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Eine sehr große Menge Jugendlicher und Kinder auf und vor der Bühne in einem großen Kongresssaal.

Die Ensembles des HSKD und weiterer sächsischer Musikschulen begeisterten bei der Kongresseröffnung im ICD mit der Suite in vier Sätzen „Viva la musica!“ von Peter Lawrence. Foto: VdM/Heiderich

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Wir leben Musikschule

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Besucherrekord mit 1.700 Teilnehmenden beim 27. Musikschulkongress in Dresden
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„Wir leben Musikschule“ war das Motto des 27. Musikschulkongresses des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM), der vom 9. bis 11. Mai 2025 in Dresden stattfand. Im Internationalen Congress Centrum Dresden (ICD), der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden, dem Heinrich-Schütz-Konservatorium Dresden (HSKD) und dem Kraftwerk Mitte nutzten über 1.700 Teilnehmende drei Tage lang das vielfältige Kongressprogramm mit über 80 Plenen, Arbeitsgruppen, Themenforen, Managementangeboten, Projekt- und Ausstellerpräsentationen – von Künstlicher Intelligenz bis Elementarer Musikpädagogik, Jazzimprovisation und musikalische Inklusion, von Eltern­arbeit bis Fachkräftestrategien.

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Arbeit besser gestalten

In ihrem Eröffnungsvortrag ging die Schweizer Expertin für Transformation und neue Arbeitsmodelle Barbara Josef auf die Fragen „Wie können wir Arbeit besser gestalten, wie für den Menschen darin besser Sorge tragen und wie können wir gut durch diesen Wandel kommen?“ ein.

Bei jungen Menschen stünde oft nicht die Pflicht im Fokus, was eine gesunde Entwicklung sei, um nicht Dinge auszuhalten, die einem schaden, sagte Barbara Josef. Wichtig sei es vielmehr, sich zu überlegen, was jeder Einzelne besonders gut könne und bewirken möchte, und so seine eigenen Stärken einzubringen. Arbeitnehmende sollten als Arbeitskraftunternehmende behandelt werden, die täglich ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen und autonom am Markt agieren. So sollten sie auch behandelt werden im Sinne von „lead the leader – mein Gegenüber führt sich selber und stellt seine Arbeitskraft zur Verfügung“.

Sie regte an, die Veränderungsdynamik, die aktuell bestünde, „zu nutzen, um uns von Dingen zu verabschieden, die uns bremsen, um Dinge zu schaffen, die uns weiterbringen und die Mehrwerte für uns und für alle Menschen, für die wir Verantwortung tragen, bringen.“ Das sei die Zukunft der Arbeit „als eine sehr aktive und vorausschauende Tätigkeit, die uns alle betrifft“.

Zur Frage nach einem gelungenen Leben und gelungener Arbeit erklärte Barbara Josef: „Wir sind aktuell im Zeitalter der Eigenverantwortung und das bedeutet auch mehr Selbstführung verbunden mit der großen Chance der Mitgestaltung.“ Erstrebenswert sei regeneratives Arbeiten, indem die Arbeit so gestaltet wird, dass sich die eigenen Batterien während der Arbeit wieder aufladen.

Im Hinblick auf den zunehmenden Leistungsdruck sowohl bei Kindern wie auch Erwachsenen betonte sie: „Wir müssen weg von der Geniekultur hin zur Wachstumskultur und überlegen: Was kann ich in meinem Wirkungskreis tun, um Mut zu machen?“. Im Zeitalter der Ungewissheit sei die Formel für ein „Starkes Wir“: Bestätigung, Wertschätzung, Nähe und Zugehörigkeit.

„Der Sinn des Lebens ist das Leben selber und ich glaube, genau dafür kann die Musikschule die Räume schaffen“, sagte sie. Zum individuellen und gemeinschaftlichen Musikschulunterricht, im Orchester und im Instrumental- oder Vokalunterricht, bei dem Schülerinnen und Schüler Selbstwirksamkeit erfahren können, Freude haben und ihre Fähigkeiten zeigen können, erklärte sie: „In diesem Gefühl der Zuversicht: Ich kann alles schaffen, mit diesem Selbstvertrauen, mit diesem optimistischen Gefühl: Wenn das in der Musik geht, geht es überall in der Welt. Mit diesem zuversichtlichen Gefühl können wir unsere Gesellschaft verändern. Musik kann Türen öffnen, Perspektiven schaffen und die Gesellschaft besser machen.“ 

