In den letzten Jahren hat das Singen in der schulischen Musikpädagogik wieder einen gewissen Stellenwert eingenommen. Zur Aufwertung der vokalen Arbeit in der Schule haben verschiedene Aspekte, darunter neue pädagogische Konzepte wie die „Singeklasse“ oder verschiedene innovative Modelle zur Stärkung des Singens innerhalb des Klassenverbandes geführt. Grundlage ist die Erkenntnis, dass Singen ein spezifischer Ausdruck individueller und/oder gemeinsamer Gefühle darstellt und zu den elementaren Formen der Selbstdarstellung von Kindern und Jugendlichen zählt. Hinzu tritt die wachsende Erkenntnis, dass nicht alle Bereiche schulischen und außerschulischen Lernens einer vermeintlichen Nützlichkeit in Bezug auf ökonomische Verwertbarkeit dienen müssen, sondern zur Entfaltung der Persönlichkeit auch andere Aspekte, zum Beispiel ästhetische oder kreative Erfahrungen gehören, denen utilitaristische Perspektiven fremd sind.
Aber auch zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen, welche die positive Auswirkung des Singens auf die gesunde Entwicklung des Kindes herausstellen, leisten ihren Beitrag zur neuen Stellung des Singens in der Schule. Erwähnt seien hier die positiven Effekte im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung, der Sprach-entwicklung, der kognitiven, emotionalen, koordinativen Entwicklung, abgesehen von positiven Einflüssen auf die psychische und physische Gesundheit, um nur einige zu nennen.
Ebenso haben fachimmanente Aspekte zu einer Belebung des schulischen Singens geführt, dazu zählt auch der unverkrampfte Umgang mit der Auswahl des Repertoires, das sowohl aktuelle Pop- und Rocktitel als auch das so genannte klassische Repertoire beinhalten kann. Gerade neue, dem Musikgeschmack der Jugendlichen entsprechende Arrangements, haben eine sehr positive Wirkung auf das gemeinsame Singen, ebenso der Einsatz von Begleitinstrumenten zur Unterstützung des Gesangs sowie die Hinzunahme von Elementen von Körperperkussion, Vokalperkussion oder szenischen Aspekten. Dennoch ist schulisches Singen nicht l’art pour l’art, sondern stellt als „eigentätiges, musizierend be-greifendes Handeln … eine Intensivform musikalischer Wirklichkeitsaneignung dar.“ (Nimczik, Ortwin; M. & B., Heft 3/38, S.9)
Basierend auf dieser Analyse bietet die Landesakademie entsprechende Fortbildungen an und entwickelt diese weiter, um das Singen in Schule und Vereinen attraktiv zu machen und diese sich abzeichnende positive Entwicklung zu unterstützen. Mit dem Jazzchorfestival „Jazz vocal Süd 2009“ versucht die Akademie in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis für Musik in der Jugend (AMJ), Workshops zum Thema Vocal Percussion, Improvisation, Groove, Phrasierung, Sound, Performance und jazz-bezogenes Stimmtraining für Gruppen und Einzelteilnehmer anzubieten. Aber auch der Aspekt des Klassensingens wird in mehreren Fortbildungen thematisiert. So findet es zum Beispiel seinen Platz in Kursen zum Thema Singeklasse oder zu Themen wie im Bereich Rock und Jazz und Crossover innerhalb des schulischen Singens.
Im Rahmen der internationalen Jugendbegegnungen (z.B. C.H.O.I.R.) versucht Ochsenhausen über die nationalen Grenzen hinweg junge Sänger in vielfältiger Weise sprachlich und musikalisch miteinander kommunizieren zu lassen. Hierbei werden vielfältige Anregungen aus den einzelnen europäischen Ländern nach Ochsenhausen gebracht und untereinander ausgetauscht. In diesem Zusammenhang sind zahlreiche Kompositionen entstanden die zu einer enormen Horizontterweiterung der Jugendlichen aus Europa beigetragen haben.
Besonderen Schwerpunkt legt die Akademie auf die inhaltliche Ausgestaltung von Fortbildungen für Erzieherinnen. Hierzu gibt es ein mehrphasiges Fortbildungsprogramm für Erzieherinnen, welche über Jahre bereits in Einrichtungen tätig sind und für den Bereich Singen eine weiterführende Fortbildung machen möchten.
Inhalt der Fortbildung ist der kindgerechte Umgang mit der Kinderstimme, die rhythmisch-musikalische Erziehung, Tanz, Liedmethodik und Liederarbeitung, der einfache Umgang mit den Orff-Instrumenten, Sprachförderung durch Musik und gestische Singeleitung. Großer Wert wird auf die Weckung, Schulung und Förderung der eigenen musikalischen und sängerischen Fähigkeiten der Kursteilnehmer und Kursteilnehmerinnen gelegt, basierend auf der Kenntnis, dass nur mit dem Selbstvertrauen in die eigene Stimme und das eigene Singen eine motivierende Grundhaltung gegeben ist, mit Kindern selbst zu singen. Aus diesem Grund erfährt jede Kursteilnehmerin und jeder Kursteilnehmer parallel zu den Fortbildungen eine Einzelstimmbildung. Parallel dazu liegt ein Schwerpunkt der Arbeit in der schulbegleitenden Mentorenausbildung für angehende Erzieher und Erzieherinnen, welche in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, zahlreichen Musikverbänden und der Stiftung Singen mit Kindern durchgeführt wird. Darüber hinaus werden auch in Zusammenarbeit mit kirchlichen Institutionen und Vereinen zahlreiche Lehrgänge für Kinderchorleitung und weitere Dinge angeboten.
Ein neuer Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Zusammenarbeit mit so genannten Bildungshäusern, ein Modellversuch, in dem kontinuierliche Bildung vom dritten bis zum zehnten Lebensjahr unter möglichst enger Verzahnung von Kindergarten und Grundschule ermöglicht werden soll. Gerade hier spielt die Musik eine besondere Rolle, da Kinder in diesem Alter besonders von einer intensiven elementaren Musikalisierung profitieren. Da diese noch junge Einrichtung sich im Aufbau befindet, besteht gerade jetzt die Möglichkeit, dem Thema Singen einen dem Alter entsprechend wichtigen Stellenwert zu geben.