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Spannend, nachdenklich, komisch, merkwürdig, besonders

Untertitel
one minute here… – audiovisuell coroneskes Musikprojekt des ABK (Arbeitskreis Bremer Komponisten und Komponistinnen e.V.)
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Der Arbeitskreis Bremer Komponisten und Komponistinnen e.V. (ABK) reagiert auf den durch die Covid-19-Pandemie verursachten Ausnahmezustand mit einem ganz besonderen Medienkunstprojekt, angeregt von Johannes W. Schäfer, konzipiert und koordiniert von Alexander Derben. 40 Minimal-Videos beleuchten in Zeitlupe einen Ort, eine Situation, ein Geschehen während des Shutdowns für die Dauer von je einer Minute, Bremer Komponistinnen und Komponisten erschaffen dazu exklusive musikalische Miniaturen jeglicher Couleur.

Ein häufig wiederkehrendes Motiv der visuellen Kleinode: Wasser. Außerdem: Menschen, oder das offensichtliche Fehlen derselben an Orten, die üblicherweise vor Geschäftigkeit brummen und jetzt einen unwirklichen Dornröschenschlaf zu halten scheinen.
Dabei fällt auf: Die Zeitlupe, natürlich. Die Corona-Pandemie zwingt uns in eine Langsamkeit, die wir erst wieder üben müssen. Das schürt vielleicht die ein oder andere Panik, aber das gibt auch – endlich! – Raum für Details und deren intensivierte Wahrnehmung mit allen Sinnen. Der eingeschränkte Blick – sei es durch leicht hysteriebedingten Tunnelblick oder die ungewohnte Maske – lässt uns bei kleinsten Dingen verweilen. Das Gehör zieht nach, gleicht die vermeintlich eingeschränkte Sicht aus, und dann fehlen da eine Menge gewohnter Alltagsgeräusche, die unser Hörvermögen abgestumpft haben, Flug- und Straßenverkehr, aber auch Lachen, Kinder auf Schulhöfen und Spielplätzen.

Ähnlich wie wir zu Beginn der Pandemie verstört unsere Köpfe zwischen die Schultern geklemmt und Blicke im Vorbeigehen auf Mitmenschen vermieden haben, suchen einige der Künstler den Blick auf Mitmenschen nur indirekt, über ihr Spiegelbild im Wasser, reduziert auf schwarz-weiße Schatten, verschwommen.

Beobachten, neu durchdenken; nicht aufgeben, sondern aufpassen; Situationen einfangen, denen die Beschränkungen durch Corona eine ganz neue Bedeutung geben, Schlagwörter symbolisch übersetzen:

In wöchentlichen Vor-Premieren stellt der ABK seit 31. Mai 2020 jeden Sonntag um 20 Uhr zwei neue Werke auf  YouTube vor. Im Rahmen der alljährlichen Bremer Hausmusikwoche werden zur Uraufführung alle Werke auf großer Leinwand präsentiert (Details ab November 2020 unter
www.dtkv-bremen.de). Das Gesamtkonzept beinhaltet außerdem eine Ausschreibung für die Teilnahme der Kompositionsklassen der HfK Bremen – es sollen bis zu drei Werke von Student*innen ansprechend präsentiert werden.

Wer eine der Vor-Premieren verpasst, darf getröstet sein: Die Werke bleiben auch nach der Premiere online verfügbar. Im August übrigens ist Sommerpause – die nächste Online-Premiere ist am Sonntag, den 6. September 2020.

Projektseite: www.abk-ev.de

Teilnehmende Komponistinnen und Komponistinnen des ABK: Siegrid Ernst, Johannes W. Schäfer, Juan Maria Solare, Ezzat Nashashibi, Stefan Lindemann, Alexander Derben, Studenten der HfK sowie einige Gastfotografinnen und Fotografen aus aller Welt. Alle Urheberrechte und Abbildungen 2020 @ abk-ev.de/aldemedia.com

Der Arbeitskreis Bremer Komponisten und Komponistinnen e.V. (abk) fördert das gegenwärtige Musikschaffen in seinen unterschiedlichen Formen und Stilrichtungen durch Konzerte, Klanginstallationen, Workshops und fachbezogene Vorträge und durch die Unterstützung junger Komponistinnen und Komponisten. Der ABK konzipiert mit Kooperationspartnern Projekte zu aktuellen Anlässen und für ausgewähltes Zielpublikum. Die Offenheit der Mitglieder des ABK sowie die undogmatisch gehandhabte Stilpluralität jenseits aller Schubladenetikettierungen ermöglichen ein Höchstmaß an kreativen Impulsen. In Zeiten einer medialen Verflachungsflut sieht der ABK die Notwendigkeit einer spezifisch künstlerischen Arbeit jenseits ausgetretener Mainstream-Pfade. Der ABK ist Mitglied im Landesmusikrat Bremen und Netzwerkpartner bei Klangpol – das Netzwerk Neue Musik.

