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Seit Ende September auch auf dem Plattenmarkt: Martin Grubinger, der auf seiner Debüt-CD HK Grubers „Rough Music“ einspielte. Foto: Bernd Noelle
Seit Ende September auch auf dem Plattenmarkt: Martin Grubinger, der auf seiner Debüt-CD HK Grubers „Rough Music“ einspielte. Foto: Bernd Noelle
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Musik-Athlet und Klang-Ästhet

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Martin Grubinger – Multipercussionist
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Athletische Konstitution ist in der klassischen Musik ein Novum. Denn Körperbewusstsein ist normalerweise fast nur auf Spieltechniken bezogen. Aber anders als alle sonstigen Orchesterinstrumente erfordert Percussion per se deutlich aktivere physische Präsenz und Beweglichkeit. Als Solist hat der Multipercussionist Martin Grubinger, 1983 in Salzburg geboren, den Status und die Maßstäbe seiner Profession nachhaltig verändert. Lässig konfrontiert er die belächelte Karikatur des einsam auf den Einsatz wartenden Triangelspielers mit dem Image eines modernen, dynamischen Virtuosen, der über eine riesige Assemblage von mehr als 200 Schlaginstrumenten verfügt.

Gefördert und unterrichtet wurde Martin Grubinger von seinem Vater, der selbst Schlagzeuger und Dozent am Mozarteum Salzburg ist. In rasantem Tempo entwickelte Martin Grubinger seine Fähigkeiten, war mit 15 Jahren der jüngste Finalist beim 2nd World Marimba Competition in Okaya (Japan) und 2005 zum renommierten Crédit Suisse Group Young Artist Award eingeladen. Solche Anerkennung resultiert aus eigenwilligen Ideen, nämlich dass „Schlagzeug nicht auf rhythmische Funktionen reduziert oder nur als Geräuschkulisse betrachtet werden darf. Ich möchte sowohl auf der Marimba als auch auf Trommeln melodische Linien spielen und alle Klangnuancen darstellen können.“

Seitdem Martin Grubinger hartnäckig an der Erweiterung perkussiver Dimensionen arbeitet, sind zeitgenössische Komponisten an einer Zusammenarbeit interessiert: Sein Landsmann Bruno Hartl widmete ihm ein „Concerto“, Anders Koppel aus Dänemark ein „Konzert für Marimba und Orchester“, das Anfang 2004 Premiere hatte, und zum eigenen 65. Geburtstag wird HK Gruber 2008 ein „Schlagwerk-Konzert“ für Martin Grubinger schreiben. Statt auf den hinteren Orchesterbänken zu verharren, wertet Martin Grubinger die Percussion auf, indem er sie zentral aufs Podium rückt. Seine Projekte sind sogar Magneten für öffentliche Aufmerksamkeit, denn er konzipiert völlig unkonventionelle Konzertformate, die Zeit- und Leistungsgrenzen eines Solisten neu ausmessen. Etwa wenn er beim Beethovenfest 2006 im dreistündigen Mammutrecital „Percussive Planet“ mit 20 Werken aus den 5 Kontinenten wesentliche Schlagwerkstile des 20. und 21. Jahrhunderts als „positives Signal der Globalisierung“ präsentiert. Seine politische Botschaft für Toleranz ist eng verbunden mit seiner Ausdauer für optimale Interpretationen: „Ich bereite mich für ein Konzert wie ein Athlet vor“. Insbesondere wird ein intensives Fitnesstraining unter sportmedizinischer Aufsicht für den „Percussion Showdown at the Wiener Musikverein“ am 17. November 2006 notwendig sein, denn da wird Martin Grubinger vier Stunden nonstop einen bisher einmaligen Konzertmarathon veranstalten. Mit dem RSO Wien unter der Leitung des US-amerikanischen Dirigenten John Axelrod wird er die Premieren der Auftragswerke von Rolf Wallin, Anders Koppel und Alexander Mullenbach sowie Solo-Recitals spielen, und zwar alle auswendig: „Musik wird selbst zur Klangaktion und zum visuellen Klangerlebnis.“ Ein Programm, das den traditionellen Wiener Musikverein in rhythmische Vibrationen bringen wird.

Der eigene Körper hat für Martin Grubinger also eine integrale Funktion bei seiner Musik, indem dadurch erst seine individuelle Klangästhetik erscheint. Was motiviert Martin Grubinger zu solch extremer Anstrengung und Konzentration? Er sagt: „Schlagzeug ist mein Leben, optimal, um das auszudrücken, was ich dem Publikum näherbringen will: Offenheit für andere Kulturen und Humanität.“

www.martingrubinger.com

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