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Peter Schreier wird am Freitag 70 Jahre alt

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Der Sänger und Dirigent Peter Schreier wird am Freitag 70 Jahre alt. Schreier gilt als einer der berühmtesten deutschen Opern- und Konzertsänger. Sein Repertoire reicht von Bach, Mozart und Schubert bis hin zu zeitgenössischer Musik. Bereits zu DDR-Zeiten feierte er internationale Erfolge.

Dresden (ddp). Singen will der Tenor nicht mehr. Zum letzten Mal werde er am 22. Dezember als Evangelist im Weihnachtsoratorium in Prag zu hören sein, hat Peter Schreier ein ums andere Mal verkündet. Ob er sich daran hält? Der gebürtige Meißener wird am Freitag 70 Jahre alt - und er sagt selbst von sich, dass er zurzeit «als Sänger in Top-Form» sei.

Musikkritiker bezeichneten den Mann schlicht als die Idealbesetzung für den Evangelisten in Bachs geistlichen Werken, als großen Liedersänger und auch als einen der hervorragendsten Mozart-Tenöre, der etwa den Tamino aus der «Zauberflöte» eben nicht nur «spielt, sondern eben der Tamino ist», wie ein Rezensent einmal schrieb.

Die Wurzeln für all das legte bereits sein Elternhaus: Schreier wuchs in Gauernitz, einer Ortschaft bei Dresden, als Sohn eines Lehrers und Kantors auf. «Schon als Baby wurde ich daheim auf den Flügel gelegt, wenn der Vater musizierte», erinnerte er sich Jahrzehnte später. Vor 60 Jahren wurde er - kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs - Mitglied des Kreuzchors. Bereits in dem Knabenensemble, in dem Schreier nach eigenen Angaben gelernt hat, sich selbst zu disziplinieren, übernahm er ungewöhnlich viele solistische Parts.

Nach dem Abitur studierte er an der Dresdner Musikhochschule und gab 1959 sein Bühnendebüt als Erster Gefangener in Beethovens «Fidelio». Zu diesem Zeitpunkt lagen seine ersten Auftritte als Evangelist in Bachs Johannes- und Matthäus-Passion schon einige Jahre zurück. Unzählige sollten folgen. Es dauerte nicht lange, bis Schreier auch im Ausland sämtliche Türen offenstanden. Er bekam Angebote für die Mailänder Scala, trat an der New Yorker Metropolitan Opera auf, war regelmäßiger Gast bei den Salzburger Festspielen. Zum Kammersänger ernannten ihn Bayern, Österreich und die DDR.

Deren einstiger Vorzeige-Künstler, der vor dem Bundesverdienstkreuz eben auch schon den Nationalpreis der DDR 1. Klasse verliehen bekam, hat Grenzen nicht gekannt. Der Versuchung, Ort und Land dauerhaft zu wechseln, ist Schreier indes nie erlegen, obwohl er dafür genügend Angebote hatte. Er begründete dies einmal damit, dass er einfach seine Heimat brauchte, um sein «seelisches Gleichgewicht zu behalten». Seine Bindung an Dresden zeigt sich auch darin, dass Schreier zur Weihe der wiederaufgebauten Frauenkirche sowohl im Gottesdienst am 30. Oktober als auch beim Konzert am 1. November singen wird.

Ab 2006 will er dann nur noch dirigieren. Am Pult tritt der seit 48 Jahren verheiratete Vater zweier erwachsener Söhne bereits seit den siebziger Jahren in Erscheinung. Dass es dazu überhaupt kam, beschreibt Schreier selbst als puren Zufall: In einem Almanach des Ensembles der Deutschen Staatsoper Berlin, von der er 1963 mit einem Gastvertrag verpflichtet worden war, habe er als Hobby neben Fußball - Schreier bolzte schon zu Kruzianer-Zeiten leidenschaftlich gern und verstand sich auch Jahre später hervorragend auf das Herunterbeten von Mannschaftsaufstellungen - noch Dirigieren angegeben. Der Orchestervorstand habe ihn deshalb wenig später darauf angesprochen und gefragt - und er einfach zugesagt.

In unzähligen Wohnzimmern wird Schreiers Stimme nie verstummen. Dafür sorgt schon allein eine der mehr als 600 Plattenaufnahmen: Das Album «Peter Schreier singt Weihnachtslieder» wurde mit rund 1,4 Millionen Exemplaren zum mit Abstand meistverkauften Tonträger in der Geschichte der DDR - und es wird von Generation zu Generation weitergehört.