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Weiss für Beibehaltung der Tarife an Theatern +++ Flierl: Künstlerische Eigenständigkeit der Berliner Opern erhalten +++ Immer mehr Klagen vor Bühnenschiedsgericht +++ Theater Altenburg-Gera muss mindestens 44 Stellen streichen +++ Kritik aus der CDU - «Vesper stellt der Musik in NRW den Ton ab» - Minister nennt Vorwürfe «Halbwahrheiten»
Weiss für Beibehaltung der Tarife an TheaternHalle (ddp). Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) will an den Tarifstrukturen in den Theatern festhalten. Bei «kreativer Auslegung» seien die Tarifverträge «durchaus flexibel», sagte Weiss am Dienstag dem Radiosender MDR Kultur. Die Bühnen müssten nicht die Vorreiterrolle in der aktuellen Tarifauseinandersetzung zwischen dem Deutschen Bühnenverein und der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di spielen, fügte die Ministerin hinzu. Der öffentliche Dienst bringe dies «in keinem Bereich» fertig.
ver.di hatte einen Lohnverzicht der Theater-Beschäftigten abgelehnt. Dagegen waren die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und damit auch die Theaterleute von der Intendantengruppe im Deutschen Bühnenverein zu «maßvollen Lohnabschlüssen» aufgefordert worden.
Für die neuen Länder kündigte Weiss eine Akzentverschiebung von der «Leuchtturmförderung» hin zu mehr projektbezogener Förderung an. Es sei wichtig gewesen, herausragende kulturelle Institutionen vor dem Verfall zu bewahren, aber «in Zukunft werden wir weniger über die Ausstattung von Gebäuden und mehr über die Förderung von Festivals und auch Jugendkultur in Bewegung bringen können», sagte Weiss.
Flierl: Künstlerische Eigenständigkeit der Berliner Opern erhalten
Berlin (ddp-bln). Berlins Kultursenator Thomas Flierl (PDS) plädiert für eine künstlerische Eigenständigkeit der drei Berliner Opernhäuser auch in der Zukunft. Eine der Bühnen zum reinen Festspielhaus zu machen, fände keine politischen Mehrheiten, sagte er am Montagabend in Berlin. Das Gesamtkonzept müsse im Wesentlichen von den Intendanten der Staatsoper, der Deutschen Oper und der Komischen Oper erarbeitet werden. Über Zwischenergebnisse sei Vertraulichkeit vereinbart, um ein «Zerreden zu verhindern», sagte Flierl beim «Forum Hauptstadtkultur» in der Akademie der Künste.
Der zweite Teil des Forums soll am 25. November dem Thema «Berliner Opernstreit - Welche Oper braucht Berlin?» gewidmet sein und sich besonders mit Erfahrungen von Komponisten beschäftigen.
Immer mehr Klagen vor Bühnenschiedsgericht
mdr - Das Bühnenschiedsgericht in Chemnitz sieht sich einer Flut von Künstler-Klagen gegenüber. Hintergrund ist die anhaltende Finanzmisere in der Kultur, die zu immer mehr Theaterfusionen und dem Aus ganzer Sparten führt. Als Beispiel führt der Obmann des Gerichts, von Bergen, die Fusion der Bühnen in Gera und Altenburg an, die bereits sieben Jahre zurückliegt. Seither steige die Zahl der Rechtsstreitigkeiten stetig. Seien es nach der Wende noch 40 im Jahr gewesen, so seien es jetzt jährlich mitunter auch über 100.
Derzeit steht im Bühnenschiedsgericht der Streit über Abfindungen für Künstler am Theater Erfurt an. Dort soll im kommenden Jahr die Schauspielsparte geschlossen werden. Geklagt haben nun zehn Künstler, die seit über 15 Jahren dort auf der Bühne standen und für die nach den Worten von Bergens deshalb ein besonders hoher Kündigungsschutz gilt. Das heißt, sie müssen in anderen, zumutbaren Sparten eingesetzt werden. Die Pläne des Theaters sahen aber nun so aus, dass die Künstler als Bühnentechniker, Kartenabreißer oder Ankleider eingesetzt werden sollten. Daraufhin boten die Betroffenen ihren Weggang an, sofern sie eine angemessene Abfindung bekommen. Darüber müssen nun die Chemnitzer Richter entscheiden.
Die Erfolgsaussichten von Schauspielern, Tänzern und Sängern vor dem Bühnenschiedsgericht sind von Bergen zufolge deutlich schlechter als die normaler Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht. "Wenn der Intendant meint, dass der Schauspieler nicht mehr den jugendlichen Liebhaber spielen kann, hat das Gericht keine Handhabe." Kunst sei eben rechtlich nicht fassbar, und künstlerische Begründungen für eine Kündigung könne das Gericht einfach nicht überprüfen.
Das Thema Theater- und Spartenschließungen beschäftigte am Wochenende auch die Intendantengruppe im Deutschen Bühnenverein. Auf ihrer Herbsttagung in Leipzig forderte sie einen maßvollen Lohnabschluss. In einer Resolution gaben die Intendanten zu bedenken, dass in den meisten Theatern höhere Löhne und Gehälter nur mit Stellenabbau finanziert werden könnten. Nach Angaben der Gruppe haben die deutschen Theater und Orchester die Zahl ihrer Arbeitsplätze in den vergangenen Jahren um 6000 auf rund 40.000 verringert.
