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Alcina in Wuppertal. Foto: Uwe Stratmann
Alcina in Wuppertal. Foto: Uwe Stratmann
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Ein regungsloses Spiel der Gefühle – Johannes Weigands Abschiedsinzenierung von Händels „Alcina“ an den Wuppertaler Bühnen

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Trommeln, Trillerpfeifen, Transparente – nein, vor der letzten Premiere des Regisseurs und Wuppertaler Operndirektors Johannes Weigand ging es draußen vor der Tür „ganz normal“ und völlig störungsfrei zu. Und auch während der Aufführung gab es weder Proteste noch Flugblätter oder dergleichen. Dabei gibt es eine ganze Menge Menschen, denen die jüngste Entscheidung des zukünftigen Wuppertaler Intendanten Toshiyuki Kamioka alles andere als egal sein dürfte.

Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka hatte kürzlich entschieden, nicht nur Operndirektor Weigand zu kündigen, sondern auch das komplette Solistenensemble auf der Opernbühne und sämtliches künstlerisches Personal hinter der Bühne zu entlassen – zugunsten einer Spielplangestaltung mit sechs Neuinszenierung in der Spielzeit 2014/2015, die dann jeweils „en suite“ im Stagioneprinzip präsentiert werden. Dadurch will die klamme Kommune Kosten einsparen. Sänger werden nun projektweise engagiert – der Idealfall von zehn Monaten Vertragslaufzeit wird wohl eher die Ausnahme sein, denn im Stagionebetrieb bleibt eine Inszenierung gerade mal fünf, sechs Wochen lang auf dem Spielplan, dann ist sie abgespielt und der „Job“ erledigt.

Für viele Sänger bedeutet dies den Abstieg hin zu einem prekären Beschäftigungsverhältnis – wie beim polnischen Saisonarbeiter, der zum Spargelstechen angemietet und schlecht bezahlt wird. Aus künstlerischer Sicht ist ein Opernhaus ohne festes Ensemble, wie in Wuppertal jetzt geplant, ohnehin eine äußerst fragwürdige Angelegenheit. Dabei hatte Toshiyuki Kamioka vor nicht allzu langer Zeit verkündet, die Wuppertaler Oper zu einem der besten Häuser Deutschlands oder gar der Welt zu machen. Davon allerdings kann nicht im Geringsten die Rede sein.

Nun waren und sind auch Johannes Weigands Inszenierungen nicht unbedingt immer große Würfe gewesen, was sich angesichts der „Alcina“ von Georg Friedrich Händel wieder einmal bestätigt. Die ziemlich verwickelte Geschichte rund um die Zauberin Alcina gibt sich optisch äußerst farbenfroh und schrill dank der Kostüme von Judith Fischer, aber das Bühnengeschehen selbst plätschert eher behäbig vor sich her, bleibt statisch und mit wenig Esprit. Statt prallem, lebendigem Barock – da ist eigentlich jede Menge Action à la Händel möglich – zeigt Weigand ein weitgehend regungsloses Spiel der Gefühle und Leidenschaften, nicht unbedingt dazu angetan, dass sich das Publikum in den Bann gezogen fühlt. Das gilt leider auch für Boris Brinkmann am Pult des Sinfonieorchesters Wuppertal, das ganz solide spielt, aber kaum einmal einen Funken aus der Händel-Partitur schlägt. Achtbar wird gesungen – ein letztes Mal von einem festen Wuppertaler Ensemble.

Ach ja: Kamioka hat in Aussicht gestellt, in Wuppertal ein Opernstudio zu installieren. Aber mit welchen gestandenen und erfahrenen Sängerinnen und Sängern eines Opernensembles sollen sich die Studierenden denn da austauschen, wenn es dieses Ensemble gar nicht mehr gibt?

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