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Soeben erschienen: politik und kultur 2/2011
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Wie ich einmal den Öffentlich-Rechtlichen so richtig auf die Sprünge helfen konnte: Theo Geißlers Kurz-Schluss

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Manchmal habe ich auch Glück: Kurz vor Dr. Googlebergs Copy-and-Paste-Skandal lobte mich Cheffe Gutti raus aus dem Verteidigungsministerium. In Kundus hatte ich wohl im wahren Sinn des Wortes zu viel mit-gekriegt. (Siehe puk 1/11). Dort sollte ich ja für prima Feldlager-Stimmung sorgen, was mir die eigene verdarb. Und so landete ich mal wieder im Innenministerium, Abteilung Media-Control. [politik & kultur 2/2011]

Deren Personalbedarf war grade immens, weil die derzeit von Thomas de Maizière gesteuerten Öffentlich-Rechtlichen im brutalen Quotenkampf gegen RTL jämmerlich zurückfielen. Bei allen Anstrengungen, das Niveau der Privaten möglichst skandalträchtig zu unterbieten, stürzten ARD und ZDF doch immer tiefer in den Quotenkeller. Weil mein guter Rat relativ billig ist, ließ man mir ziemlich freie Hand. Und so konfigurierte ich für den ersten Februar-Samstag zur Prime-Time erst mal ein Abendprogramm, das sich gewaschen hatte.

Beim ZDF stand die Springer-Verlags-Kooperation „Verleihung der goldenen Kamera“ auf dem Programm. Normalerweise ein stinklangweiliger Semi-Promi-Präsentations-Flop. Eine gute alte Bekanntschaft aus propagandistisch höchst erfolgreichen Kabel-1-Zeiten kam mir da äußerst gelegen. Rolf Hellgardt, einst Programmchef dieses C-Picture-Ausstrahlers, jetzt Boss bei der Hamburg Media Production, begnadeter Headhunter und TV Troubleshooter lebte doch mit einer der längst bekannten Goldkamera-Preisträgerinnen zusammen. Mit Monica Lierhaus.

Rolf und ich hatten seinerzeit ja schon sehr ertragreich die Schröder-Merkel-Wahl aufs Schönste gefälscht und den Exkanzler vor seinem TVAuftritt mit reichlich Wodka versorgt. Sowas verbindet. Deshalb wurden wir rasch handelseinig. Gegen eine knappe halbe jährliche Million für Monica plus Auftrittsmöglichkeit als Lottofee oder Charity-Miss plus die dreifache Summe steuerfrei für ihn auf die Hand erklärte er sich sogar bereit, seine Lebensabschnitts-Partnerin vor laufender Kamera zu heiraten. Genau der Human Touch, den das verzopfte Zweite so dringend brauchte.

Also probten wir die spontan anrührende Ja-Wort-Szene ungefähr neunzigmal, verpassten dem ansonsten verpennten Gratulator Günther Netzer ein paar Amphetamin-Drinks zur Erzeugung natürlich wirkender Nervosität und verboten Moderator Hape Kerkeling unter Androhung einer (bei ihm vermutlich wirkungslosen) Zwangs-Lobotomie jeden Scherz. Es klappte wunderbar. Beim TV-Plebs strömten die Tränen, sogar Henri Maske heulte. Und die Quoten schossen nah an die Fünfzig-Prozent-Marke.

Doch was tun für die ARD? Klar: Romance-Programm im Zweiten, Sport mit ein bisschen Sex im Ersten! Für mich völlig unverständlich geriet der sogenannte Biathlon derzeit doch nahezu zum Kult. Ich begreife zwar nicht, was an dieser Mischung aus Langweiler-Lauf und militaristischem Geballere so reizvoll sein soll. Deshalb arbeite ich für die dritten Kulturprogramme an einem Konzept, bei dem die Sportler statt an den Schießstand in den Wald geschickt werden, zum Fichtenzapfen-Sammeln. Wer zehn hat, darf weiterrennen.

Aber für unser Erstes brauchts wohl ein bisserl Rambo. Da traf es sich gut, dass irgendwo im amerikanischen Hinterwald, in Presque Isle (Maine), diese vermeintlichen Doppelbegabungen athletisch durch die Landschaft rutschten und knallten. Auch noch als Mixed-Staffel, was dem gemeinen Fernsehkonsumenten viel Phantasie-Spielraum über die Gestaltung der After-Kampf-Party lässt. Ideal und eingekauft. Mit ein paar Schnittbildern aus absolvierten Wettkämpfen sorgten wir dafür, dass die deutsche Staffel scheinbar noch gewann – ein Land im Sieges-Taumel – auch fast fünfzig Prozent Quote.

Ach, man konnte die Verzweiflungsschreie und Wutausbrüche in den Controller-Etagen der Privaten weit über die Grenzen der Media-Cities hinaus hören. Grandios. Doch kein Glück ohne Pferdefuß: Soeben erhielt ich von höchster Stelle den Auftrag, die völlig missratene Stefan-Raab-Show für den European Song-Contest zum ARD-Quotenrenner aufzublasen. Unter der Vorgabe, dass Deutschland aus Kostengründen diesen Wettbewerb nie wieder gewinnen dürfe. Um Letzteres mache ich mir keine Sorgen. Das ausgewählte Lied klingt, als würde es von einer defekten Kaffeemühle interpretiert. Aber wie soll ich mit diesem abgehalfterten Wok-Rodler samt seiner Quetschstimmen-Roboterin Zuschauerzahlen anheben? Wenn Sie einen Rat haben: bitte einfach eine Mail an meine bekannte Adresse. Ich bin Ihnen dann auch bei der Zuteilung eines Bundesverdienstkreuzes behilflich.

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