Der Arbeitskreis stellt sich vor:

Siegrid Ernst: Gründungsmitglied des ABK. In Ludwigshafen am Rhein aufgewachsen, studierte in Heidelberg, Frankfurt und Wien. Als Pianistin galt ihr besonderes Interesse zeitgenössischer Musik in Solo- und Kammermusikbesetzungen, unter anderem im Klavierduo mit Konrad Meister. Doch bildete die kompositorische Arbeit in zunehmendem Maß den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit. Kurse für Neue Musik in Darmstadt, Donaueschingen und Paris gaben dazu wichtige Anregungen. Es entstanden Werke für Streicher, Bläser, Klavier, Liederzyklen, Kantaten, Orchestermusik, Spielmusiken für Kinder und im Zusammenhang mit anderen Kunstsparten Improvisations- und Performancekonzepte. Aufführungen im In- und Ausland, Rundfunkproduktionen, CDs, zahlreiche Artikel und Ehrungen belegen die hier wachsende Resonanz.

Stefan Lindemann: Studium an der Hochschule für Künste Bremen, Komposition bei Prof. Luciano Ortis, Norbert Fröhlich, David Kosviner und Prof. Younghi Pagh-Paan. Stipendiat und Preisträger, zuletzt bei der 1. Saarbrücker Komponistenwerkstatt 1999 und dem 2. Bremer Komponistenwettbewerb 2000. Er versucht zwischen Avantgardetechniken und dem Zuhörer zu vermitteln. Fasslichkeit und Prägnanz sind wichtige Begriffe. Hierbei steht der Rhythmus als Brückenelement häufig im Vordergrund. Solowerke, Kammermusik, Orchesterkompositionen, Lieder, Bühnen- und Schauspielmusiken.

Ezzat Nashashibi: deutsch-palästinensischer Herkunft, studierte Komposition an der Hochschule für Künste Bremen bei Younghi Pagh-Paan und David Kosviner, Klavier bei Luciano Ortis und Klaus Sterbies und Elektronische Musik bei Georg Bönn. Er arbeitet für diverse Theater- und Musik-Ensembles, begleitet regelmäßig Stummfilme und hat Auftritte und Aufführungen im In- und Ausland, in Rundfunk und Fernsehen. Seine Kompositionen wurden bei Wettbewerben in Berlin und Bremen ausgezeichnet. Kompositorisch interessieren ihn offene Systeme, die viel Raum für Überraschendes lassen. Daher finden in vielen seiner Stücke Prozesse statt, die auf Eigenzeit, auf Selbstorganisation oder auf körperlichen oder sozialen Vorgängen beruhen. Die Ausführenden finden oft erweiterte Entscheidungsspielräume vor. Das musikalische Vokabular umfasst dabei häufig Mikrotonalität, Geräusche und Elektronische Klänge. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit liegt im Bereich der verbundenen Musik, also Musik mit Film, Theater, Bildender Kunst und Tanz.

Johannes W. Schäfer: 1. Vorstandsvorsitzender des ABK. Musikalische Ausbildung über Violine, Gitarre, Posaune zum Kontrabass. Erste Kompositionen in der Schulzeit Ausbildung und langjährige Berufsausübung als staatlich anerkannter Heilerzieher. Studium der Musikwissenschaft an der Universität Bremen. Kompositionsstudium als Autodidakt und bei Prof. Erwin Koch-Raphael in Bremen. Hauptinstrument: Kontrabass – daneben Violoncello, Klavier, Gitarre. Arbeitet als freischaffender Komponist und Musiker in verschiedenen Jazzformationen, Orchestern und Ensembles. Sein Schwerpunkt in der Elektronischen Musik bildet das weite Feld der Modularsynthese.

Alexander Derben beschäftigt sich vor allem mit audiovisueller Komposition. Künstlerische Ausbildung an der HfK Bremen (1998). Konzerte, Aufführungen und Präsentationen in Ensembles und als Solist auf internationalen Musik- und Medienkunstfestivals etwa bei Signes de Nuit Paris, Festival International des Musiques et Créations Electroniques IMEB Synthèse (FR), Musique & Recherches Brussels (BE), beim IFCT Los Angeles und Washington (USA) sowie in St. Petersburg (RU) im Art Center Pushkinskaya 10 und bei der Foundation Destellos im Museum of Contemporary Art in Mar del Plata (ARG). Award des IFCT-Festivals USA (2008) für die beste audiovisuelle Komposition „Work In Progress“. Premiere und TV-Sendung der AV-Komposi­tion „Post Humanity Survival“ auf dem 10th Festival International Signes de Nuit Paris (2012). New Music Award für die audiovisuelle Komposition „Wasserwerk“, Christoph & Stephan Kaske Stiftung/nmz 2018).

Juan María Solare: Argentinien, lebt in Bremen. Die stilistischen Elemente seines musikalischen Œuvre schließen eine Tendenz zur Aphoristik, eine Quote unbestechlicher Melancholie, eine Dosis von Ironie und Humor (verbunden mit dem surrealistischen Absurden und dem Magischen Realismus) und ein sich Sehnen nach dem Erhabenen ein. Seine Musik erkennt Einflüsse von so unterschiedlichen Quellen wie Piaz­zolla, Stockhausen, Barlow, Liszt (spätes Werk), The Beatles und argentinischer Rockmusik. Komponiert hat Solare über 300 Werke, die europaweit aufgeführt und vom Rundfunk gesendet werden (Berlin, München, Amsterdam, Graz, Genf, Madrid, London, Sevilla, Seinäjoki, Istanbul, Buenos Aires, New York …). Repräsentative Gattungen: experimentelle Kammermusik, Elektroakustik, Tangomusik, Filmmusik, Klavier-Solos. Zwölf CDs von diversen Interpreten beinhalten mindestens ein Werk von Solare.

 

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