Noch vor einigen Jahren gehörte es fast zum guten Ton von Opernintendanten ihr Budget um gewaltige Beträge zu überziehen. Finanzielle Fehlplanungen wurden von städtischen Kämmerern schweigend übergangen, um keinen Verlust von künstlerischem Image hinnehmen zu müssen. In vielen Institutionen fehlte der kompetente Gegenpart, der trotz Einhaltung des Budgets die Wünsche des künstlerischen Leiters realisieren half.
Noch vor einigen Jahren gehörte es fast zum guten Ton von Opernintendanten ihr Budget um gewaltige Beträge zu überziehen. Finanzielle Fehlplanungen wurden von städtischen Kämmerern schweigend übergangen, um keinen Verlust von künstlerischem Image hinnehmen zu müssen. In vielen Institutionen fehlte der kompetente Gegenpart, der trotz Einhaltung des Budgets die Wünsche des künstlerischen Leiters realisieren half. Ein Blick auf den gegenwärtigen Markt macht jedoch Folgendes deutlich: Die Ansprüche an wirtschaftliche Professionalität von staatlichen wie privaten Häusern war noch nie so hoch wie heute. Künstlerische Einzelprojekte finden keine wohlmeinenden Mäzene mehr, sondern müssen mit Kostenplänen und Finanzierungstrategien um Gelder kämpfen. Immer mehr staatliche Institutionen werden in privatwirtschaftliche Gesellschaftsformen umgewandelt. Theater werden zu GmbHs, Museen zu gemeinnützigen Stiftungen. Dies sind Maßnahmen, die nicht nur eine rein rechtliche Änderung beschreiben, sondern starke wirtschaftliche Umstrukturierungen herbeiführen sollen. So wurden den künstlerischen Leitern der Hamburger Museen allesamt kaufmännische Geschäftsführer an die Seite gestellt – eindeutig eine Entlastung für den Künstler, der sich zum Beispiel nicht mehr um Kostenplanung kümmern muss.Die Nachfrage nach Managern in der Kultur scheint also unendlich groß, aber mit den herkömmlichen Mitteln der Betriebswirtschaftslehre wird man im heutigen Kulturbetrieb kaum überleben können, genauso wenig wie mit rein künstlerischen Methoden.
Kulturmanager – ein Berufsbild mit Zukunft
Als vor 15 Jahren Deutschlands erster Studiengang für Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg gegründet wurde, erntete dies nicht nur zustimmende Worte. Viele skeptische Blicke gingen in Richtung Hamburg. Mussten Musiker jetzt auch noch Manager werden? Sollten Pianisten sich nicht nur auf ihre Kunst konzentrieren können, sondern auch die schnöde Zahlenwelt ihr eigen nennen?
Die Entwicklung der letzten Jahre hat allerdings gezeigt, dass ein großer und immer noch wachsender Markt für Kultur- und Medienmanager besteht. Aus dem einen Studienangebot sind gut 40 Angebote in Deutschland, Österreich und der Schweiz geworden – nicht nur an Musikhochschulen, sondern auch an Universitäten, Weiterbildungsinstituten und Akademien. Dabei liegt der Schwerpunkt der Studierenden nicht mehr nur auf Musikern, die eine Zusatzqualifikation erlangen wollen, sondern ebenso auf Literaturwissenschaftlern oder Kunsthistorikern. Aber auch Juristen und BWLer streben eine Ausbildung zum Kultur- und Medienmanager an.
Kulturmanager müssen von allem etwas sein: Diplomat, Künstler, administrativer Planer, Kalkulierer, Stratege, Finanzexperte und Dolmetscher. Mittler zwischen den Welten muss man sein, um die verschiedenen Betrachtungs-, Begriffs-, und Sprachebenen zu verstehen, die bei einem kulturellen Projekt angesprochen werden. Ohne Erfolg jedenfalls werden in den meisten Fällen die Bemühungen großer Unternehmensberatungen sein, mit den gewohnten Kennzahlen und Planungshorizonten an Probleme in Kulturinstitutionen heranzugehen. Zu oft basiert das tägliche Management einer Kulturinstitution auf völlig anderen Gegebenheiten als das Management eines Industrieunternehmens.
