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Verabschiedete sich nach 16 Jahre lang aus Essen: Stefan Soltesz. Foto: Matthias Jung
Verabschiedete sich nach 16 Jahre lang aus Essen: Stefan Soltesz. Foto: Matthias Jung
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Ende einer Ära: Stefan Soltesz dirigiert ein letztes Mal als Intendant und GMD im Essener Aalto-Theater

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Sechzehn Jahre lang stand Stefan Soltesz an der Spitze des Aalto-Theaters in Essen, gab dem Haus ein klares künstlerisches Profil, mit dem es sich spätestens seit der Jahrtausendwende bundesweit im oberen Drittel der Musiktheater bewegt. Am 21. Juli nahm Soltesz, dessen Vertrag nicht verlängert wurde, Abschied von seinem Publikum, seinen Mitarbeitern, seinem Orchester.

Natürlich gab es auf der Stelle Standing Ovations, als Stefan Soltesz nach dem Schlussakkord in die Mitte der Bühne des Aalto-Theaters trat – ein orkanartiger Beifallssturm brandete in einer Intensität los, wie man sie selbst im Essener Opernhaus nicht so häufig erlebt hat. Kein Wunder, Stefan Soltesz, Opernintendant und Generalmusikdirektor in Personalunion, dirigierte ein allerletztes Mal „sein“ Orchester in „seinem“ Haus. Das hat er sechzehn Jahre lang getan, man darf also davon sprechen, dass in der Ruhrmetropole eine Ära zu Ende gegangen ist. Eine geschlagene Viertelstunde wurde applaudiert!

Wohl kaum zufällig legte Soltesz an diesem Abend Richard Strauss’ „Die Frau ohne Schatten“ aufs Pult, denn mit Strauss’ „Arabella“ hatte er 1997 seinen Einstand gegeben. Strauss sollte so etwas wie Soltesz „Markenzeichen“ werden, aber auch Verdi und Puccini. Außerdem stand fast alles von Wagner auf den Spielplänen, der „Ring“ inklusive. Keine Frage, die Ära Soltesz brachte dem Haus einen enormen künstlerischen Schub nach vorn. Schon kurz nach Amtsantritt des Österreichers mit ungarischen Wurzeln setzten sich die Essener Philharmoniker an die Spitze der nordrhein-westfälischen Opernorchester, der Ruf des Musiktheaters entwickelte sich rasant.

„Man muss das Aalto-Theater mit den richtigen Inhalten füllen“, formulierte Soltesz einmal. Genau dies ist ihm in all den Jahren sehr oft gelungen. Ein intelligenter und erfahrener Regisseur wie Peter Konwitschny konnte seine Arbeit (Straussens „Daphne“) zur Diskussion stellen, der Norweger Stefan Herheim bot einen unglaublichen „Don Giovanni“ - und machte wenig später eine rasante Karriere. Auch Barrie Kosky holte Soltesz in den zurückliegenden Jahren mehrfach ans Haus, unter anderem mit einem faszinierenden „Tristan“. Ganz zu schweigen von Dietrich Hilsdorf, der über Jahre hinweg mindestens einmal pro Spielzeit in Essen inszenierte, dabei für heftige Diskusionen, wenn nicht Tumulte sorgte und so etwas wie ein „Hausregisseur“ wurde.

Große Stimmen hat Stefan Soltesz nach Essen eingeladen – aber stets für komplette Aufführungsserien. Star-Kult um große Namen, die zur Premiere und dann vielleicht noch zwei, drei Repertoirevorstellungen zu erleben waren, das war mit Soltesz nie zu machen. Luana de Vol, Evelyn Herlitzius und – wie jetzt in der „Frau ohne Schatten“ aus dem Jahr 1998 in der Inszenierung von Fred Berndt – Silvana Dussmann als Kaiserin und Franz Grundheber als Barak waren über Jahre hinweg ständige Gäste.

Aber auch das von Soltesz gepflegte hauseigene Ensemble prägte das Niveau des Musiktheaters, das 2008 zum „Opernhaus des Jahres“ gekürt wurde. Soltesz selbst erhielt 2009 die Ehrenauszeichnung „Bürger des Ruhrgebietes“, 2010 die Ernennung zum Professor honoris causa des Landes NRW. Arbeitslos wird Soltesz gewiss nicht: als Dirigent ist er nach wie vor gefragt, weit über den deutschsprachigen Raum hinaus.

Wie geht es weiter mit dem Aalto-Theater? Die Strukturen sind verändert, Hein Mulders wird ab Sommer 2013 Doppel-Intendant von Philharmonie und Oper, Tomáš Netopil Dirigent der Philharmoniker. Man setzt auf Werke, die in Essen bislang kaum oder noch nie aufgeführt worden sind. Netopil, so war zu hören, bringe seine „slawische Seele“ ein, Mulders seine Vorliebe für die Barockmusik. Eine interessante Mischung, auf die man gespannt sein darf.

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