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Jugendliche sitzen in einigen kleinen Gesprächsrunden in einem Gruppenraum zusammen. Manche auf Stühlen, einige auf dem Boden. Alle mit Notizen vor sich.

Zu merken und anzuerkennen, wie unterschiedlich die Meinungen und Vorstellungen sind – auch das war sicherlich ein erster Ahaeffekt für die LJOler. Foto: JMD

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Testballon mit reichlich Ideen

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Workshop für ein aktives Miteinander im Orchester
Vorspann / Teaser

Bei seiner Probenphase in der Musik­akademie Schloss Weikersheim im August holte sich das Landesjugend­orchester Sachsen-Anhalt in einem „Partizipations“-Workshop der JMD reichlich Diskussionsstoff, neue Denkbewegung, Gruppendynamik und konkrete Ideen für eine lebendige Orches­tergemeinschaft. 

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Im Jugendorchester gibt es einen permanenten Wechsel, ältere Mitspieler verlassen das Ensemble, jüngere Orchesterneulinge kommen dazu. Noch dazu treffen in einer großen Gruppe zwar Musikbegeisterte aber eben auch sehr verschiedene, lautere oder leisere Instrumente und Temperamente aufeinander. Da ist es eine fundamentale Aufgabe, nicht nur organisatorisch für Klarheit zu sorgen und dafür, dass alles „funktioniert“, sondern auch, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie es gelingen kann, eine freundschaftliche Gemeinschaft zu schaffen. Charlotte Tauber, seit 2022 Managerin des LJO Sachsen-Anhalt, und Dirigent Tobias Engeli wollten mit den in diesem Punkt noch unerfahrenen Jugendlichen ihres Orchesters einen offenen Diskussionseinstieg in das Thema machen und buchten bei der JMD einen entsprechenden Input – und erhielten auch selbst ein interessantes vielstimmiges Meinungsbild zu der Frage, welche Inhalte es hierbei an die jungen Musiker*innen weiterzuleiten und anzuleiten gilt.

Dozent des dreistündigen Workshops war Niklas Woebs, nicht nur alterstechnisch dicht dran an den Jugendlichen. Er hat selbst jede Menge eigene praktische Erfahrung aus seiner Zeit als Musiker und als Mitglied im Vorstand des Jugendsinfonieorchesters Bremen und begeistert sich nun seit einigen Jahren neben seinem Studium der Informatik umso mehr für das Vermitteln von wichtigen Themen zur Teilhabe in Jugendorchestern. In unterschiedlichen Erfahrungs- und Diskussionsformaten und wechselnden Gruppen ermöglichte er den insgesamt 80 (!) Workshop-Teilnehmer*innen eine erste Annäherung. Im Mittelpunkt standen dabei immer die Jugendlichen selbst. Mit welchem Selbstverständnis möchte ich als Mitspieler*in Teil der Gemeinschaft sein? Was heißt es, zukunftsorientiert für das Orchester zu handeln? Welche Möglichkeiten gibt es und finden wir gut, dass wir als Orchestermitglieder auch über das Musizieren hinaus aktiv mitwirken?

Schnell zeigte sich, dass dies durchaus auch unbequeme Fragen sind. In der vertrauensvollen Atmosphäre und im geschützten Rahmen des Workshops trauten sich die Jugendlichen, sich mit für sie neuen Möglichkeiten zu beschäftigen, die eigene Komfortzone zu verlassen und auch ihre teilweise damit verbundenen Ängste zu benennen. Unter der Überschrift „Aktives Handeln“ gab es motivierende Gruppenspiele, Brainstorming und Austausch der Orchestermitglieder in kleineren Gruppen und in großer Runde.

Der Fokus lag auf den Wünschen der Jugendlichen. Die vielen kreativen Ideen, die plötzlich im Raum waren, griff Niklas Woebs auf und machte Formulierungsvorschläge, wie sich manches davon konkret umsetzen lassen könnte.

Dabei gelang ihm ein geschickter Übergang zwischen der Vermittlung eigenen Wissens und einer klaren Veranschaulichung. Schnell ging es in Transferaufgaben über, die die Jugendlichen mutig angingen und meisterten. Hilfreich war auch der Hinweis, dass es sinnvoll sein kann, zunächst in kleinen Aufgabenfeldern Selbstverantwortung zu übernehmen und ein Verständnis für unterschiedliche Rollen zu entwickeln. Für die Teilhabe und ein Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen interessierte die Jugendlichen besonders die Formulierung von Änderungsvorschlägen für die zukünftige Arbeit.

Inzwischen hat das Orchester drei Jugendliche gewählt, die die Interessen der Orchestermitglieder hören und artikulieren sollen. Ein erster Testballon!

Wie wird das LJO die Kommunikation zwischen Orchestermitgliedern, „Sprecher*innen“ und Management gestalten? Werden künftig vielleicht auch einzelne Gruppen zu Themen oder Vorhaben des Orchesters arbeiten? Vieles lässt sich ausprobieren, manches ist für die Mitglieder des LJO-Sachsen-Anhalt im Augenblick noch zu erkundende Zukunftsmusik. Genau darum ging und geht es: um eine gemeinsame Konzept­entwicklung für die zukünftige Orches­terarbeit. In jedem Fall wird ab sofort bei jeder Arbeitsphase des LJO ein Forum stattfinden, in dem alle Themen auf den Tisch kommen, gemeinsam besprochen und diskutiert werden.

Mit Begeisterung und Stoff zum Drüber-Nachdenken und -Reden verließen die Orchestermitglieder den Raum, motiviert, sich nun verstärkt und mit größerem Selbstbewusstsein im eigenen Orchester zu engagieren. Auch das Leitungsteam des LJO sah sich bestätigt, den begonnenen Prozess weiterzuführen und sensibel anzuleiten.

Die JMD wird ihre Aktivitäten zum Thema „Partizipation“ mit Fortbildungsangeboten sowohl für Jugendorchestermitglieder als auch -Leiter*innen in den kommenden Monaten weiterentwickeln. Die Workshops werden inhaltlich wandel- und skalierbar und nach Absprache auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt sein.

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