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„The Fairy Queen“ in Augsburg: Ekaterina Aleksandrova (Mitte), Constantin Zimmermann, Olena Sloia (rechts) und Tänzer. Foto: Jan-Pieter Fuhr
„The Fairy Queen“ in Augsburg: Ekaterina Aleksandrova (Mitte), Constantin Zimmermann, Olena Sloia (rechts) und Tänzer. Foto: Jan-Pieter Fuhr
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Schauwerte statt Barockzauber: Purcells „The Fairy Queen“ am Staatstheater Augsburg

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Welche Bezeichnung man für Henry Purcells Shakespeare-Adaption „The Fairy Queen“ auch wählen mag – „Semi-Opera“, „Dramatick Opera“ oder was auch immer – klar ist: Für jede zeitgenössische Produktion dieses wunderbaren Gesamtkunstwerks aus Schauspiel, Oper und Tanz muss neu definiert werden, was genau man daraus machen will.

Entscheidend ist der Umgang mit dem gesprochenen Teil des Originals, denn fast ausschließlich dieser transportiert die leicht modifizierte „Sommernachtstraum“-Handlung. Die gesungenen Teile hingegen sind damit nur lose verbundene Einschübe („Masques“ – eine weitere Gattung). Lässt man das Schauspiel weg, kann man mit Purcells Musik eine ganz andere Geschichte erzählen, wie etwa Lydia Steier vor zehn Jahren in Regensburg auf intelligent-einfühlsame Weise bewiesen hat (siehe nmz Online 20.6.2013). Oder man kann versuchen, trotzdem eine Art „Midsummer Night’s Dream“ auf die Bühne zu bringen, wie dies nun mit überschaubarem Erfolg Augsburgs Ballettdirektor Ricardo Fernando getan hat.

Er hat dazu Musiknummern der verschiedenen Akte munter durcheinandergewürfelt und jenen Figuren in den Mund gelegt, die eigentlich Sprechrollen wären. So übernimmt wenig plausibel Feenkönig Oberon, zu dessen Geburtstag seine Gattin Titania zum Auftakt dieser Augsburger Version ein Fest gibt, den Part des betrunkenen Poeten. Schwerer wiegt, dass der Abend mit den Auftritten der Jahreszeiten aus Purcells viertem Akt beginnt, einer mit Ausnahme des Winters eher schwächeren Nummernfolge. Wenig überzeugend, weil schlampig artikuliert, sind außerdem die kurzen Sprechpassagen, die dann doch nötig sind, um den Plot verständlich zu machen.

Ansonsten versucht Ricardo Fernando durch Ausstattungs- und Bewegungsüberfluss von den dramaturgischen Defiziten abzulenken. Durch ein ovales Guckkastenfenster blicken wir in eine psychedelisch bunte Seventies-Landschaft in Lavalampen-Optik (Bühne: Pascal Seibicke), die von fantasievoll bekleideten Tänzern, Sängern und dem Elfenchor bevölkert wird (Kostüme: Helena de Medeiros). Die Bühnenaktion greift zwischenzeitlich auch auf den Zuschauerraum über, wo Puck-Tänzer Cosmo Sancilio herumspukt.

Auch der Chor (Einstudierung: Katsiaryna Ihnatsyeva-Cadek) mischt sich für eine Echoszene unters Publikum, eine der wenigen klanglich gelungenen Passagen des Abends. Ansonsten leidet die musikalische Gestaltung darunter, dass in der akustisch ohnehin heiklen Ausweichspielstätte Martini-Park die Sänger nicht nur über den hoch liegenden Orchestergraben hinwegsingen müssen, sondern dazu auch noch in offenbar zusätzlich Schall schluckenden Kulissen stehen. Für subtile Feinheiten der Vokalparts bleibt da kaum Spielraum, umso beachtlicher, was Jihyun Cecilia Lee (Hermia/Sommer), Ekaterina Aleksandrova (Helena/Frühling) und Constantin Zimmermann (Puck) leisten. Olena Sloia als Titania befreite sich nach der Pause von anfänglichen Unsicherheiten und legte in einer akrobatischen Szene mit Zettel-Tänzer Afonso Pereira eine köstliche erotische Eselei hin. Auch dank der mit Ghettoblaster ausgestatteten Handwerker-Tanztruppe nahm der zweite Teil an Fahrt auf.

GMD Domonkos Héja sorgte für einen reibungslosen, unspektakulären Ablauf; dem mit über 20 Streichern unnötig aufgeblähten, etwas pauschalen Orchesterklang setzten die Trompeten schöne Glanzlichter auf. Am Ende gab es viel Zustimmung für diese mehr Schauwerte als englischen Barockzauber vermittelnde Produktion.

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