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14.1.: Musikrats-Presseschau

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Die Reaktion auf die gestrige Pressekonferenz ist in den heutigen Tageszeitungen zu finden. Aus Gründen der Bequemlichkeit übernahm ein Großteil der Gazetten die hinlänglich bekannte dpa-Meldung, oft in stark gekürzter Form. Nur wenige Redakteure beschäftigen sich tiefgehender mit der Problematik.

vollständige DPA-Meldung:
Bestand des Deutschen Musikrats in Bonn ist vorläufig gesichert
Bonn. (nfz/dpa) Der insolvente Deutsche Musikrat kann wieder Hoffnung schöpfen. Obwohl die Kosten für das Jahr 2003 noch nicht gedeckt seien, würden zunächst alle laufenden Projekte fortgesetzt, teilte der vorläufige Insolvenzverwalter Ludger Westrick in Bonn mit.
Der Deutsche Musikrat, Dachverband für rund acht Millionen Laien- und Berufsmusiker, hatte im November 2002 wegen Überschuldung Insolvenz angemeldet.
Die Schuldenlast liegt den Angaben zufolge mit über einer Million Euro deutlich über den zunächst geschätzten 500 000 Euro. Da das Problem mit Darlehen nicht gelöst werden könne, solle die Entschuldung durch eine Spendenaktion erreicht werden. Bis zur voraussichtlich Mitte März organisierten Gläubigerversammlung werde ein Insolvenzplan ausgearbeitet, der die Schuldenlast abbauen solle.
Nach Angaben von Westrick sollte die jetzt beim Musikrat angesiedelte Verbindungsstelle zu Musikern im Ausland unter dem Dach des Musikrates bleiben. Bundesaußenminister Joschka Fischer hatte in der Vergangenheit gefordert, diese Stelle an das Goethe-Institut Inter Nationes zu übertragen.
Der vorläufige Insolvenzverwalter sagte, eine Übertragung würde dem Musikrat fast 40 Prozent seines Budgets nehmen.
Die neue Struktur aus drei Geschäftsführern sei "tragfähiger", so Westrick, als die alte mit einem Generalsekretär. Dies sei auch der Grund für die überraschende Entlassung von Thomas Rietschel als Geschäftsführer.
Außerdem machte Westrick deutlich, dass eine Insolvenz "kein demokratischer Vorgang" sei. Teile des Präsidiums hatten ihm mangelndes demokratisches Vorgehen vorgeworfen.
Aus Protest gegen die Kündigung des ehemaligen Geschäftsführers am 22. Dezember 2002 hatten am Samstag fünf Präsidiumsmitglieder - wie berichtet - ihren Rücktritt erklärt. Am Montag erklärte das sechste Präsidiumsmitglied seinen Rücktritt: Der Rektor der Dresdner Hochschule für Musik "Carl Maria von Weber", Wilfried Krätzschmar.
Nun wird vom Amtsgericht ein Not-Präsidium plus Notpräsident eingesetzt. Diese berufen dann eine Generalversammlung ein, die über die neue Struktur entscheiden wird. Bei Ablehnung droht die "Zerschlagung" des Musikrates, so Pressesprecherin Susanne Fließ.
Der Generalsekretär der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände, Stefan Liebing, kritisierte die Rücktritte. Er sagte am Montag in Stuttgart, das Präsidium habe sich mit dieser Entscheidung einer konstruktiven Beteiligung an der Reform des Verbandes verweigert.
http://www.general-anzeiger-bonn.de/index4_frameset.html?/news/artikel…


In Seenot
Der Deutschen Musikrat kämpft

Um Schadensbegrenzung ist beim Deutschen Musikrat derzeit offensichtlich niemand bemüht. Statt dessen wird gekämpft - wofür ist derzeit nicht auszumachen. Aber womit: mit härtesten Bandagen nämlich. Und Tiefschläge scheinen das probate Mittel, diesen Strauß auszufechten: Was dem einen die Kündigung per E-Mail ist, ist den anderen die kollektive Trotzhaltung. Als ob nicht schon genug Porzellan zu Bruch gegangen wäre.
Gute Nachrichten dringen kaum nach außen. Selbst die Zusage, dass alle Projekte fortgesetzt werden, hat nur vorbehaltlichen Charakter: Westrick schränkt sie mit einem "zunächst" ein. Chöre, Orchester und Solisten, die mit Geldern des DMR planen, operieren auf einer höchst wackligen Basis. Die Folgen für die Laienmusikszene könnten fatal sein.
Dabei gibt jeder Beteiligte vor, sich der Bedeutung dieser Institution bewusst zu sein. An Worten ist das momentan nicht zu festzumachen, und an Taten noch viel weniger. Derzeit wirkt der Deutsche Musikrat wie ein havarierter Großtanker mit einem ungeschickten Kapitän, der als erste Amtshandlung den Steuermann von Bord gejagt hat. Und jetzt meutert auch noch die Mannschaft - in Seenot eine unglückselige Situation.
Von Ralf Döring
http://www.neue-oz.de/information/noz_print/feuilleton/Musikrat.html