Fachkräftemangel

Die große Herausforderung der Nachwuchsgewinnung war auch beim Musikschulkongress wichtiges Thema. Zum dringenden Bedarf neuer Fachkräfte für Musikschulen sagte der VdM-Bundesvorsitzende Friedrich-Koh Dolge in seiner Eröffnungsrede: „Musik ist Bildungsauftrag, ist Persönlichkeitsbildung, ist Standortfaktor – und in nicht wenigen Regionen: das kulturelle Rückgrat unserer Gesellschaft. Doch unsere Musikschulen geraten zunehmend unter Druck. Der Fachkräftemangel ist real. Er lähmt nicht nur die Weiterentwicklung, sondern gefährdet langsam auch bestehende Strukturen – vor allem in der Elementaren Musikpädagogik. Wir brauchen eine neue tarifliche Eingruppierung und bessere Aufstiegsmöglichkeiten in der Musikschularbeit; eine gezielte Förderung insbesondere auch im Bereich der Elementaren Musikpädagogik, in den aufsuchenden Angeboten, aber auch insgesamt eine Weiterentwicklung der Ausbildung an den Musikhochschulen, die den künftigen Anforderungen gerecht wird. Ich hoffe sehr, dass nach dem offiziellen Tarifabschluss 2025 dieses wichtige Thema in den anstehenden Tarifpflegegesprächen nicht aus dem Blick gerät.“

Musikschulförderung

Die große Bedeutung der Musikschulen und ihrer Lehrkräfte für die musikalische Bildung betonte auch Barbara Klepsch, Staatsministerin für Kultur und Tourismus des Freistaates Sachsen, in ihrem Grußwort zur Eröffnung des Musikschulkongresses: „Ohne die herausragende Arbeit von Musikschulen wäre das Bewusstsein für musikalische Traditionen nicht in diesem Maße vorhanden. Die Begeisterung bleibt meist ein Leben lang erhalten. Das Konzept des Freistaates Sachsen, eine Musikalisierung in der Breite und gleichzeitig auch besonders begabte Schülerinnen und Schüler zu fördern, ist der Kern unseres Konzeptes. Unser gemeinsames Ziel ist es, an einer flächendeckenden Landesförderung der Musikschulen festzuhalten.“ 

Trotz der angespannten Haushaltslage sei eine Priorität, „dass an der Musikschulförderung gegenüber dem Haushalt 2024 nicht gekürzt wird und diese als mindestes Maß beibehalten werden muss.“ Dabei richtete sie einen großen Dank an alle Musikschullehrkräfte, „die die Musikschulen mit Leben erfüllen und dieses unglaubliche Engagement vor Ort an den Tag legen.“

Workshops und Foren

Um aktuelle und zukünftige Möglichkeiten des Arbeitens an Musikschulen in Unterricht und Verwaltung ging es in den Kongressangeboten zur Künstlichen Intelligenz. Vorgestellt wurden KI-Angebote für den Unterricht mit der Anregung, diese auszuprobieren, davon als Werkzeug für die Arbeit zu profitieren, jedoch auch kritisch damit insbesondere im Bildungsbereich mit Kindern und Jugendlichen umzugehen. Auch im Hinblick auf den Datenschutz wurde nahegelegt, sich auch neue europäische KI-Angebote anzusehen. Weitere Themen waren neben vielfältigen Angeboten für Instrumental- und Gesangsunterricht ebenfalls Musikschule und Inklusion, der Umgang mit klassistischen Barrieren und mögliche Lösungsansätze für mehr Chancengleichheit beim Thema „Musikschule und soziale Herkunft“ von Max Mille, Prävention und Kindeswohl von Anabel Heger und Elisabeth Riesel-Weicht bis hin zum Thema „Gefährdungsbeurteilungen für psychische Belastungen von Musikschullehrkräften“ von Katja Mangold.

Musikalisches Rahmenprogramm

Bereits vor der Eröffnung des Musikschulkongresses hießen Ensembles des HSKD die Kongressbesucher vor dem Internationalen ICD sowie in der Dresdner Innenstadt und am Flughafen willkommen. Acht Ensembles und Tanzformationen des HSKD und weiterer sächsischer Musikschulen begeisterten danach während der Kongresseröffnung in Anwesenheit der Staatsministerin für Kultur und Tourismus des Freistaates Sachsen Barbara Klepsch und der Kulturbürgermeisterin der Landeshauptstadt Dresden Annekatrin Klepsch die Kongressteilnehmer mit der Suite in vier Sätzen „Viva la musica!“ (Arrangement und Komposition: Peter Lawrence) im vollbesetzen Gro­ßen Saal des Congress Centrums. Am Abend folgte im Kulturpalast Dresden ein musikalischer Höhepunkt mit dem tief beeindruckenden und berührenden Konzert zu „80 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs und 75 Jahre Geburtsstunde Europas“ der Deutschen Streicherphilharmonie, des jungen Spitzenensembles der Musikschulen, die im zweiten Konzertteil erweitert um rund 40 weitere Streicherinnen und Streicher aus sächsischen Musikschulen Tschai­kowskis Streicherserenade zur Aufführung brachten. Zum Abschluss des Musikschulkongresses gab es noch einmal mit viel Beifall ein abwechslungsreiches Musikprogramm des Heinrich-Schütz-Konservatoriums Dresden in der Staatsoperette Dresden mit dem Alte-Musik-Ensemble, der Bigband, dem Saxophonensemble, den Bogenschützen und der Tanzabteilung des HSKD sowie dem Kinderchor der Staatsoperette Dresden.

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