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Sinfonischer Mix unterm Planetenhimmel: Paul van Dyk und Paavo Järvi beim dritten Music Discovery Project des hr-Sinfonieorchesters. Foto: hr
Sinfonischer Mix unterm Planetenhimmel: Paul van Dyk und Paavo Järvi beim dritten Music Discovery Project des hr-Sinfonieorchesters. Foto: hr
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Holsts Planeten remixed? Das dritte Music Discovery Project des hr-Sinfonieorchesters

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„The Planets – Reloaded“. Unter diesem Titel lud das hr-Sinfonieorchester zusammen mit der Jugend-Musik-Welle „youfm“ („young fresh music“) des Hessischen Rundfunks zu seinem dritten „Music Discovery Project“ in die Frankfurter Jahrhunderthalle. 2007 war hier der Techno-Musiker Tom Wax zu Gast, 2008 der Komponist und Produzent Mousse T., diesmal war es sein Berliner Kollege Paul van Dyk.

Wurde beim ersten Mal Antonín Dvoráks „Sinfonie aus der Neuen Welt“ mit neuen Klängen konfrontiert und beim zweiten Mal Ludwig van Beethovens 5. Sinfonie, so war jetzt mit Gustav Holsts Orchestersuite „Die Planeten“ ein Werk an der Reihe, das schon von Titel und Inhalt her zu einer musikalischen Entdeckungsreise in andere Klangwelten einlädt.
Die erste Programmhälfte bestritt das hr-Sinfonieorchester mit Gustav Holsts Originalkomposition. „Die Planeten“ waren allerdings auf die Folge „Mars – Venus – Jupiter – Saturn - Neptun“ gekürzt. „Merkur“ und „Uranus“ fehlten – wohl mit Rücksicht auf das eher „klassikfremde“ junge Publikum von Radio „youfm“, das neben den Freunden des Orchesters die Ränge der ausverkauften Jahrhunderthalle bevölkerte.

Ihre Interpreten-Aufgabe nahmen die Mitglieder des hr-SO und ihr Chefdirigent Paavo Järvi aber nicht weniger ernst als vor ihrem Stammpublikum. Klangkultur, Präzision und atmosphärische Ausstrahlung hätten auch in der Alten Oper noch Maßstäbe gesetzt. Die Stimmung im Publikum war aufmerksam und konzentriert. Nur der rege Beifall zwischen den einzelnen Sätzen zeugte von Hörern, die mit den Ritualen des Konzertsaals weniger vertraut waren. Ein wenig scheppernd wirkte allerdings einmal mehr die Klangverstärkung der Konzertmuschel, und der für „Neptun“ aus dem Lautsprecher eingespielte Frauenchor klang denkbar unnatürlich.

Spannend versprach es zu werden, als Paul van Dyk die ersten elektronischen Klangmuster in die letzten leisen Töne von Holsts Partitur einblendete. Mitsamt seinen vier Instrumentalisten Flo Dauner (Drums), Roland Peil (Percussion), Ulf Kleiner (Keyboards) und Bruce Gainsford (Gitarre) fuhr der Berliner DJ zur Freude des Publikums aus dem Orchestergraben empor. Was er dann freilich eine knappe Stunde lang produzierte, war nicht viel mehr als die „elektronische Tanzmusik“, für die er bekannt ist. Regelmäßige Zwei- oder Viertakt-Phrasen über einem ebenso regelmäßigen 4/4-Takt innerhalb eines vorhersehbaren Klangspektrums, wie sie in der Disco am Platz sind, waren zum Zuhören schlicht zu wenig.

Auch die Gesangseinlagen von Jemma Endersby, Josée Hurlock, Johnny McDaid und Ryan Merchant waren mehr eine optische als eine musikalische Bereicherung. Manche der von Dietmar Mensinger komponierten Überleitungen ließen zwar aufhorchen, aber insgesamt kam das hr-Sinfonieorchester in Mensingers Arrangements über die Rolle eines satten Klangteppichs im Hintergrund nicht hinaus. Es gab gelegentliche Anklänge an Holsts „Planeten“, doch die spielerische Auseinandersetzung oder ein Weiterdenken der anspruchsvollen Vorlage in die Klangwelt heutiger Pop-oder Techno-Musik, wie das im Vorjahr Mousse T. mit Beethovens „Schicksalssinfonie“ gewagt hatte, fand nicht statt – obwohl die Weltraum-Thematik dazu bei weitem eher einlud.

Deutlich besser als im Vorjahr gelang allerdings die optische Gestaltung. Auf zwei Leinwänden links und rechts der Bühne wurden Orchester und Band in gut ausgewählten Nahaufnahmen gezeigt. In der Mitte oberhalb der Bühne gab es eine von Volker Cronauer gestaltete Video-Animation, die in zumeist abstrakten Mustern sphärische Welten andeutete. Sie war farbig und abwechslungsreich genug, um die Fantasie beim Hören anzuregen, doch in der Motivwahl und den Effekten so diskret, das nirgends die Musik überdeterminiert wurde. Raffaela Jungbauer von Radio youfm moderierte sachgerecht, dabei einladend, locker und ohne falsche Anbiederung.

Am Ende von zwei Stunden Programm (ohne Pause) herrschte in der Jahrhunderthalle große Begeisterung – sowohl über die vertrauten Klänge von Paul van Dyk als auch über die weniger vertrauten des HR-Sinfonieorchesters.

Als „Stream On Demand“ ist das Konzert unter www.hr-Sinfonieorchester.de und www.you-fm.de zu sehen. Der Konzertmitschnitt wird am 23.5.2009, 20.05 Uhr,
auf Radio hr 2 übertragen.

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