Dabei besteht das Berufsbild des Kultur- und Medienmanagers nicht erst seit heute. In den USA wurden bereits 1965 die ersten Ausbildungsgänge im Fach arts management gegründet, sicher nicht zuletzt wegen der in den USA vorherrschenden staatsfremden Finanzierung und dem daraus folgenden Zwang, private Mittel zu akquirieren und mit privatwirtschaftlichen Unternehmen zu kommunizieren.
Management als Zusatzqualifikation
Sollten Künstler also vom ersten Semester ihrer Ausbildung an den Musikhochschulen Managementkurse belegen und Bilanzierung neben Bachkantaten studieren? Meines Erachtens nach ein gewagtes Unterfangen. Nach wie vor haben wir in Deutschland einen unschätzbaren Reichtum an künstlerischer Freiheit und Experimentierfreudigkeit, die den Künstlern überlassen wird, so wie den Managern die Einschätzung der Realisierungschancen dieser Projekte und das Auffinden von Lösungen managerialer Probleme eigen ist. Ein ganzheitliches Verständnis und eine Akzeptanz wirtschaftlicher Abläufe und Probleme wird in Zukunft jedoch unverzichtbar für Künstler sein.
Bleiben wir bei dem Sinnbild des Mittlers: Niemand würde versuchen eine wichtige Verhandlung auf russisch zu führen, wenn er der Sprache und der kulturellen Gegebenheiten nicht mächtig ist. Man arbeitet mit einem Vermittler zusammen, der all diese Voraussetzungen erfüllt. Es wird eine Strategie zusammen mit ihm erarbeitet, man vertraut ihm in Bezug auf Verhandlungstaktiken, geht Kompromisse ein, um sein Ziel zu erreichen und gewinnt im Zweifel zusammen mit dem Vermittler. So wie ein Kulturmanager niemals den Posten eines künstlerischen Leiters anstreben wird, sollte ein Künstler auch nicht das Finanzgeschick eines Managers erlernen wollen.
Die Bedürfnisse der Institutionen auf der einen Seite und der Unternehmen auf der anderen Seite nach einem ganzheitlichen Verständnis von Kultur und Management ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Künstler wollen Wirtschaftsleute verstehen und Unternehmer wollen wissen, wie Künstler denken. Unternehmen fühlen sich als Bürger der Gesellschaft und wollen im Zuge dieses corporate citizenship künstlerischen Projekten helfen. Ausstellungen wie „art and economy“ zeigen diese Auseinandersetzung der beiden Pole miteinander und viele Beispiele an Kooperationen zwischen Künstlern und Unternehmen verdeutlichen die Annäherung der beiden Welten. Zauberworte wie Sponsoring und fund raising beleben immer wieder die Medienlandschaft. Alles Instrumente, die der Kultur- und Medienmanager geschickt zum Nutzen der Künstler einzusetzen weiß, aber nie ohne den Künstler und selten ohne die Unternehmen. Oft helfen schon simple Maßnahmen, um komplexe Sachverhalte zu vereinfachen. Eine Kalkulation zum Beispiel kann dabei helfen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie durch Einwerbung von Sach- und Dienstleistungen das angestrebte Budget viel leichter und einfacher zu erreichen ist.
Hochschulen im Wandel
Die Hochschulen, die vor Jahren schon die Notwendigkeit gesehen haben, Aufbau- und Ergänzungsstudiengänge im Bereich des Kulturmanagements zu gründen, sind nun selbst in der Situation wirtschaftliche Maßstäbe anlegen zu müssen. Umfassende Hochschulreformen werden an vielen Musik- und Kunsthochschulen in Deutschland von der Politik gefordert und durchgesetzt. Weg von den Fachbereichen, hin zu einer modernen Matrixorganisation, so hieß es letztens in den Schlagzeilen über die neuen Strukturpläne der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. An der Stuttgarter Musikhochschule ist seit Februar diesen Jahres der erste Nicht-Musiker und Kulturmanager Rektor geworden. Entwicklungen, die noch vor einigen Jahren nicht denkbar gewesen wären, werden in den kommenden Jahren immer mehr Realität. Die Hochschulen müssen sich selbst vermarkten, um attraktiv für die potenziellen Studienbewerber zu bleiben. Herkömmliche Studiengänge alleine reichen nicht mehr aus. Das Niveau und der Anspruch wachsen an den Musikhochschulen, nicht nur in Bezug auf die klassischen künstlerischen Anforderungen, sondern auch in anderen Kompetenzbereichen wie Management, Wissenschaft und Forschung. Fachbereichsübergreifende Studiengänge und ganzheitliches Denken zeichnen moderne Hochschulen aus. Der internationale Vergleich, aber auch die wachsende Internationalität der Studierenden stellt die Ausbildungsstätten vor neue Herausforderungen, die oftmals nicht mit althergebrachten Methoden zu meistern sind.
