Tschaikowski hätte sicherlich mit großem Wohlgefallen den Klängen seiner berühmten Streicherserenade am 9. Mai im Dresdner Kulturpalast gelauscht, ging doch hier sein Traum von einem möglichst üppigen Klangkörper für dieses Meisterwerk in Erfüllung. Rund 100 junge Musikerinnen und Musiker der Deutschen Streicherphilharmonie (DSP) sowie von sächsischen Musikschulen waren hier zusammengekommen, um unter Leitung von DSP-Chefdirigent Wolfgang Hentrich dem Publikum im zweiten Konzertteil mit diesem gemeinschaftlichen Projekt die hohe Qualität der Ausbildung an den öffentlichen Musikschulen zu präsentieren. Standing Ovations im sehr gut besuchten Konzertsaal bestätigten den außerordentlichen Erfolg des ambitionierten Vorhabens.

Die Deutsche Streicherphilharmonie mit dem jungen Komponisten Raphael Leichsenring. Foto: Markus Gottschall
Sie wagten den Spagat zwischen Schrecken und Hoffnung
Dass das gemeinsame Musizieren der jungen Spitzentalente der DSP mit Streicherinnen und Streichern der sächsischen Musikschulen zu einem solchen Erfolg werden konnte, war insbesondere auch dem großen Engagement von Wolfgang Hentrich, dem Chefdirigenten der Deutschen Streicherphilharmonie und Ersten Konzertmeister der Dresdner Philharmonie, zu verdanken. In drei Workshops im Frühjahr in Leipzig, Dresden und Chemnitz wurden die Bewerberinnen und Bewerber für dieses Projekt von ihm intensiv auf das Konzert im Kulturpalast Dresden vorbereitet. Bei der ersten gemeinsamen Probe mit der DSP am Vortag des Konzertes in der Landesmusikakademie Schloss Colditz „ruckelten“ sich dann alle rund 100 Mitwirkenden zusammen – keine leichte Aufgabe im dortigen Kammermusiksaal, der bereits mit der Hälfte der Musizierenden sehr gut gefüllt gewesen wäre. Wenige Stunden später war im Kulturpalast Dresden der Platzbedarf kein Thema mehr.
Bevor Tschaikowskis Traum dank des üppig besetzten Streicherklangkörpers in Erfüllung ging, wurde der zweite Teil des Festkonzertes mit dem Traum eines zeitgenössischen Komponisten eröffnet. Der gerade einmal 16-jährige Raphael Leichsenring, Schüler des Heinrich-Schütz-Konservatoriums Dresden, hatte für das Festkonzert der Deutschen Streicherphilharmonie den „Traum vom Frieden“ komponiert. Das siebenminütige Werk hatte Chefdirigent Wolfgang Hentrich gleich in der Rohfassung so überzeugt, dass er keinerlei Änderungen oder gar Kürzungen vornahm, sondern im Gegenteil sogar vier Takte wiederholen ließ, weil sie ihm so außerordentlich gut gefielen – wie er zur Freude des Publikums in seiner Konzertmoderation offenbarte. Das Publikum gab ihm recht und frenetischen Applaus: für den Komponisten, für das Orchester – und für den einzigen Mitwirkenden bei dieser Uraufführung ohne Streichinstrument, niemand geringeren als den Solopauker der Sächsischen Staatskapelle. „Ein weiteres Symbol dafür, dass wir in den Orchestern in Dresden absolut gemeinsam für die Musikschulen stehen“, freute sich Wolfgang Hentrich.
Während im zweiten Teil des Festkonzertes Hoffnung, Freude und Zuversicht hörbar wurden und damit zugleich auch der Europatag (75 Jahre Geburtsstunde Europas) gewürdigt wurde, erinnerte der erste Konzertteil an diesem 9. Mai an 80 Jahre Kriegsende. Eröffnet wurde er mit einem eindringlichen Werk von Ödön Pártos: Yizkor (in memoriam) für Viola und Orchester, eine Komposition im Gedenken an den Holocaust. Als Solistin begeisterte Martha Roske, selber ehemaliges DSP-Mitglied. Das 8. Streichquartett von Dmitri Schostakowitsch, von der DSP als Kammersinfonie op. 110a in der Bearbeitung für Streichorchester gespielt, trägt den Untertitel „Im Gedenken an die Opfer des Faschismus und des Krieges“. Mit Bravour meisterten die gerade mal 11- bis 20-jährigen Orchestermitglieder der Deutschen Streicherphilharmonie an diesem Abend diesen Spagat zwischen Schrecken und Hoffnung. Das Festkonzert im Dresdner Kulturpalast wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Musikschulkongresses als ein tief bewegender musikalischer Höhepunkt dieser alle zwei Jahre vom VdM durchgeführten Veranstaltung wahrgenommen. Die Realisierung dieses Herzensprojektes der Deutschen Streicherphilharmonie, die vom Bundesjugendministerium grundfinanziert wird, ist durch die freundliche Unterstützung der GVL möglich geworden.
Mit einem Gastspiel im Rahmen des Sächsischen Mozartfestes beendeten die Deutsche Streicherphilharmonie und Wolfgang Hentrich am folgenden Tag ihre Proben- und Konzertreise in der Markuskirche in Chemnitz. Wieder mit dabei waren Martha Roske als Solistin des Werkes von Ödön Pártos sowie die Komposition von Raphael Leichsenring. Tschaikowskis Streicherserenade wurde hier ohne die Verstärkung der sächsischen Musikschülerinnen und -schüler gespielt – gleichwohl war der Dank des Publikums enthusiastisch.
Was denn der Traum des Chefdirigenten der Deutschen Streicherphilharmonie sei, wurde Wolfgang Hentrich von Konzertbesuchern in Dresden und Chemnitz gefragt. In jedem Jahr ein solches gemeinsames Projekt mit den VdM-Musikschulen in wechselnden Bundesländern verwirklichen zu können, um die so bedeutende Ausbildung junger Streichertalente insbesondere auch für die Berufsorchester in Deutschland zu fördern und stärker sichtbar zu machen, lautete seine hoffnungsvolle Antwort. Ein Traum, für den sich die Deutsche Streicherphilharmonie einsetzt.
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