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Der Tod von Ephraim Kishon ist in Deutschland mit Bestürzung aufgenommen worden. Christina Weiss bezeichnet ihn als einen "Entwicklungshelfer im besten Sinne, der vielen Deutschen half, ihre antisemitischen Verblendungen zu überwinden."
Berlin (ddp). Der Schriftsteller Ephraim Kishon ist tot. Wie sein deutscher Verlag Langen Müller Herbig am Sonntag in München mitteilte, erlag der israelische Satiriker im Alter von 80 Jahren am Samstag in seinem Schweizer Haus in den Armen seiner Frau Lisa einer Herzattacke. Die Bestattung werde am 2. Februar in Israel stattfinden.Kishon war nicht nur einer der weltweit erfolgreichsten Satiriker, sondern auch Bildhauer, Komponist, dreifacher Golden-Globe-Gewinner, Entwickler eines Schachprogramms und Amateur-Weltmeister im Billard. Weltweit wurden von ihm mehr als 43 Millionen Bücher verlegt, davon mehr als 31 Millionen in deutscher Sprache.
Am 23. August 1924 in Budapest als Sohn des jüdischen Bankdirektors Dezsö Hoffmann geboren, geriet der 20-jährige Ferenc, der weder Jiddisch noch Hebräisch sprach, in die Fänge der Nazis, die ihn ins
Schon als Schüler ließ Ferenc schriftstellerisches Talent erkennen. Seine erste Satire schrieb er in den letzten Kriegstagen im Keller eines zerbombten Hauses. Die Geschichte über Glatzköpfe brachte ihm bei einem Romanwettbewerb einer ungarischen Literaturzeitung denn auch den ersten Preis ein. Viele Jahre später griff er den Stoff noch einmal auf und baute ihn zu einem seiner erfolgreichsten Romane «Mein Kamm» (1997) aus.
1949 floh Kishon mit seiner ersten Frau Chawa vor den Kommunisten nach Israel. In einem Kibbuz machte er sich zunächst als Elektriker, Pferdeknecht und Latrinenputzer nützlich. Seine Texte schrieb er weiter auf Ungarisch, sie wurden - zusammengefasst in dem ersten Buch «Der Neueinwanderer, der uns auf die Nerven geht» - ins Hebräische übersetzt.
Dann aber zog sich Kishon ein Jahr zurück, widmete sich dem Studium der hebräischen Sprache und begann 1952 unter dem Namen «Chad Gadja» (Lämmchen) eine tägliche Kolumne in der israelischen Tageszeitung «Maariv». Die Glosse verfasste er schließlich 30 Jahre lang.
1959, zwei Jahre nach der Trennung von Chawa, heiratete Kishon die Pianistin Sara. Und im selben Jahr wählte die «New York Times» Kishons Buch «Drehen Sie sich um, Frau Lot» zum Buch des Monats. Damit war der Grundstein für Kishons internationale Karriere gelegt.
Doch Kishon gab keine Ruhe. In Tel Aviv gründete er das Theater «Die Grüne Zwiebel», das er bis 1962 leitete. Für «sein» Haus schrieb und inszenierte er eine Reihe von Stücken, es folgte sein erster Film «Sallah oder Tausche Tochter gegen Wohnung». Auch fürs Drehbuchschreiben zeigte Kishon ein «Händchen». In Deutschland drehte unter anderem die ARD eine 20-teilige Reihe nach seinen Geschichten.
Von seinen zahlreichen Büchern galt «Familiengeschichten» als meistverkauftes Buch in hebräischer Sprache - abgesehen von der Bibel. Darin schilderte Kishon mit viel Witz und Pointen kleine Missgeschicke im Alltag, die Probleme seiner rothaarigen Kinder und seine stetigen Versöhnungsangebote an die «beste Ehefrau von allen». Nach dem Tod von Sara nach mehr als 40-jähriger Ehe heiratete Kishon Anfang 2003 die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek.
In seinem letzten Interview, das Kishon den «Stuttgarter Nachrichten» noch am Freitagabend gegeben hatte, sagte der Autor, die hohe Zahl seiner Lebensjahre mache ihn «ein bisschen traurig». Es sei eine unschuldige Gerechtigkeit, alt zu werden. «Ich will nicht lange leben, ich will nur nicht alt werden - das ist der einzige Kompromiss, den ich ertragen kann.»
Christina Denz
Der Tod von Ephraim Kishon ist in Deutschland mit Bestürzung aufgenommen worden. Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) sagte, Kishon habe in Deutschland ein großes Publikum gehabt, nicht nur als Humorist, sondern auch als Philosoph. «Er war ein Entwicklungshelfer im besten Sinne, der vielen Deutschen half, ihre antisemitischen Verblendungen zu überwinden.» Die Deutschen hätten durch ihn gelernt, wieder gemeinsam mit den Juden zu lachen.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, würdigte den Autor als einen Menschen, der mit seinem schriftstellerischen Werk Außerordentliches für das Verständnis der israelischen Kultur und Politik geleistet habe. Die Beliebtheit seiner Bücher spreche für sich. «Er war ein Repräsentant des jüdischen Humors», sagte Spiegel der «Netzeitung».
Der Verlag Langen Müller Herbig habe mit Kishon «einen herausragenden Autor verloren, eine wirklich einmalige Schriftstellerpersönlichkeit», sagte Verlegerin Brigitte Fleissner-Mikorey in München. Der Satiriker und Romancier war seit fast einem halben Jahrhundert Starautor bei Langen Müller Herbig.