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Kreativer Kopf: Valentin Ruckebier
Kreativer Kopf: Valentin Ruckebier
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Maßanfertigung für Trash-Ensemble

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Bundespreisträger erhält Kompositionsauftrag
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Der 15-jährige Valentin Ruckebier aus Remscheid ist Preisträger des Bundeswettbewerbs Komposition der JMD. In diesem Jahr bereits zum vierten Mal. Die JMD hat ihn „gescoutet“ für eine andere Fortsetzung der Förderung. Und er war offen und neugierig, eine extreme Sache zu machen: So erhielt er zu Beginn des Jahres den Auftrag, für die „Bundesbegegnung Schulen“ ein Stück zu komponieren – für Schüler-Trash-Ensemble und Musiker der Rheinischen Philharmonie Koblenz. Die Uraufführung seines Werkes wird am 9. Juni 2013 um 12 Uhr in der Rhein-Mosel-Halle in Koblenz stattfinden.

Jeunesses Musicales Deutschland: Ein Trash-Ensemble und Profimusiker, die gemeinsam musizieren – wie bringst Du diese beiden Gruppen in Deiner Komposition unter einen Hut?

Valentin Ruckebier: Genau das ist die Schwierigkeit und die eigentliche Herausforderung, die ich sehr faszinierend finde. Denn die Musiker des Trash-Ensembles haben eine Auswahl an Rhythmen, die sie spielen können und aus der ich auswählen kann. Diese Auswahl ist zwar sehr groß, aber eben nicht unbegrenzt. Hingegen können die Profis nach Noten natürlich nahezu alles spielen. Das heißt, ich fing zunächst mit der Trash-Stimme an, um ein „Maß“ zu haben, nach dem ich mich richten kann, und dann erst schrieb ich die restlichen Stimmen. Das ist ein bisschen so, als wäre ich ein Schneider. Ein Schneider muss ja auch zunächst den Körper kennen, bevor er anfängt, auf diesen nach Maß ein Kleid zu schneidern. In meinem Stück bildet das Trash-Ensemble mit den Rhythmen also quasi den Körper, und die „richtigen“ (klassischen) Instrumente legen sich darum wie eine Kleidung. Das klanglich zu versuchen umzusetzen, war und ist sehr aufregend und interessant.

JMD: Wie würdest Du Deine Musik-richtung bezeichnen? Gibt es typische „Stoffe“ oder „Schnittmuster“, mit denen Du arbeitest?

Ruckebier: Ich kann meine Musik keiner Musikrichtung zuordnen, weil ich grundsätzlich offen für alle Kompositionsstile bin. Mein persönlicher Stil verändert sich ständig. Vielleicht gibt es einige Konstanten, die immer wiederkehren, aber nicht eindeutig zu beschreiben sind. Aber mir ist ganz wichtig, dass die Musik immer eine „Seele“ hat egal in welchem Stil sie sich bewegt.

JMD: Fühlt es sich anders an, mit einer Komposition „beauftragt“ zu sein, als frei und ohne festen Abgabetermin zu schreiben?

Ruckebier: Der Unterschied ist nicht so groß, da ich fast immer ein zeitliches Limit habe, sei es, dass ich für einen Wettbewerb schreibe oder ein Konzerttermin schon feststeht.

JMD: Eine musikalische Idee aufs Notenpapier übertragen, wie funktioniert das?

Ruckebier: Das ist ja gerade das Schwierige. Oftmals reichen die Möglichkeiten auf dem Papier nicht aus, um die Klangvorstellungen exakt zu notieren. Da muss man viel ausprobieren und sich langsam annähern.

JMD: Was ist der größte „Spaßfaktor“ beim Komponieren?

Ruckebier: „Die Stunde der Vollendung“ – die liebt jeder Künstler. Auf sein fertiges Werk zu schauen, alles noch mal durchzusehen, keinen Fehler und keine Verbesserungsmöglichkeit zu finden und sagen zu können: „Ich bin fertig“. Außerdem kann man seine Freiheit ausleben, mit Klängen zu spielen, sie zu verknüpfen und neue zu erschaffen.

JMD: Wie erlebst Du die Kompositionswerkstatt Schloss Weikersheim?

Ruckebier: Intensiv mit meinen und anderen Stücken beschäftigt zu sein, das Treffen von Gleichgesinnten insbesondere meines Alters, der enge Kontakt mit den Lehrern und Professoren, das große Engagement der Musiker, die unsere Stücke spielen – das ist schon toll.

JMD: Kannst Du Dir vorstellen, später auch beruflich musikalisch kreativ zu sein?

Ruckebier: Auf jeden Fall! Am liebsten als Dirigent – und natürlich auch als Komponist. Aber es reizt mich auch, an einer Musikschule eine Kompositionsklasse zu gründen oder in einem Filmstudio im Musikbereich tätig zu sein.

JMD: Was ist Dein Lieblingsklang im Alltag?

Ruckebier: Also, generell alles, was quietscht oder kreischt – ob es eine Kettensäge ist oder bremsende Reifen oder Fingernägel auf einer Tafel ... Ganz besonders mag ich den Klang, wenn man mit einem Finger über eine angefeuchtete Glasscheibe fährt. Dieses Klangphänomen habe ich in mein Stück „Spiegelungen“ eingebaut. Aber es gibt noch viele andere tolle Klänge. Auch ein tiefes Brummen, wie zum Beispiel vom Kühlschrank oder von einem Transformator, kann beeindruckend sein. Ich habe in Weikersheim ein paar junge Komponisten kennengelernt, die sich einfach von Klängen aus dem Alltag inspirieren ließen, also spazieren gingen und jeden tollen Klang aufschnappten und sich merkten – um ihn vielleicht später in das ein oder andere Stück einzubauen. Auch das ist ein Reiz beim Komponieren – die gesamte Welt des Klangs und der Musik in den eigenen Stücken widerzuspiegeln und vielleicht sogar noch zu erweitern.

Die Fragen stellte Käthe Bildstein

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