Body
Berlin/Essen: Bundesrat entscheidet über Europäische Kulturhauptstadt 2010 +++ Görlitz: Polen soll für Görlitzer Bewerbung gewonnen werden +++ Berlin: Weiss übt scharfe Kritik an russischer Beutekunst-Rückgabepraxis
Berlin/Essen: Bundesrat entscheidet über Europäische Kulturhauptstadt 2010
Berlin/Essen (ddp-nrw). Der Bundesrat in Berlin stimmt heute über die Empfehlungen zur Europäischen Kulturhauptstadt 2010 ab. Die unabhängige Jury hatte sich im März für Essen und Görlitz als Favoriten ausgesprochen. Es wird erwartet, dass der Bundesrat der Empfehlung des Gremiums folgt.
Im nächsten Schritt wird das Auswärtige Amt dann das Votum an die zuständigen Stellen bei der Europäischen Union weiterleiten. Dort dauert das Auswahlverfahren erneut etwa ein Jahr. Bis Ende 2006 steht fest, wer den Titel «Kulturhauptstadt Europas 2010» bekommt.
Neben Essen und Görlitz hatten sich ursprünglich auch Bremen, Braunschweig, Halle/Saale, Karlsruhe, Kassel, Lübeck, Potsdam und Regensburg um den Titel beworben. Deutschland stellte zuletzt 1999 mit Weimar die europäische Kulturhauptstadt.
Görlitz: Polen soll für Görlitzer Bewerbung gewonnen werden
Görlitz/Dresden (ddp). Sachsen wünscht sich von Polen eine stärkere Unterstützung für die Görlitzer Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas 2010. Das östliche Nachbarland als neues EU-Mitglied sollte sich in Brüssel «mit ganzer Kraft» für das Vorhaben der deutsch-polnischen Grenzstadt einsetzen, sagte der neue Sonderbeauftragte des sächsischen Ministerpräsidenten für die Görlitzer Kulturhauptstadtbewerbung, Christian Striefler. Die seit 1945 geteilte Stadt wirft ihre deutsch-polnische Identität in die Waagschale. Sollte Görlitz mit dem benachbarten Zgorzelec für 2010 den Zuschlag bekommen, würde die Kulturhauptstadt «weit bis nach Breslau ausstrahlen», betonte Striefler in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddp.
Striefler tritt sein neues Amt am 1. Mai an. Sachsens bisheriger Regierungssprecher wird nach eigenen Angaben einen Schreibtisch in Görlitz und in Dresden haben und ansonsten «gezielt in Europa herumreisen». In Warschau und Wroclaw (Breslau) will er unter anderem verstärkt für die Europastadt Görlitz/Zgorzelec werben. Außerdem werde er sich um die Lobbyarbeit in Brüssel kümmern, denn «da wird letztlich die Entscheidung getroffen». Im Verbindungsbüro Sachsens, das am Dienstag in der belgischen Hauptstadt eröffnet wurde, soll «so bald wie möglich» die Ausstellung über das 500-jährige Bestehen des Heiligen Grabes in Görlitz gezeigt werden.
Nach Ansicht von Striefler müssen auch die Menschen vor Ort noch mehr davon überzeugt werden, welche Vorteile die Görlitzer Bewerbung der gesamten Region bringt. Wenn das Vorhaben Erfolg hat, strömten «einige Millionen» Leute ins Land, die nicht nur Görlitz besuchen, ist Striefler überzeugt. Er habe den Eindruck, dass es inzwischen weniger Skepsis bei Einheimischen gebe als noch vor einem Jahr. Viele hätten erkannt, dass die Kulturhauptstadtbewerbung eine einmalige Chance zum Imagegewinn sei.
Striefler ist zuversichtlich, dass der Bundesrat auf seiner Sitzung am Freitag die Empfehlung der Jury bestätigt, die Görlitz und Essen unter zehn deutschen Bewerbern für die Kulturhauptstadt ausgewählt hat. Es wird davon ausgegangen, dass beide Städte zur endgültigen Entscheidung nach Brüssel gemeldet werden.
http://www.goerlitz2010.de
Berlin: Weiss übt scharfe Kritik an russischer Beutekunst-Rückgabepraxis
St. Petersburg (ddp). Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) hat den zuständigen russischen Behörden Hinhaltetaktik bei den Verhandlungen über die Rückgabe von Beutekunst vorgeworfen. «Dieses Verhalten belastet auf Dauer unser Verhältnis und trägt sehr zum Verdruss von deutschen Museumsdirektoren bei», sagte die Ministerin am Donnerstag im russischen St. Petersburg anlässlich der Rückkehr einer Bronzekopie des «Betenden Knaben von Sanssouci».
Sie trete trotz negativer Erfahrungen mit allem Nachdruck für eine enge Zusammenarbeit der Museen, Archive und Bibliotheken beider Länder ein. «Solange die Lücken, die der Krieg schlug, sichtbar sind, behält jeder Museumsbesuch und jedes Kunstfest einen bitteren Beigeschmack», sagte Weiss.
Das Original des «Knaben», eine um 300 v. Chr. entstandene hellenistische Plastik, ist eines der Prunkstücke der Berliner Antikensammlung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. «Schon einmal befand sich ein Abguss mehr als 100 Jahre lang im Zarenpavillon des Peterhofs, bis er von deutschen Truppen zerstört wurde. Es war ein Geschenk des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. an seine Schwester Charlotte von Preußen, die mit dem russischen Zaren Nikolaus I. verheiratet war, und damit ein Sinnbild deutsch-russischer Freundschaft«, sagte Weiss. Und dies solle das Geschenk der Stiftung Preußischer Kulturbesitz nun wieder werden.
Weiss kritisierte, dass seit dieser Woche ohne Beteiligung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz 350 Einzelstücke aus deren Berliner Antikensammlung im Moskauer Puschkin-Museum ausgestellt werden.