Theater Altenburg-Gera muss mindestens 44 Stellen streichen
Gera (ddp-lth). Das Theater Altenburg-Gera muss bis 2004 mindestens 44 der derzeit rund 340 Stellen streichen. Angesichts der schwierigen Haushaltslage und der zu erwartenden Tarifabschlüsse könne die fusionierte Bühne auch bei gleichbleibenden Zuwendungen in ihrer heutigen Personalstruktur nicht mehr finanziert werden, teilten Gesellschafter und Aufsichtsrat der Theater GmbH am Dienstag mit. Die Bühne soll jedoch auch künftig als Mehrspartentheater für beide Städte erhalten bleiben.
Generalintendant Rene Serge Mund fällt die Aufgabe zu, bis Juli 2004 das Orchester um 20 auf 68 Musiker zu reduzieren und die Sparte Chor mit derzeit 20 Sängern zu schließen. «Um den vorgegebenen Finanzrahmen einzuhalten», könnten weitere Bereiche betroffen sein. Außerdem soll die Besucherabteilung zum nächstmöglichen Termin ausgegliedert werden. Zudem soll Serge Mund mit dem Deutschen Bühnenverein und dem kommunalen Arbeitgeberverband einen Haustarifvertrag für den Zeitraum von 2004 bis 2008 aushandeln. Dort seien die prozentualen Tarifsteigerungen festzuschreiben sowie die Höhe des 13. Monatsgehaltes und des Urlaubsgeldes zu limitieren.
Die Stimmung unter den Mitarbeitern sei bedrückt, von Unverständnis bis Verständnis alle Emotionen vertreten, sagte Serge Mund der Nachrichtenagentur ddp. Er habe dem Ensemble die Nachricht auf einer Vollversammlung am Dienstag übermittelt. Als «kleinen Lichtblick unter diesen Umständen» nannte er die gleichbleibende Höhe der Zuwendungen von knapp 16,4 Millionen Euro. Davon steuert das Land Thüringen, falls die entsprechende Finanzierungsvereinbarung zustande kommt, 9,72 Millionen Euro bei. Den Rest teilen sich die Stadt Gera sowie Stadt und Landkreis Altenburg als Gesellschafter.
Zwar werde es eng, dennoch könnten mit einem Haustarifvertrag alle Sparten aufrecht erhalten werden, betonte der Generalintendant. Das gelinge jedoch nur, wenn die Tarifpartner mitzögen und nicht Tariferhöhung vor Arbeitsplatzsicherung stellten. Serge Mund hatte bereits im Sommer dieses Jahres darauf verwiesen, dass sein Theater neue Tariferhöhungen nicht mehr mittragen könne. Allerdings sei man nicht mehr in der Lage, Personal im nichtkünstlerischen Bereich abzubauen, da sich Sänger, Schauspieler und Tänzer künftig ihre Kostüme selbst schneidern, sich selbst schminken und auch das Bühnenbild erstellen müssten.
Der Etat des Theaters Altenburg-Gera war vor zwei Jahren bereits um umgerechnet rund vier Millionen Euro auf die heutige Höhe gesenkt worden. In der Folge wurde rund 100 vor allem technischen Mitarbeitern gekündigt. Da die zum Theater gehörenden Philharmoniker auf ihr 13. Monatsgehalt verzichteten, konnten dort statt der geplanten 80 weiterhin 88 Musiker beschäftigt werden.
(www.theater.altenburg.gera.de)
Kritik aus der CDU - «Vesper stellt der Musik in NRW den Ton ab» - Minister nennt Vorwürfe «Halbwahrheiten»
Düsseldorf (ddp-nrw). Die Förderung von ehrenamtlichen Orchestern und Chören im kommenden Jahr sorgt für Streit zwischen Nordrhein-Westfalens Kulturminister Michael Vesper (Grüne) und der CDU-Landtagsfraktion. Deren Kulturexperte Richard Blömer warf Vesper am Dienstag in Düsseldorf vor, mit einer Kürzung bei der Förderung auf 100 000 Euro für einen «unverantwortlichen Kulturkahlschlag» im Lande zu sorgen. Vesper entgegnete, die CDU versuche mit «Halbwahrheiten» Stimmung zu machen.
Laut Blömer wird die Förderung von Laienmusikern um 90 Prozent auf 100 000 Euro gekürzt. Vesper stelle damit «der Musik in Nordrhein-Westfalen den Ton ab», kritisierte der CDU-Kulturexperte. Dazu sagte Vesper, es sei zwar richtig, dass aufgrund der Haushaltslage die direkte Projektförderung der Laienmusik aus dem Landeshaushalt auf 100 000 Euro in 2003 gekürzt werden müsse. Allerdings erhalte der Landesmusikrat für seine Arbeit nahezu unvermindert 290 000 Euro. Daneben fördere das Land die Laienmusik in NRW im kommenden Jahr nach wie vor zusätzlich mit rund 2,5 Millionen Euro aus Erlösen der Oddset-Wette.
Laut Vesper beträgt die Förderung der Laienmusik in NRW insgesamt rund 2,9 Millionen Euro. Sie liege immer noch weit über dem Doppelten der Fördersumme von 1,3 Millionen Euro im Jahr 1999, vor der Einführung der Oddset-Wette.
Sabine Meuter