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Verena Marisa am Theremin mit den Streichern des Pestalozzi–Gymnasiums München Gitte Peters (Dirigentin) / Fotograf: Peter Schlipf
Verena Marisa am Theremin mit den Streichern des Pestalozzi–Gymnasiums München Gitte Peters (Dirigentin) / Fotograf: Peter Schlipf
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Gespenstisches Theremin – Erstes Konzert des „Auftakt“ Jugendorchesterfestivals in München

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Das erste Konzert des „Auftakt“ Jugendorchesterfestivals im Werksviertel München bot ein sehr vielseitiges, energetisches und spannendes Programm, das das Publikum wirklich bewegt hat – nicht nur im bildlichen Sinn des Wortes!

Der Abend wurde vom großartigen Orchester des Pestalozzi-Gymnasiums eröffnet, das den „Ungarischen Tanz“ No. 5 von Johannes Brahms spielte – sofort wurde die Atmosphäre im Raum in Bewegung gebracht – gut dirigiert und gut gespielt, mit einer Freude und Leichtigkeit, die vielen Berufsmusikern fehlt! Das Gleiche kann man über die Junior Big Band des Pestalozzi-Gymnasiums sagen, die danach mit Moten Swing, What is Hip? Und Phat Kat den Abend weitergeführt hat –bewundernswert, wenn ein Kind es vermag, vor einem Publikum aufzustehen und ein improvisiertes Solo abzuliefern. Danach wurden die Hörer nach Südamerika mitgenommen – die „Brass Band del Ecuador“ hat eine Mischung aus klassischer und lateinamerikanischer Musik gespielt –fünf sehr begabte junge Musiker haben ihr Können unter Beweis gestellt, mit ihrem Lehrer an den Bongos und mit einem Tuba-Spieler, der gleichzeitig einen Shaker spielte – wieder sehr schön! Wenn man an diesen drei wunderbaren Jugendformationen etwas kritisieren könnte, dann hat es an Dynamik bisschen gefehlt – die gesamte Musik hätte noch stärker wirken können, wenn es mehr Kontraste in der Lautstärke gegeben hätte.

„Morphology“ von Verena Marisa war die Auftragskomposition des Abends, die die Konponistin selbst am Theremin mit den Streichern des Pestalozzi-Orchesters uraufgeführt hat – ein hervorragendes Stück, das das Publikum auf eine sehr spannende, emotional geladene Reise mitgenommen hat. Der erste Teil, „anger management“, hat durch die gewitzte Verwendung von Ostinato-Figuren (zum Teil auch elektronisch geloopt) einen wirkungsvollen Aufbau erzeugt – man hat einen kleinen Hauch „Sacre du Printemps“ gespürt, dazu aber auch alarmierende, schrille elektronische Klänge, kontrastiert durch wunderschöne melodische Linien im Theremin, die Assoziationen mit Japanischer Musik hervorgerufen haben – das Ganze von einem fast berimbau-artigen Groove untermalt. Der zweite Teil „a worrisome dream“ hat das Stück weitergeführt – in einen gefühlt metrumslosen „Traumsumpf“ von düsteren Streicherklängen, über denen das Theremin wie ein Gespenst gesungen, gerufen und geweint hat. Man spürte hier die Erfahrung der Komponistin im Bereich Filmmusik, die harmonische Gestaltung hat zum Teil an Michael Nymans Musik zum Film „Gattaca“ erinnert. Der dritte Teil des Stücks war genauso vielseitig und interessant, aber enttäuschte ein wenig, da er strukturell genauso wie der erste Teil aufgebaut wurde – Ostinati und Looping. Trotzdem war der Schluss überraschend – die Musik schien wieder dem Muster zu folgen, wurde aber plötzlich abgebrochen und zu Ende gebracht. Insgesamt eines der besten neuen Stücke, die ich persönlich in den letzten Jahren gehört habe.

Die letzte Formation des Abends war die kongolesische „Fanfare Masolo“, die es geschafft hat, den ganzen Raum in Bewegung zu bringen – zum Schluss habe auch ich meinen Stift und Papier auf meinen Stuhl geschmissen und mitgetanzt. Die jungen Männer auf der Bühne haben gespielt, getanzt, gesungen – und haben eine Leichtigkeit und Virtuosität gezeigt, die das Publikum bezaubert hat. Ein perfekter Schluss für ein insgesamt sehr schönes Konzert!

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