Das gab es beim vom Tonkünstlerverband veranstalteten Konzert am 23. Oktober 2023: In der Reihe „Komponisten in Bayern“ war das Programm „Max Beckschäfer & friends“ im gut besetzten Rubinstein-Saal des Steinway-Hauses München zu erleben.
Ein Füllhorn voll Musik
Max Beckschäfer hatte die Programmidee, mehrere Komponistenkollegen, die alle wie er Schüler in der Komponistenklasse von Wilhelm Killmayer waren, zu einem Programm zusammenzufassen.
Das Konzert wurde eröffnet mit den Klavierminiaturen „Munin & Hugin“ von Rudi Spring. Die musikalische Charakterisierung der beiden Raben Odins war hörbar: Munin geheimnisvoll raunend, Hugin deutlich heftiger krächzend.
Es folgten zwei Uraufführungen von Werken Beckschäfers: eine Sonatine für Klavier sowie ein Liederzyklus nach französischen Gedichten von Rilke. Beide Werke wurden am Klavier vom Komponistenkollegen Kay Westermann interpretiert, der sich als äußerst wandlungsfähiger Pianist zeigte. Virtuos wechselte er von der solistischen Aufgabe der Sonatine zur „Begleitung“ der Sängerin im Liederzyklus. Bei den Kompositionen Beckschäfers kann man keineswegs von untergeordneter Klavierbegleitung sprechen, da bei ihm das Klavier ein gleichberechtigter Partner der Singstimme ist, dennoch muss ein Pianist auf Sänger eingehen können, was hier perfekt gelungen war. Die Sopranistin Anna-Lena Elbert macht es einem „Begleiter“ allerdings leicht, denn sie hat eine schöne, in allen Lagen gut ansprechende und ausgebildete Stimme, die sich auf jeden Fall gut und sicher präsentiert.
Im zweiten Teil des Programms war noch eine weitere Uraufführung von Beckschäfer zu hören: „Campo San Polo“, ein Liederzyklus nach Texten von Harald Hartung für Bariton und Klavier. Dieser Liederzyklus beschreibt das düstere, also nicht-touristische Venedig. Hier wird deutlich, wie sehr Beckschäfer ein Meister der verhangenen Stimmungen ist. In wechselnden Nuancen wird die morbide Seite der Stadt dargestellt. Diese Nuancen müssen durch die Ausführenden deutlich werden. Mit Amadeus Wiesensee war ein weiterer Pianist des Abends zu hören, der die unterschiedlichsten klanglichen Anforderungen bewältigte. Ein kongenialer Partner war ihm der Bariton Ansgar Theis, der eine Stimme mit angenehmem Timbre mitbringt, die in allen Lagen mühelos anspricht und ihm eine ausgezeichnete Textverständlichkeit ermöglicht. – An dieser Stelle sei erwähnt, dass man jedem Komponisten solche Interpreten wünschen möchte, die sich mit so viel Genauigkeit um neue „unerhörte“ Werke bemühen. Alle vier Ausführenden dieses Abends sind damit gleichermaßen gemeint.
Auch wenn die Werke von Max Beckschäfer die Hauptsache waren, weil er das Motto des Konzerts lieferte, kann man doch sagen: das war noch längst nicht alles.
Da war noch die Sonatine für Klavier von Lutz Landwehr von Pragenau, die zunächst übliche Hörgewohnheiten zu bedienen scheint. Voll Spielfreude zeigte Amadeus Wiesensee, wie sich die Musik überraschend ändert.
Vor der Pause kam der verstorbene Großmeister Wilhelm Killmayer zu Wort mit einem seiner Nocturnes für Klavier. Kay Westermann stellte durch sein Spiel eindrücklich dar, wie sehr Killmayer die Bedeutung des einzelnen Tons einschätzte und welche Wirkung von einem dynamischen Aufbau ausgeht. Von Killmayers Schülern waren Ausschnitte aus zwei Klavierwerken zu hören: von Markus Schmitt aus „Tre sonate galanti“, was sich von barocken Klangeindrücken zu neuen Effekten wandelt und von Fredrik Schwenk, der sich in seinen „Neuen Kinderszenen“ bezüglich der Überschriften direkt auf Robert Schumann bezieht. Nun muss man nicht befürchten, dass es sich bei ihm um eine billige Schumann-Paraphrase handelt, wenn er ein Stück „Träumerei“ nennt. Er findet zu einer ganz eigenen Gestaltung, die Kay Westermann als Interpret eindrucksvoll deutlich macht.
Ich komme zum Schlussstück. Dies war eine weitere Uraufführung, diesmal ein Werk des an diesem Abend so vielseitig beschäftigten Kay Westermann. Es ist ein Liederzyklus für Sopran, Bariton und Klavier nach Texten von R. L. Stevenson. Das Werk stellt hohe Anforderungen an alle Ausführenden, sowohl in dynamischer Hinsicht, als auch, was die extremen Lagen der Singstimmen betrifft. Dass es schwierig in der Ausführung ist, merkt man der Spielfreude der Ausführenden (Anna-Lena Elbert, Ansgar Theis, Amadeus Wiesensee) nicht an. Auf diese Weise wurde diese Uraufführung zum schmissigen „Rausschmeißer“ aus dem Konzertprogramm.
Im Anschluss an das Konzert wurden bei Max Beckschäfer Überlegungen laut, ob das Programm nicht zu lang gewesen sei. Nein, es war sehr abwechslungsreich, da man durchweg eher kompakt-kurze Stücke zu hören bekam. Was hätte man weglassen sollen? Ich weiß es nicht…
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