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Mehrere Menschen in einem locker bestuhlten Veranstaltungsraum in dem ein Vortrag gehalten wird.

Kleingruppenarbeit bei der Fachtagung „Diskriminierungssensible Projektarbeit im Kontext von Flucht und Migration“ in Hamburg. Foto: Marielies Tornier

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Auf alle Rücksicht nehmen und alle mitdenken

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Diskriminierungssensible Projektarbeit im Kontext von Flucht und Migration
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In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist es wichtig, den Kindern und Jugendlichen Räume zu bieten, in denen sie sicher sind, damit sie sich voll entfalten können. Um diese Schutzräume zu ermöglichen, gehört es unter anderem Diskriminierung als Gewaltform anzuerkennen und vorzubeugen. Die Fachtagung „Diskriminierungssensible Projektarbeit im Kontext von Flucht und Migration“ am 7. und 8. November 2024 im Hamburger Konservatorium hatte zum Ziel, bei der Umsetzung von diskriminierungssensibler Projektarbeit zu unterstützen, indem sie Wissen zum Thema an die Hand gibt und einen Raum für Austausch bietet. Denn diskriminierungssensibel zu arbeiten, heißt auch zu verstehen und zu erkennen, wenn Diskriminierung auftritt.

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Aus diesem Grund führte der Vortrag von Tina Mallon und Nora Pempel am Beispiel des Rassismus in die Grundlagen ein: Was sind Stereotype? – Generalisiertes Wissen über soziale Gruppen – Was sind Vorurteile? – Auf Stereotypen basierende vorschnelle Meinungsfassung mit negativen Auswirkungen – Was ist Othering? – Die Abgrenzung „Anderer“ von der eigenen gesellschaftlichen Gruppe – Was ist Alltagsrassismus? – Stereotype und Vorurteile bilden die Grundlage von Alltagsrassismus, die sich häufig durch Mikroaggressionen äußern. Im Erkennen und Verstehen von Diskriminierung ist es zudem wichtig, die Intersektionalität mitzudenken, das heißt, dass verschiedene Diskriminierungsformen zusammenwirken können.

In Kleingruppenarbeit wurde nach der Einführung der Referentinnen ein genauerer Blick auf die Sprache geworfen, denn in unserer Sprache können viele diskriminierende Strukturen verankert sein, die es zu reflektieren gilt. Besonders bei Förderprojekten wie „Kultur macht stark“ kann es schnell zum Problem der „Antragslyrik“ kommen, bei dem Stereotypen und Vorurteile reproduziert werden, um zu zeigen, dass man die Förderkriterien erfüllt. Diese „Antragslyrik“ betont allerdings die Unterschiede zwischen dem „Wir“ und dem „Ihr“, und durch die Wechselwirkung von Sprache und Wirklichkeit wird gesellschaftlich weitergetragen, was sprachlich betont wird. 

Um über Diskriminierung aufzuklären und ihr entgegenzuwirken, braucht es besonders Multiplikatoren, also Menschen, die auf auftretende Diskriminierung hinweisen und das Gespräch nicht scheuen. Hierbei diente der Vortrag von Larissa Bothe von Gegen Vergessen e. V. als eine Handreichung, um mit seiner Umgebung in den Austausch zu gehen. Larissa Bothe erklärte den Ansatz der konstruktiven Kommunikation, der auf der gewaltfreien Kommunikation basiert. Dabei versucht die konstruktive Kommunikation immer sowohl die eigene Perspektive als auch die Perspektive des Gegenübers im Blick zu behalten. Bei Meinungen und Ansichten spielen viele Aspekte wie Vorsensibilisierung sowie eigene Erfahrungen und Betroffenheit eine Rolle. Im Gespräch kommen Faktoren wie die vorhandene Energie, der Ton und der Kontext hinzu, die zu einem bestimmten Verhalten bei einem selbst wie auch beim Gegenüber führen können. Diese möglichen Faktoren im Blick zu behalten, kann dabei helfen, Gemeinsamkeit und Verständnis zwischen den Parteien zu fördern und verhärtete Fronten aufzuweichen. Man kann Verständnis zeigen, ohne der gleichen Meinung zu sein.

Begleitet wurde die Fachtagung zudem von Projektbeispielen, deren Projektleitungen (Stephanie Balke, Mark Socha und Michael Wagener) von ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit Migrations- und Fluchterfahrung berichteten. Dabei wurden über Punkte wie Sprachbarrieren, Ansprache der Kinder und Jugendlichen und mögliche musikpädagogische Konzepte berichtet, die sich in der Projektarbeit bewährt haben. Ein Highlight der Fachtagung war der Auftritt der Trommelgruppe „Trommelpower“, eine Gruppe, bestehend aus mehreren Kindern einer Erstaufnahmeeinrichtung in Hamburg, geleitet von Mark Socha.

Während der zweitägigen Fachtagung kamen die Teilnehmenden in der gemeinsamen Diskussion zu dem Schluss, dass im Umgang mit Diskriminierungssensibilität Reflexion, Partizipation, Austausch und der Mut zum Lernen ausschlaggebend sind. Denn wer diskriminierungssensibel handeln, sprechen und schreiben möchte, muss sich mit einem komplexen Feld auseinandersetzen. Doch es ist und bleibt wichtig, dies zu tun, denn diskriminierungssensibles Arbeiten heißt, auf alle Rücksicht zu nehmen und alle mitzudenken, und das ist doch das Ziel.

Der nächste Fachtag findet am 14. Februar 2025 in Leipzig zum Thema „Demokratieförderung in der Projektarbeit“ statt. Zudem gibt es eine Online-Veranstaltung zum Thema „Diskriminierungssensible Sprache“ mit Dorothee Streich am 18. Februar 2025. Alle Informationen finden Sie unter www.vdm-musikleben.de
 

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