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Blindes Einverständnis, nicht aber pure Harmonie

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Das Klavierduo Andreas Grau & Götz Schumacher will die Sichtweisen auf das Alte wie auf das Neue verändern
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Andreas Grau und Götz Schumacher, oft als Nachfolger der Brüder Kontarsky bezeichnet, gehören zu den wenigen Klavierduos, die sich im internationalen Konzertmarkt neben Katia und Marielle Labeque, den Brüdern Paratore, Güher und Süher Pekinel oder dem Duo Tal & Groethuysen profiliert haben. Seit über 20 Jahren spielen die beiden Pianisten zusammen, ihr Repertoire reicht von Barock über Romantik bis zu Neuer und neuester Musik. Heute gibt das Klavierduo rund 50 Konzerte im Jahr.

Andreas Grau und Götz Schumacher, oft als Nachfolger der Brüder Kontarsky bezeichnet, gehören zu den wenigen Klavierduos, die sich im internationalen Konzertmarkt neben Katia und Marielle Labeque, den Brüdern Paratore, Güher und Süher Pekinel oder dem Duo Tal & Groethuysen profiliert haben. Seit über 20 Jahren spielen die beiden Pianisten zusammen, ihr Repertoire reicht von Barock über Romantik bis zu Neuer und neuester Musik. Heute gibt das Klavierduo rund 50 Konzerte im Jahr.Viele gibt es nicht – die Anzahl der Formationen ist durchaus überschaubar. Nicht einmal ein halbes Dutzend Klavierduos behauptet sich auf dem internationalen Konzertmarkt mit dem gleichen Repertoire. Mit dem gleichen Repertoire? Ist nicht das Klavierduo Andreas Grau & Götz Schumacher ausschließlich mit Musik ab 1950 bekannt geworden? Bild und Wirklichkeit stimmen jedoch nicht überein. Neue und neueste Musik ist nicht alles, auch wenn ihr Anteil im Repertoire relativ hoch ist (etwa ein Drittel des Repertoires und auch ein Drittel der bei Konzerten gespielten Werke ist Musik der Nachkriegszeit).

Es begann eigentlich mit einem Missverständnis. Eine der ersten CD-Einspielungen war Karlheinz Stockhausens „Mantra“, und mit dieser CD war fürs Erste auch das Image festgelegt: Seit „Mantra“ galt das junge Klavierduo als Spezialensemble für zeitgenössiche Musik. Dieser Ruf eilte den beiden Pianisten fortan voraus, wohl auch, weil andere Klavierduos sich mit Neuer Musik nach wie vor nicht oder kaum beschäftigen. Dabei wollten sie genau das – oder vielmehr: nur das – nicht sein: die Spezialisten für das Neue. Barocke, klassische, romantische Musik schlossen Grau und Schumacher nie aus. Die Frage ist aber nicht, ob man Altes oder Neues spielt, sondern wie man es präsentiert. Seit jeher versuchen sie, für jedes Konzert eine überzeugende Dramaturgie zu entwickeln. Nur schöne Stücke aneinanderzureihen, ist genauso wenig ihr Ziel wie Neue Musik nur um ihrer selbst willen zu spielen. Spannend muss es werden, Entwicklungslinien sollen aufgezeigt, Gegensätze dargestellt, Perspektiven und damit vielleicht auch Sichtweisen verändert werden, und zwar mit „alter“ wie mit „neuer“ Musik.

Dieser Wille zu ausgefeilten Konzertprogrammen mit kluger Dramaturgie spiegelt sich auch in den CD-Einspielungen. Seit Jahren arbeiten Grau und Schumacher mit Wulf Weinmann und seinem auf zeitgenössische Musik spezialisierten Label „col legno“ zusammen. Dessen neue Reihe „col legno / Edition“ kommt den beiden Pianisten sehr entgegen, um sich einer breiten Öffentlichkeit nicht nur mit zeitgenössischem Repertoire zu präsentieren. So entstand zum Beispiel die CD „Ligeti – Schubert – Ligeti“, zu Beginn des nächsten Jahres werden „mehrere kurze Walzer“, ein Kaleidoskop von Walzerminiaturen von Brahms und Schubert bis Hindemith und Rihm sowie „Kurtág – Bach – Busoni“ erscheinen.