Neue Technologien
Neben neuen Strukturen spielen in wachsendem Maße neue Technologien eine große Rolle im Kulturbereich. Nicht nur in der Ausbildung, sondern gerade in der Vermarktung kultureller Projekte sind Instrumente wie Computer, Internet und E-Mail nicht mehr vom kulturellen Spielfeld wegzudenken. Das fängt an mit Computerprogrammen für Komposition, neuen digitalen Aufnahme- und Schneidetechniken und dem vereinfachten Brennen von Demo-CDs. Aber auch im Bereich der Ausbildung sind E-Commerce, Internetauftritte und Online-Strategien ein Muss. So sollen beispielsweise Bewerbungsunterlagen – möglichst auch für internationale Bewerber – attraktiv und benutzerfreundlich abrufbar gemacht werden. Interne Bereiche für Alumnis, Dozenten und Projektpartner unterstützen den Netzwerkgedanken, aber auch aktuelle Forschungsberichte werden veröffentlicht und Publikationen über das Internet vertrieben. In den USA drucken die Universitäten bereits keinerlei Printunterlagen mehr, interaktive Imagebroschüren sind die Regel. Alle Informationen sind im Internet abrufbar und individuell zusammenstellbar. Einerseits eine Kundenorientierung erster Klasse, andererseits verbirgt sich dahinter eine geschickte Kostenreduzierung, die ein ökonomisches Umgehen mit knappen finanziellen Ressourcen beschreibt. Die neuen Technologien bergen vielfältige neue Möglichkeiten und bedürfen auch hier der künstlerischen Kreativität einhergehend mit rationaler Wirtschaftlichkeit.
Kultur- und Medienmanager müssen Wegbegleiter der Wirtschaft, der Kultur, der Politik und der Medien werden. Sie können der Wirtschaft dabei helfen, ihr corporate citizenship – ihre Verbindung zur Gesellschaft – zu planen und zu realisieren. Der Kultur können neue Wege und Instrumente zur Finanzierung und dem Umgang mit knappen Ressourcen aufgezeigt werden. Politischen Instanzen sollte die Betriebsführung von Kultureinrichtungen näher gebracht werden und den Medien stehen Kultur- und Medienmanager als neutrale Ansprechpartner zur Verfügung in Bezug auf Verhältnismäßigkeiten im gesellschaftlichen Gefüge.
Das Institut der Zukunft
Wo werden diese multimedialen Kultur- und Medienmanager der Zukunft ausgebildet, die der Kultur realisieren, den Unternehmen präsentieren und den Hochschulen regieren helfen? Das Institut für Kultur- und Medienmanagement der Zukunft muss meiner Ansicht nach genau diese Vielfältigkeit aufweisen. Fundierte Theorie in Kultur und Wirtschaft, weitreichende Praxisbezüge, wissenschaftliche Forschung, die in realer Beratung umgesetzt wird und Publikationen, die Ausbildung und Praxis unterstützen. Es muss sich kulturpolitisch positionieren und aktiv das Verhältnis zwischen Kultur und Wirtschaft gestalten.
Nur wenn all diese Bereiche in Zukunft noch enger miteinander verknüpft und noch ganzheitlicher miteinander verwoben werden, kann der junge Bereich des Kulturmanagements das erreichen, was er zu erreichen fähig ist.