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27.1.: kulturfinanzierung aktuell +++ kulturfinanzierung

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Opernkonferenz-Chef Jonas nennt Sarrazin «Kulturbanause» - Berliner Opernstiftung und Haustarifverträge geplant +++ Nooke: Falsches Signal aus dem Hauptstadtkulturfonds

Opernkonferenz-Chef Jonas nennt Sarrazin «Kulturbanause» - Berliner Opernstiftung geplant
Berlin (ddp-bln). Der Vorsitzende der Deutschen Opernkonferenz, Sir Peter Jonas, hat sich vehement gegen eine Schließung von einer der drei Berliner Opern ausgesprochen. «Es ist überhaupt keine Lösung, ein Haus zu schließen. Was man hier sparen könnte, ist nichts im Vergleich zu anderen Summen, beispielsweise der Schuldzinsenlast Berlins», sagte Jonas der Zeitung «Welt am Sonntag». Er fügte hinzu: «Man spricht über die Kosten der Oper, aber nicht darüber, wie unproduktiv die Berliner Polizei ist oder wie unangemessen teuer die Senatsverwaltung.»
In Berlin gebe es kein Opernproblem, sondern nur ein politisches und ein Finanzproblem. Jonas betonte: «Der Berliner Finanzsenator Sarrazin ist ein Philister und ein Kulturbanause.»
Berlin brauche seine drei selbständigen Opernhäuser, «drei Leuchttürme der Kultur in Deutschland, mit drei unterschiedlichen Traditionen», sagte Jonas. In jeder Metropole gebe es mehrere Opern - "und es funktioniert!"
In der gleichen Ausgabe der "Welt am Sonntag" äußerte Kulturstaatsministerin Christina Weiss, dass sich der Bund an einer Anschubfinanzierung für eine Berliner Opernstiftung beteiligen will. Eine Stiftung als Dach für Staatsoper, Deutsche Oper und Komische Oper hätte vor allem personalpolitische Vorteile. Die drei Berliner Opernhäuser sollen in GmbHs umgewandelt werden, die durch eine gemeinsame Service-GmbH für Werkstätten und Verwaltung sowie eine Ballett-GmbH ergänzt werden sollen. Weiss und der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Jürgen Flimm, fordern außerdem einen Ausstieg der Theater aus den Tarifverträgen. Um die Strukturreform der Bühnen voranzutreiben und eventuell betriebsbedingte Kündigungen durchsetzen zu können, müssten Haustarifverträge abgeschlossen werden. Dies setze voraus, dass die Intendanten mit gutem Beispiel vorangingen - "etwa durch Verzicht auf eigene Gagenforderungen". Flimm verlangte auch den Ausstieg aus dem kommunalen Arbeitgeberverband. Ein Hauptproblem der Theater sei, dass Techniker, Bühnenarbeiter und Schneider im Gegensatz zu Künstlern von Tarifverträgen profitierten. Deshalb würden nun Schauspieler und Tänzer entlassen, während die Techniker vor Kündigungen geschützt seien.

Nooke: Falsches Signal aus dem Hauptstadtkulturfonds
Berlin (ots) - Zu den Förderentscheidungen des Hauptstadtkulturfonds im zweiten Entscheidungsverfahren für das Jahr 2003 erklärt der kultur- und medienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Günter Nooke MdB:
Die jüngsten Entscheidungen des Hauptstadtkulturfonds zur Förderung von Projekten in Berlin werfen ein bezeichnendes Licht auf die kulturpolitische Situation in der Hauptstadt und auf die kulturpolitischen Akteure von Bund und Land. Ist der Wunsch wieder einmal größer als der Geldbeutel, werden nicht konstruktive Maßnahmen ergriffen, um eine langfristige Planung möglich zu machen, sondern es werden Grundsätze einfach über Bord geworfen.
So zum Beispiel der Grundsatz, dass der Hauptstadtkulturfonds keine Projekte übernimmt. Das aber genau geschieht mit der Entscheidung, die Übernahme der Azteken-Ausstellung für den Martin-Gropius-Bau aus den Mitteln des Hauptstadtkulturfonds zu finanzieren. Warum wurde dieser Schritt nötig? Weil der Bund das von ihm getragene Ausstellungshaus nicht mit eigenen Projektmitteln versehen hat - ein folgenschwerer Fehler.
Ein Fehler, der sich damit rächt, dass der Bund sich aus der eigenen Tasche bedienen muss - zu Lasten der Projekte, die er eigentlich fördern soll: Projekte mit nationaler oder internationaler Ausstrahlung, die besonders innovativ sind und die für Berlin erarbeitet und in Berlin präsentiert werden. Mit jährlich 10,226 Mio. Euro dotiert, verteilt der Hauptstadtkulturfonds nicht eben "peanuts".
Doch auch die Stiftung Archiv der Akademie der Künste, das Haus der Kulturen der Welt und der Hamburger Bahnhof stehen neben dem Martin-Gropius-Bau als Zuwendungsempfänger auf der Liste der geförderten Projekte, mithin Institutionen, die vom Bund getragen oder mitgetragen werden.
Es ist kulturpolitisch ein falsches Signal und den Künstlerinnen und Künstlern in der Stadt gegenüber ein dreister und verlogener Umgang mit Fördergeldern, wenn der Hauptstadtkulturfonds in immer stärkerem Maße die an anderer Stelle aus Gründen der Haushaltskonsolidierung gestrichenen Förderungen ausgleichen muss - von Bund wie von Berlin.
Gänzlich absurd vor diesem Hintergrund ist die Förderung von Projekten, die im "Palast der Republik" stattfinden sollen, der als Veranstaltungsstätte nicht einmal hergerichtet ist. Abgesehen von der Tatsache, dass der Bund die Entscheidung des Bundestages zum Wiederaufbau des Stadtschlosses voranzutreiben hat, nicht die den Bau verzögernde Nutzung des "Palastes der Republik", wird mit der Zusage von Projektmitteln nun auch noch künstlich Druck erzeugt - eine neue und völlig unnötige Variante der Kulturförderung.
Was die Kultur und ihre Macher in Berlin als allerletztes brauchen, sind dass Nichteinhalten von Fördergrundsätzen und das konzeptloses Verteilen von Fördergeldern.
Was die Künstlerinnen und Künstler brauchen, sind verlässliche Partner, die den Verteilungskampf um öffentliche Subventionen für sie austragen, nicht gegen sie.