Leitungsteam der Bayreuther Festspiele ins Gespräch. Am Donnerstag feiert Ruzicka seinen 60. Geburtstag.Geboren wurde er am 3. Juli 1948 in Düsseldorf als Sohn eines Versicherungsdirektors. Er wuchs in Hamburg auf, wo er auch bis zum Abitur am Konservatorium in Klavier, Oboe und Komposition ausgebildet wurde. Seine besondere Vielfach-Begabung zeigte sich bereits damals: Er studierte Rechts-, Theater-, Musikwissenschaft sowie Betriebswirtschaft in Hamburg, München und Berlin. An der FU Berlin promovierte er 1977 zum Dr. jur., doch schon während des Studiums tat sich Ruzicka als freischaffender Komponist, Dirigent, Musikschriftsteller und Herausgeber hervor.
Seine herausragende Stellung im deutschen Klassik-Musikbetrieb begann 1979 als Intendant und Geschäftsführer des Radiosymphonieorchesters Berlin. Es folgten sehr erfolgreiche neun Jahre als Intendant der Hamburgischen Staatsoper, die bis 1997 dauerten. «Wagemut und intellektuellen Biss» attestierte ihm damals der Kritiker der «Welt» vor allem aufgrund der vielen Uraufführungen zeitgenösischer Opern. Im selben Jahr übernahm er als Nachfolger von Hans Werner Henze die künstlerische Leitung der Münchner Biennale für zeitgenössisches Musiktheater. Der damalige bayerische Kultusminister sah bei ihm neben seiner künstlerischen Qualifikation vor allem «große Management- und Integrationsfähigkeiten» an der Schnittstelle zwischen Kunst und Geschäft.
Im März 2001 sorgte die Dresdner Uraufführung von Ruzickas Oper «Celan» für Aufsehen. Im selben Jahr begann auch die Zeit seiner künstlerischen Leitung der Salzburger Festspiele. Vor allem das Mozart-Jahr 2006 hatte es in sich: Allen Unkenrufen zum Trotz gelang ihm das Wagnis, die 22 Bühnenwerke von Wolfgang Amadeus Mozart in einer Gesamtschau zu bieten, vollauf. Ruzicka habe künstlerischen Anspruch und wirtschaftlichen Erfolg verbunden, sagte die Vorsitzende des Festspielkuratoriums, Gabi Burgstaller, zu Ruzickas Abschied. Er habe in Salzburg «keine Skandale, sondern künstlerische Erfolge hinterlassen».
Salzburg habe er verlassen, weil er wieder mehr Zeit für eigene Kompositionen haben wollte, sagte Ruzicka dem «Hamburger Abendblatt». Er sah einen zunehmenden Konflikt zwischen seiner Existenz als Künstler und der Tätigkeit als Manager. Dass sein Interesse am Musikmanagement nun neu erwacht ist, liegt an der Person Richard Wagner. «Zu allem anderen als Bayreuth hätte ich Nein gesagt. Aber die Wagner-Festspiele sind ein Projekt von nationaler Bedeutung, und wenn man da helfen kann, darf man sich der Verantwortung für diese kostbare Ikone nicht entziehen», sagte Ruzicka dem »Tagesspiegel".
Im November wird der Komponist Ruzicka sein neuestes Werk vorstellen: In der Berliner Staatsoper Unter den Linden ist sein zweites, abendfüllendes Musiktheaterstück zu sehen: die Oper «Hölderlin». Dann wird er auch wieder selbst am Dirigentenpult stehen - als echter «Tausendsassa» versteht sich das fast von selbst.