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Foto: Robert_Recker.de
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Paul Abrahams „Märchen im Grand Hotel“ an der Komischen Oper Berlin

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In Nachfolge zu fünf selten gespielten Operetten von Emmerich Kálmán, die in den vergangenen Spielzeiten an der Komischen Oper Berlin eine so genannte Weihnachts-Operetten-Reihe bilden, folgt nun ein fünfteiliger Zyklus mit selten zu hörenden bis vergessenen Operetten von Paul Abraham. Den Anfang machte die 1934 in Wien uraufgeführte Lustspieloperette „Märchen im Grandhotel“, „konzertant“ angekündigt, aber doch szenisch genussreich.

Paul Abraham liebte es offenbar, Operettenhandlungen in Hotels anzusiedeln, wie der seit 2013 an der Komischen Oper Berlin gefeierte „Ball im Savoy“ beweist. Seit Jahrzehnten erstmals wieder zu erleben war nun die auf der Erfolgswelle des 1932 verfilmten Romans „Menschen im Hotel“ von Vicki Baum reitende Operette „Märchen im Grandhotel“.

Charleston, Quickstep, Tango, Walzer und Jazz bilden, nebst ungarischem Kolorit, die musikalische Basis des jüdisch-ungarischen Komponisten Paul Abraham für eine wenig spannende Handlung, die als „Gegenwart“ angekündigt wird, aber doch deutlich der Vergangenheit angehört. Die Handlung des Librettos von Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda nach Alfred Savoir passt quasi auf eine Briefmarke: Marylou, die Tochter des Filmproduzenten Makintosh hat die Idee, den entmachteten Hochadel im Exil in persona zur Handlung eines Hollywood-Films zu machen. Die trotz der Revolution von 1918 noch immer undenkbare Mesalliance zwischen der Infantin Isabella und einem Kellner löst sich zum viel beschworenen Happyend, da sich der Kellner sich als ein Prinz erweist.

Faszinierend allerdings, was die Komische Oper aus einem für nur zwei (wie man hört inzwischen ausverkaufte) Vorstellungen angesetzten Projekt gemacht hat. Obgleich als „konzertant“ angekündigt, ist die Produktion von Hausherr Barrie Kosky selbst witzig szenisch arrangiert und dabei choreografisch rasant durchgestylt. Die Kostüme von Katrin Kath sind durchaus originell, etwa für den Wandel von Tom Erik zwischen Hotelbesitzer Präsident Chamoix und der von ihm als Drag dargestellten Hofdame der Infantin, Gräfin Inez Pepita de Ramirez. Das Orchester streckt sich von links nach rechts quer über die Bühne, eingerahmt von zwei Konzertflügeln, dessen linken der Dirigent und Bearbeiter Adam Benzwi selbst spielt. Benzwis Arrangements sind einfallsreich und originell. Einmal verblüfft ein Zwischenspiel als freches zeitgenössisches Fugato der Streicher, welches dann aber doch schnell von einem der Hauptthemen der Operette abgelöst wird. Die musikalische Substanz der Nummern erreicht bestenfalls als Running Gag des als Filmproduzent köstlichen Philipp Maierhöfer eine gewisse Form von Ohrwurm-Qualität. Trefflich sind auch die übrigen Mitglieder der Besetzung: Talya Lieberman als Infantin und der strahlend kraftvolle Tenor Johannes Dunz als Prinz Andreas Stephan. Sarah Bowden als Marylou wirft schwingend ihre Beine, vollzieht mit goldenen Turnschuhen einen Step-Dance und springt in den Spagat. Auch in dieser Produktion sorgt das vokale Lindenquintett wieder für groovige Stimmung und dient als Chorersatz. Den Vogel schießt jedoch erneut Max Hopp ab, der als Conferencier witzig die Raum- und Personenkonstellationen umreißt (Mary Lou definiert er als „Feuerwerk auf zwei Beinen“); immer wieder springt Hopp, mittels einer um den Arm geworfenen Serviette, in die Rolle des in die Infantin verliebten Zimmerkellners Albert, mimt und singt hinreißend komisch.

Viel Zuspruch des Publikums; nur Hausherr und Regisseur Barrie Kosky war selbst nicht zugegen um den Dank des Publikums für die szenische Umsetzung der Musikrevue entgegennehmen zu können.

Weitere Aufführung: 30. Dezember 2017.

  • Am 31. 12. überträgt Deutschlandfunk Kultur ab 20:10 Uhr den Mitschnitt der Premiere.

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