Das Präsidium des in Bonn ansässigen Deutschen Musikrates tritt geschlossen zurück
Bonn. (nmz) Mit dem Verweis auf eine Meldung der "Neuen Musikzeitung" äußert sich der in Bonn ansässige Deutsche Musikrat auf seiner Internet-Homepage über den geschlossenen Rücktritt seines Präsidiums. Beschlossen hatte er diesen Schritt bei seiner Sitzung in Fulda am Samstag.
Tags zuvor hatten die Präsidiumsmitglieder Christian Hoeppner und Stefan Piendl im Musikmagazin "taktlos" vom Bayerischen Rundfunk ihren Rücktritt angekündigt. Als Begründung nannten sie das eigenmächtige Handeln des Insolvenzverwalters Ludger Westrick - auch im Zusammenhang mit der Kündigung des Musikrat-Generalsekretärs Thomas Rietschel.
Der in finanzielle Turbulenzen geratene Musikrat hatte am 11. November 2002 Insolvenz beantragt. Das Amtsgericht Bonn setzte den Wirtschaftsprüfer Ludger Westrick als Insolvenzverwalter ein. Am 22. Dezember kündigte dieser dem Generalsekretär Rietschel, dem die Mitgliederversammlung des Musikrates zwei Tage zuvor in Weimar das Vertrauen ausgesprochen hatte.
Das Präsidium kritisiert sowohl die Informationspolitik Westricks, als auch die fehlende Begründung "für diese einsame Entscheidung", wie es einer in der nmz veröffentlichten Stellungnahme heißt. Mit dem Verlust des "Hoffnungsträgers" Rietschel hätten sich die Chancen für eine Neuausrichtung des Musikrates verschlechtert.
Von Thomas Kliemann
(12.01.2003)
http://www.general-anzeiger-bonn.de/index4_frameset.html?/news/artikel…


Schluss mit Schattendasein
Der Deutsche Musikrat hat vielleicht noch eine zweite Chance

Es dampft, pufft und qualmt. Unter dem Dach des deutschen Musikrats herrscht seit Monaten dicke Luft. Damit ein Großbrand vermieden werden kann, befinden sich alle Verantwortlichen längst in höchster Alarmbereitschaft. Als Oberbrandmeister fungiert seit November des vergangenen Jahres Ludger Westrick aus Bonn. Westrick wurde als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, um den Musikrat vor dem bitteren Ende zu bewahren. Denn dort geht es zu wie im Tollhaus. Zunächst entdeckte man im Oktober beträchtliche finanzielle Löcher, das Ergebnis eines jahrelangen Missmanagements. Dann betrat Rechtsanwalt Westrick die Bühne und setzte kurz vor Weihnachten im Hauruckverfahren den erst wenige Monate zuvor inthronisierten Generalsekretär, Thomas Rietschel, via e-mail vor die Tür. Am letzten Wochenende ist schließlich das Präsidium geschlossen zurückgetreten, aus Protest gegen die Entlassung Rietschels, mit der "eine der tragenden Säulen für eine erfolgversprechende Sanierung" weggebrochen sei.
Dass der Deutsche Musikrat kein Schattengewächs ist, beweist die Tatsache, dass er mehr als acht Millionen Menschen repräsentiert, die sich professionell oder als Laien mit Musik beschäftigen. Vor 50 Jahren gegründet, bildet er die Spitze von 91 Musikverbänden und 16 Landesmusikräten. Er nimmt Einfluss auf Gesetzgebung, Erziehung und öffentliche Meinung und betreibt zahlreiche bedeutende musikpolitische Initiativen sowie Projekte zur Förderung des Nachwuchses, darunter als bedeutendstes "Jugend musiziert". Auch Bundesjugend- und Bundesjazzorchester liegen in der Obhut des Deutschen Musikrates, der sich überwiegend aus Mitteln des Bundes und der Länder finanziert, zuzüglich beachtlicher Spenden von privaten Sponsoren. Nun hat Insolvenzverwalter Westrick auch die mehr oder weniger exakte Schuldensumme bekannt gegeben. Rund 1,1 Millionen Euro als Rückforderung von Gläubigern, zudem Schulden bei der öffentlichen Hand, die ihre Summen storniert, aber nicht erlässt. Außerdem hat Westrick eine neue Satzung erarbeitet. Diese kann er zwar nicht selbst beschließen, wohl aber der Mitgliederversammlung am 15. Februar zur Abstimmung vorlegen. Vorgesehen ist, den Posten des Generalsekretärs wegfallen zu lassen und stattdessen drei Geschäftsführer für die Bereiche Information und Politik, Kaufmännisches und Projekte einzusetzen. Kommissarisch sind diese Geschäftsführer bereits im Amt, obwohl keineswegs klar ist, dass die erarbeitete Satzung überhaupt beschlossen wird. Gesichert aber ist der Haushalt für 2003 bei Erhalt aller derzeit laufenden Projekte.
Natürlich kann der Deutsche Musikrat von einem kühl rechnenden Mann wie Westrick etliches lernen, allerdings ist Vorsicht geboten, wenn dieser sich auch als Vorsteher innermusikalischer Entscheidungen präsentiert und beispielsweise noch am Heiligabend Sönke Lenz zum neuen Chef des Bundesjugendorchesters ernennt, weil bereits am 27. Dezember die nächste Arbeitsphase auf dem Programm stand. Entscheidend aber wird sein, ob Westrick, der nach eigenem Bekunden schon nach der nächsten Gläubigerversammlung den Deutschen Musikrat gerettet zu wissen hofft, auch in der Lage ist, das Kernproblem anzugehen: Dass nämlich der Musikrat nicht nur Gelder verwaltet, sondern auch autonom über sie verfügen kann. Denn einen Musikrat, der ausschließlich als administrative Zwischeninstanz über Finanzen zu wachen hat, die den jeweiligen Projekten auch direkt zufließen könnten, braucht das deutsche Musikleben nicht.
CHRISTOPH VRATZ
http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel1…