In diesem Jahr hat die Deutsche Gesellschaft für Schulmusik (DGS) zum zweiten Mal den Deutschen Schulmusikpreis verliehen. Ausgezeichnet wurden zwei Schulen mit schulmusikalischen Konzepten, die entweder ein vielfältiges musikalisches Schulleben fördern oder durch ihre Arbeit nachhaltige Vernetzungen über die Schule hinaus anstoßen. In dieser und der vorausgehenden Ausgabe stellen die beiden Preisträgerschulen ihre Konzepte als Best-Practice-Beispiele vor.

Die Rock-/Soulband „The GEOrge“ bei einem ihrer Auftritte. Foto: Helge Adler
Musikalische Vielfalt und hohes Niveau
Das Gymnasium Eversten Oldenburg (kurz: GEO) wird für seine musikalische Vielfalt und für sein hohes musikalisches Niveau ausgezeichnet. Die Jury ließ sich von dem vielseitigen Konzept von Schulmusik am GEO überzeugen. Dabei stellten die Juroren fest: „Das Musikleben an der Schule beeindruckt durch große Bandbreite, stilistische Vielfalt und ein außerordentlich hohes musikalisches Niveau.“ Und weiter: „Hervorzuheben ist, dass es sich nicht um ein musisches Gymnasium handelt, Musik ist weder Kern- noch Schulaufgabenfach.“ Einen wesentlichen Faktor sah die Jury vor allem in der „bemerkenswerten Teamleistung der beteiligten Lehrkräfte“.
Hausinterne Musikschule
Das Konzept ist über drei Jahrzehnte gewachsen. Chöre, Instrumentalensembles und ein Orchester gab es schon lange, dann rief die damalige Leiterin des Musikbereichs, Irene Dick, die GEO-Musikschule ins Leben: Am Nachmittag sollten interessierte Schüler:innen die Gelegenheit bekommen, ein Instrument zu lernen. Es startete mit dem Angebot von zwei Instrumenten: Trompete und Horn. Mittlerweile haben die Schüler:innen des GEO ein Angebot von neun Instrumenten verschiedener Bereiche (Geige, Cello, Querflöte, Klarinette, Schlagzeug, Saxophon, Trompete, Posaune und Gitarre). Die Ausbildung an so unterschiedlichen Instrumenten ermöglichte langfristig die Entwicklung einer vielseitigen Schulmusik, die mittlerweile durch zwei Orchester, zwei Bigbands und eine Rock-/Soulband bestimmt wird. Dazu kommen zwei Chöre: einer für die jüngeren Jahrgänge und einer für die Klassen 7 bis 13. Insgesamt wirken zurzeit in den Musikensembles am GEO über 160 Schüler:innen mit.
Die Musikfachgruppe des GEO stand bereits mehrfach vor der Frage, ob eine Neuausrichtung sinnvoll sei. Der Leiter der damals neu gegründeten Bigband blickte dabei mit gewisser Wehmut auf die voll besetzten Ensembles anderer Schulen, die meist auf eine eigene Bläserklasse zurückgreifen konnten – und damit auf einen deutlich größeren Pool an talentierten Musikerinnen für ihre Bläser-Sections. Am GEO hingegen bestand die Bigband anfangs nur aus sieben Schüler:innen, weshalb sie kurzerhand in „Jazz Ensemble“ umbenannt wurde.
Bewusste Entscheidung gegen Profilklassen
Das GEO hat aber an dem Vielfältigkeitsgedanken festgehalten und sich bewusst gegen Profilklassen (Bläser-, Streicher- oder auch Orchesterklassen) entschieden. Über das Musikschulmodell haben sich über die Jahre immer mehr gute Musiker:innen herausgebildet, die hochmotiviert ihr Instrument gelernt haben, um im Anschluss in einem der GEO-Musikensembles mitspielen zu können.
Das Musikkonzept sieht nämlich einen zentralen Punkt vor: Freiwilligkeit. Anders als in Profilklassen gibt es hier keine Zensuren. Es wird den Schüler:innen nicht vorgeschrieben, welche Instrumente sie lernen sollen. Wenn man bereits in der Grundschule angefangen hat, ein Instrument zu spielen, kann man es hier fortsetzen. Es ist jedem freigestellt, jederzeit aufzuhören – oder neu zu starten. Eventuell lässt sich hierüber die hohe Motivation der Schüler:innen in den Ensembles und die für Schulniveau sehr hohe musikalische Qualität erklären.
