Hier kommt man aus dem Hören und Staunen gar nicht mehr heraus: Bei der dritten Auflage des Festivals Kammermusik! war das Publikum noch größer, das Programm noch bunter, das Konzept noch erstaunlicher und der Erfolg einfach großartig. Da erscheint es nur folgerichtig, dass die Stadt Würzburg das Festival inzwischen mit ihrem Kulturförderpreis ausgezeichnet hat.

Staunen mit dem Monet-Quintett. Foto: Katharina Gebauer
Und dann und wann ein weißer Elephant
Dieses Mal lag der Fokus auf den Bläsern. Und was passiert, wenn Kammermusik nicht aus der idealisierten Perspektive des Streichquartetts, sondern vom Bläserquintett aus angehört wird?
Statt des Tonsatzes der gepflegten Konversation definieren die Bläserklänge mit burlesken Spielen und imaginären Maskenbällen die kammermusikalische Innenwelt: Play!, Maskerade und Divertimento skizzierten die programmatischen Räume, die alles zusammenhielten. Zusammen mit einem Nachtkonzert, bei dem es um ernstere Gedankenspiele ging, wurden die klug gedachten Programme wieder von Studierenden der Musikwissenschaft im Programmheft begleitet.
Die besondere Signatur des Festivals setzte dieses Mal das fabelhafte Monet-Quintett, das in unterschiedlichen Konstellationen von burlesk-virtuosen Solo-Figuren bis zur Simulation eines kompletten Orchesters zauberhafte Klangwelten in die Luft zeichnete.
Jaromir Kostka (Violoncello) und der Pianist Jonas Gleim unterstützten und setzten ihre Kontrapunkte darunter. Die beiden Spiel-Meisterinnen selbst, Theresa Maria Romes (Sopran) und Marie-Thérèse Zahnlecker (Klavier), entführten das Hören zurück auf das Kind im Menschen und haben Mussorgskys Zyklus Kinderstube mit kindlich-szenischer Unmittelbarkeit und gestischer Prägnanz auf die Freuden und Tragödien des Kinderlebens hin durchsichtig gemacht.
Als Ausgangspunkt war das Verhältnis von Mechanik und Spiel gesetzt: Zwei Mozart-Fantasien für ein mechanisches Uhrwerk erklangen im Bläserquintett und vom Klavierduo auf zwei diametral unterschiedliche menschliche Klangkörper rückübertragen, eine Spieluhr mit Musik von Karlheinz Stockhausen machte dazwischen den Ohrenkitzler.
Das Spiel von Zeichnung und Farbe setzte sich im Vergleich fort: Drei Sätzen aus Stravinskys Pétrouchka, reduziert zum abstrakten Ballett und als Zirkus für vier Hände am Klavier und dargestellt im ersten Konzert vom Onyx Klavierduo, stellten sich im letzten Konzert Till Eulenspiegels lustige Streiche von Richard Strauss gegenüber, als sei das genuine Kammermusik für die Monets und Klavier.
Im Innersten des Festivals stand der Komponist Henrik Ajax, der neben einer feinen Instrumentation von Chaplins Smile und seinem explorativen Bläser-Quintett Hapaxlegomenon eine eigens ins Konzept des Festivals komponierte Uraufführung beisteuerte: eine Vertonung von Rilkes Gedicht Das Karussell für Sopran und Kammerensemble, die mit ihrem Ohr- und Drehwurm-Zauber die Grenze zwischen Mensch und Welt zum Flirren brachte: und dann und wann – und sicher sehen wir uns wieder im nächsten Jahr bei Kammermusik!
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