Gerade einmal 16 Jahre alt waren sie, als sie der gemeinsame Klavierlehrer zusammenbrachte. Nach Studien in Dortmund, Frankfurt, Stuttgart und Paris kamen erste Wettbewerbserfolge und Preise (unter anderem der Preis des Deutschen Musikwettbewerbs inklusive Aufnahme in die Konzerte junger Künstler), es kamen Stipendien, CD-Produktionen, Konzerteinladungen – es begann eine Karriere, die man heute nicht anders als erfolgreich bezeichnen kann. Das Klavierduo Andreas Grau & Götz Schumacher ist gefragt, es spielt bei den größeren Festivals (Schleswig-Holstein, Ludwigsburg, Berliner Festwochen, Schwetzingen) wie auch bei den exquisiten kleineren Festivals (etwa den Römerbad Musiktagen mit seinen ungewöhnlichen Programmen) und es arbeitet mit Dirigenten von Gielen bis Pretre und Zagrosek zusammen wie auch – selbstverständlich – mit Komponisten wie Peter Eötvös oder Wolfgang Rihm.

Kommunikation ist wichtig. Auch und gerade in der Organisation. Eine Agentur muss für Andreas Grau und Götz Schumacher mehr sein als ein Verwalter von Terminen und Programmen. Ihre Erwartungen sind dabei durchaus realistisch. Im besten Fall ist eine Agentur ein vertrauensvoller Mittler zwischen Veranstalter und Künstler. Bei Nitsche artists & projects wissen die Musiker sich auf einem guten Platz und vestehen die Zusammenarbeit wie „ein kleines Unternehmen, das eine ist die Kreativ-Abteilung, das andere ist der Vertrieb, und der muss auch kreativ sein“.

Andreas Grau und Götz Schumacher verlassen sich nicht auf althergebrachte Konzepte und den linearen Aufbau eines Konzertes, das mit dem großen romantischen Werk nach der Pause endet. Man kann variieren, man kann experimentieren, man kann kalkuliert das Konzert zum Erlebnis werden lassen, dank einsichtiger und überzeugender Programmplanung. Von einer Anbiederung an die Gebote der Event-Kultur ist das jedoch weit entfernt. Das Publikum weiß durchaus gut durchdachte, aber radikale und ungewöhnliche Angebote zu schätzen. „Natürlich wollen wir mit unserer Arbeit auch provozieren. Aber niemanden erschrecken oder gar verschrecken, wenn wir an den Schluss eines Abends einmal Bernd Alois Zimmermann setzen oder etwas ganz Stilles – eben nicht die gewohnte Schluss-Apotheose. Es kann im Konzert so viel mehr geschehen als nur schöne Musik zu hören. Es geht immer um etwas Neues. Erwartungen müssen nicht immer bestätigt werden. Perspektiven können sich verändern.“

Warum aber Klavierduo, warum keine Solo- oder Kammermusik-Karrieren? Wohl war es eine Laune des Schicksals, das hier zwei Musiker zusammengebracht hat, die solistische Engagements nicht ausschließen, die aber ihren Weg gefunden haben, bei dem sie sich auf ideale Weise ergänzen. Andreas Grau und Götz Schumacher bringen ihre Zusammenarbeit auf eine bestechend einfache Formel: „Unser Ziel ist nicht, Klavierduo zu spielen. Unser Ziel ist es, Musik zu machen.“

Auswahl-Diskografie

Karlheinz Stockhausen: Mantra. wergo 1995, WER 6267-2
Mehrere kurze Walzer von Schubert, Brahms, Grieg, Hindemith und Rihm. col legno, Veröffentlichung 2003
Kurtág – Bach – Busoni. col legno, Veröffentlichung 2003

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