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Akademiepräsident Adolf Muschg sieht Investitionsbegriff in der Kultur skeptisch +++ Hans-Joachim Otto (FDP) : EU-Kulturvertretung «den Ländern zum Fraß vorgeworfen»
Akademiepräsident Adolf Muschg sieht Investitionsbegriff in der Kultur skeptisch
Berlin (ddp). Der Präsident der Berliner Akademie der Künste, der Schriftsteller Adolf Muschg, hat vor einem missverständlichen Gebrauch des Begriffes Investition in der Kultur gewarnt. «Eine Investition muss sich rechnen, darum bin ich skeptisch, was das in der Praxis bedeutet», sagte Muschg am Mittwoch mit Blick auf die Aussagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer Regierungserklärung. Sie hatte vor dem Bundestag betont, Kulturförderungen seien Investitionen und keine Subventionen.
«Es ist zu befürchten, dass man zum Beispiel in einigen Sparten der Musik zu dem Punkt kommt, wo man sagt, diese Investition lohnt sich nicht mehr», sagte Muschg. Wenn sich alles nun rechnen müsse, sei es zweifelhaft, wie kulturelle Vielfalt erhalten werden könne. Die wirkliche Bedrohung für die Kultur komme von den herrschenden wirtschaftlichen Sachzwängen.
Der neue Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien, Hans-Joachim Otto (FDP), widersprach den Befürchtungen des Akademiepräsidenten. «Bei öffentlichen Investitionen muss kein Profit herauskommen wie bei einem privaten Engagement», betonte er. Das gelte für öffentliche Schwimmbäder ebenso wie für die Kultur. Doch wirkliche Perspektiven sehe er für die Kulturförderung nur im privaten, nicht im öffentlichen Bereich. «Es muss uns gelingen, ein stärkeres Engagement der Zivilgesellschaft für die Kultur herauszufordern», sagte Otto.
Hans-Joachim Otto (FDP): EU-Kulturvertretung «den Ländern zum Fraß vorgeworfen»
Berlin (dpa) - Der neue Vorsitzende des Bundestagskulturausschusses, Hans-Joachim Otto (FDP), hat heftige Kritik an der seiner Meinung nach ungenügenden Ressortzuständigkeit von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) geübt. Die Außenvertretung der Kultur in der Europäischen Union sei «den Ländern zum Fraß vorgeworfen» worden, «zum Nachteil von Deutschland», sagte Otto in der «Berliner Zeitung» (Mittwoch). «Die Erfahrungen damit, dass Kultur und der Rundfunk von Ländervertretern wahrgenommen werden, sind desaströs.»
Der FDP-Politiker sprach sich dafür aus, vor allem «Junges, Neues, Mutiges, Widerspenstiges» in der Kunst zu fördern. Der Staat sei für eine kulturelle Grundversorgung zuständig, aber auch die Gesellschaft sollte im Kulturbereich mehr Verantwortung übernehmen. Es mangele in Deutschland noch an großem Mäzenatentum. Zur Hauptstadtkultur meinte Otto, der vom Bund jährlich mit zehn Millionen Euro finanzierte Hauptstadtkulturfonds für besonders förderungswürdigte Kulturprojekte in Berlin sei unverzichtbar. Er sollte auch nicht gekürzt werden.
Otto forderte auch einen Abriss des Palastes der Republik. «Dieses Gebäude ist eine Hässlichkeit sondergleichen, zudem geschichtlich belastet. Es gibt große Widerstände in der alten SED-Nomenklatura, das Ding abzureißen.»
Es gehe hier «um das Herz der deutschen Hauptstadt, das Schaufenster für die Welt». Nach 15 Jahren Diskussion sei eine städtebaulich überzeugende Lösung an diesem Ort jetzt eine vordringliche Aufgabe. Es gehöre auch zur Selbstachtung des Bundestages, seine eigenen Beschlüsse umzusetzen, meinte Otto unter Hinweis auf einen Parlamentsbeschluss aus dem Jahr 2002 zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses, wie er auch im Koalitionsvertrag der großen Koalition vereinbart worden ist. Mit dem Palast-Abriss soll laut Berliner Bauverwaltung im Januar begonnen werden.