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12.6.: kulturfinanzierung aktuell +++ kulturfinanzierung

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Die traditionsreiche Frankfurter Bühne TAT soll geschlossen werden +++ Aus für das Schauspiel in Nordhausen +++ Sachsen-Anhalt: Musikschulen können Wartelisten nicht abarbeiten +++ Streit um 5,2 Millionen Euro für Preußischen Kulturbesitz

Die traditionsreiche Frankfurter Bühne TAT soll geschlossen werden
orf - Die Reformkommission der Stadt Frankfurt hat am Dienstag das Aus für das experimentelle Sprechtheater beschlossen. Es handle sich um eine "Empfehlung an den Magistrat", sagte der Sprecher von Oberbürgermeisterin Petra Roth. Grund sei die angespannte Finanzsituation der Stadt. Es gilt als daher als sicher, dass die Empfehlung vom Magistrat angenommen wird.
Das TAT (Theater am Turm) soll den Plänen zufolge von 2004 an keine eigenständige Sparte der Städtischen Bühnen mehr sein. Als Spielstätte soll das Bockenheimer Depot jedoch erhalten bleiben. Das Depot sollen die anderen drei Sparten der Städtischen Bühnen - Oper, Ballett und Schauspiel - nutzen, aber auch die freie Avantgardebühne Mousonturm oder das Ensemble Modern für Neue Musik.
Im Jahr 2004 laufen die Verträge der derzeitigen TAT-Chefs aus. Der Intendant von TAT und Ballett Frankfurt, William Forsythe, hatte bereits angekündigt, über 2004 hinaus keine Ambitionen auf Leitung des TAT zu haben. Über seinen Vertrag als Ballettchef wird zur Zeit verhandelt. Die beiden bisherigen künstlerischen Leiter des TAT, Tom Kühnel und Robert Schuster, sind ebenfalls nur bis 2004 engagiert.
Schuster bezeichnete den Beschluss der Reformkommission als "extrem engstirnig". Wenn die Spielstätte erhalten bleibe, "reden wir über ein Einsparpotenzial von zwei Millionen Euro", sagte er. Der Einsparbetrag stehe in keinem Verhältnis zum Gesamtetat der Städtischen Bühnen von 67,7 Millionen Euro. "Und dafür ein Theater, das überregional einen solchen Stellenwert und eine solche Tradition hat, zuzumachen - da kann man nur von extremer Ideenlosigkeit sprechen."
Viele Intendanten großer deutschsprachiger Bühnen hatten sich für den Erhalt des TAT eingesetzt. In einem Offenen Brief schrieben zehn Bühnenchefs, das TAT gehöre "mit bescheidenem künstlerischen Etat dennoch zum Kreis der überregional beachteten Theater". Mit einem "Theatertod in der immer noch reichen Stadt Frankfurt" werde ein "fatales Signal für eine Welle von Theaterschließungen gesetzt".
Hintergrund der Schließung ist die Finanznot der Stadt. Auf Druck des hessischen Finanzministeriums als Aufsichtsbehörde beschloss die Stadt ein Konsolidierungsprogramm, das erhebliche Einschnitte in den Etats vorsieht. Der Kulturetat soll Jahr für Jahr mehr reduziert werden. Zuletzt soll 2005 ein Einsparvolumen von 14,4 Millionen Euro erreicht werden.

Aus für das Schauspiel in Nordhausen
mdr - Der Stadtrat wird am Mittwoch über die Zukunft des Schauspiels entscheiden. Die Signale stehen auf Rot, denn Ende Mai fasste bereits die Theater Nordhausen/Loh-Orchester Sondershausen GmbH den Beschluss, die Sparte zum 31. Juli 2004 aufzugeben. Der Aufsichtsrat begründete, ohne den Spartenabbau sei das Theater in seiner Existenz nicht zu sichern. Man folge einem Vorschlag der Geschäftsleitung. Nach dem Sparten-Ende sollen bundesweit Gastspiele eingekauft werden. Weiter gesichert sei die Arbeit des Kinder- und Jugendtheaters.