Differenziertes Ensemblekonzept
Das Musikkonzept des GEO sieht ebenfalls das Modell von Einstiegs- und weiterführenden Ensembles vor. Nachdem ein Instrument über einen gewissen Zeitraum an der GEO Musikschule gelernt wurde, können erste Erfahrungen im gemeinsamen Zusammenspiel in der „Junior Bigband“ oder dem „Junior Orchester“ gemacht werden. Durch die bereits beschriebene hohe Motivation bei den Schüler:innen ergibt sich schon hier eine beeindruckende musikalische Qualität.
In das (große) „GEOrchester“ kommen dann Instrumentalist:innen, die bereits einiges an Erfahrung aufweisen und dort ein vielfältiges Programm neben „klassischen“ Stücken über Filmmusik bis hin zu Stücken des Swings spielen können. Nachdem Schüler:innen in der Junior Bigband einige Zeit gespielt haben, gibt es am GEO zwei weiterführende Bands. Das bereits beschriebene Jazz Ensemble kann sich durch einen enormen Zulauf nun wieder „Bigband“ nennen und begeistert das Publikum unter dem Namen „Jazz We Can“ bei diversen Auftritten in und außerhalb der Schule mit ordentlich Dezibel und jeder Menge Groove. Die andere weiterführende Band ist die Rock-/Soulband „The GEOrge“, die mittlerweile von der Größe her als „Big Rock-/Soulband“ bezeichnet werden könnte. Die Band hat im Schuljahr sehr viele Auftritte auch außerhalb der Schule und verfügt durch diese Erfahrung über eine enorme Bühnenpräsenz, sodass das Publikum nicht nur hörend mitgerissen wird.
Fokus gemeinsames Singen
Im Bereich der Chöre manifestiert sich dieses Konzept ebenfalls. Bereits am ersten Schultag am GEO in der 5. Klasse lernen die Schüler:innen den „GEO-Song“, indem zwei Musiklehrer:innen durch alle Klassen gehen und diesen mit ihnen (quasi als Aufnahmeritual) einstudieren. So wird gleich zu Anfang der Spaß am gemeinsamen Singen vermittelt und gleichzeitig Werbung für den Chor der 5. und 6. Klassen („GEO Youngstars“) gemacht, an dem regelmäßig an die 50 Schüler:innen teilnehmen. Die Fortführung stellt der Chor der Jahrgänge 7 bis 13 („GEOsonics“) dar. Wer diesen Chor einmal gehört und gesehen hat, weiß, wie sich Begeisterung auf Kinder übertragen kann, weil nicht nur mehrstimmig auf einem hohen musikalischen Niveau gesungen wird, sondern auch das Auge durch diverse CHOReographien angesprochen wird. Was die Musik am GEO ebenfalls mit sich bringt, ist eine besondere Atmosphäre unter den Schüler:innen. Bei allen gemeinsamen Konzerten ist auch immer die gegenseitige Wertschätzung zu sehen. Ein Sinnbild dafür sind die letzten beiden niedersächsischen Landesbegegnungen „Schulen musizieren“ in Stade und Meppen, an denen das GEO jeweils mit vier Musikensembles teilgenommen hat. Hier war zu sehen, wie beispielsweise Schüler:innen des Chores erstaunt den Klängen des Orchesters gelauscht oder fast alle GEO-Schüler:innen vor der Bühne beim Auftritt von „The GEOrge“ getanzt haben.

Die jungen Musikerinnen und Musiker beim gemeinsamen Abschlussstück. Foto: Helge Adler
Diese Gemeinschaft wird auch bei vielen ensembleübergreifenden Projekten deutlich. Regelmäßig werden Musikstücke bei den Schulkonzerten von zwei oder mehr Ensembles zusammen gespielt, sei es das „Back to the Future“-Thema mit Big Band und Orchester oder die „Bohemian Rhapsody“ mit Chor und Rockband. Das traditionelle Abschlussstück eines Schulkonzertes, bei dem alle 160 Schüler:innen gemeinsam musizieren, stellt zudem die Geschlossenheit der Musik am GEO dar. Darüber hinaus gibt es auch regelmäßig Musical-Projekte, bei denen einzelne oder auch mehrere Ensembles auf das jeweilige Theaterstück zugeschnittene Musik präsentieren.
Die Auszeichnung durch den Deutschen Schulmusikpreis 2025 stellt für das GEO eine große Ehre dar, sie ist allerdings nicht als erreichtes Ziel zu sehen, sondern eher als Bestätigung der langjährigen musikalischen Arbeit. Das Musikkonzept wird sich in den nächsten Jahren sicherlich stetig weiterentwickeln und viele weitere Schüler:innen an die Musik heranführen und vielfältige Konzerte und Projekte entstehen lassen.
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