Die vier Gesellschafter - die Städte Nordhausen und Sondershausen sowie die Landkreise Nordhausen und Kyffhäuser - wollen ihre Zuschüsse 2004 bis 2008 zwar konstant halten. Angesichts steigender Personalausgaben läuft das aber auf eine Kürzung hinaus. Laut Aufsichtsrat ergäben die Tarifanpassungen bei unveränderter Mitarbeiterzahl bis 2008 einen Mehrbedarf von 2,5 Millionen Euro. Selbst bei Schließung der Schauspiel-Sparte sieht der Aufsichtsrat die Notwendigkeit, einen Haustarifvertrag einzuführen. 85 Prozent der Gesamtkosten des Hauses sind Personalausgaben.
Im Februar entschied sich bereits der Erfurter Stadtrat, die Schauspiel-Sparte sowie das Kinder- und Jugendtheater 2003 zu schließen. Zuvor war die vom Land favorisierte "Theatergemeinschaft" mit der Weimarer Bühne geplatzt. Der Stadtrat votierte für ein eigenständiges "Weimarer Modell", das die Gründung einer GmbH vorsieht. Die Pläne des Kunstministeriums für einen Verbund zwischen Nordhausen-Sonderhausen und Eisenach-Rudolstadt-Saalfeld scheiterten Ende 2001 am Widerstand der Träger.
Das Land will die Thüringer Theater und Orchester zwischen 2004 und 2008 wie bisher mit rund 60 Millionen Euro im Jahr fördern. Die steigenden Tarife bringen die Häuser jedoch in Finanznöte, die das Land nach eigenem Bekunden nicht ausgleichen kann. Nach dem kompletten Scheitern der Reformpläne für die Thüringer Theater- und Orchesterlandschaft nahm das Kunstministerium in der vergangenen Woche einen neuen Anlauf und forderte neue Konzepte. Das Kunstministerium empfiehlt "Kooperationen", da sich ansonsten "qualitätsvolle Angebote in allen Sparten" mit den eigenen Ensembles nicht in jedem Falle verwirklichen ließen. Dies betreffe vor allem die Sparten Tanztheater und Schauspiel.

Sachsen-Anhalt: Musikschulen können Wartelisten nicht abarbeiten
mdr - Die Musikschulen können wegen Personalmangels den Bedarf an hochwertigem Musikunterricht nicht mehr decken. Verbands-Geschäftsführerin Scheller sagte MDR ONLINE, auf den Wartelisten der 28 Musikschulen stünden 2500 Interessierte, die eine Ausbildung wünschten.
Es könnte aber nicht genügend Kurse angeboten werden, da der Haushalt nicht für genügend fest angestellte Lehrer ausreiche. Oft müsste der Einzelunterricht in Gruppenunterricht umgewandelt werden. "Wir haben keine Reserven mehr", beschreibt Scheller die Lage. Auf Werbung für Musikschulen müsse man inzwischen verzichten, da sonst die Wartelisten noch länger würden. Nach Ansicht des Verbandes muss sich das Land am Haushalt der Musikschulen stärker beteiligen. Derzeit tragen die Kommunen mehr als die Hälfte der Kosten, 20 Prozent deckt das Land, der Rest kommt aus Gebühren.
Für die Musikschule in Halle warten derzeit mehr als 300 Interessenten auf einen Platz. Rund 150 Lehrer, davon sind weniger als ein Drittel festangestellt, unterrichten rund 2500 Schüler. Gelehrt wird nach Angaben von Musikschulen-Chef Hans-Martin Uhle jedes Instrument, vom Klavier bis zum Dudelsack. Die Unterrichtsbeiträge liegen jährlich bei rund 500 Euro. Als Problem sieht Uhle jedoch, dass der Haushalt unter Kommunen, Land und Eltern nicht gleich aufgeteilt wird. So seien sie die Kommunen finanziell weitaus stärker beteiligt als das Land. Damit schwanke die Ausstattung für die Schulen je nach kommunaler Haushaltslage. Da finanzkräftige Privatanbieter für Musikschulen im Osten fehlten, müsse das Land mehr Verantwortung für die Musikschulen übernehmen, fordert Uhle. Vom Kultusministerium heißt es hingegen, mehr als eine konstante Förderung könne man den Musikschulen nicht garantieren. Den Zuschuss zu erhöhen sei bei der derzeitigen Finanzlage nicht machbar, sagt Referatsleiter Hoberg MDR ONLINE.
Einer Statistik des Musikschulen-Landesverbandes zufolge kann nur jedes 21. Kind in Sachsen-Anhalt eine Musikschule besuchen, in Baden-Württemberg ist es jedes 3. Kind.

Streit um 5,2 Millionen Euro für Preußischen Kulturbesitz
Berlin (ddp). Berlin droht neuer Ärger mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Gestritten wird um 5,2 Millionen Euro, die das Land von der Stiftung zurückverlangt, berichtet die «Berliner Morgenpost» (Mittwochausgabe) vorab. Berlin hatte diese Summe Anfang des Jahres als erste Rate seines Anteils an den Investitionskosten der Stiftung für 2002 überwiesen. Im Mai hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) jedoch nach einer gemeinsamen Sitzung von Bundeskabinett und Senat verkündet, dass Berlin für die Investitionskosten der Stiftung nicht mehr aufkommen müsse.