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München: Lösung im Streit um Chefdirigenten-Gage in Aussicht +++ Leipzig setzt bei der Kultur den Rotstift an
München: Lösung im Streit um Chefdirigenten-Gage in Aussicht
München (ddp-bay). Im Streit um die Gage des künftigen Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker bahnt sich offenbar eine Lösung an. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Focus» ist Kulturreferentin Lydia Hartl (parteilos) mit dem Berliner Stardirigenten Christian Thielemann «handelseinig». Die Anwälte beider Seiten verhandelten nur mehr letzte Einzelheiten des Vertrags. Dem Bericht zufolge wird dabei von Hartl das Gagenangebot für Thielemann «zäh verteidigt». Da es in der Landeshauptstadt zur Tradition geworden sei, überhöhte Honorare zu bezahlen, will die Kulturreferentin «eine Obergrenze für Gagen» einführen.
Weil die Stadt unter Sparzwang steht, bietet das Kulturreferat dem Stardirigenten Thielemann laut Bericht nur die Hälfte der Bezüge, die der derzeitige Orchesterchef James Levine erhält. Philharmoniker-Intendant Bernd Gellermann hatte dies als zu wenig kritisiert. Levine verdient jährlich rund eine Million Euro. Im Oktober wird der Münchner Stadtrat über die Orchester-Personalie abstimmen.
Leipzig setzt bei der Kultur den Rotstift an
Leipzig (ddp-lsc). In Leipzig wird das Geld knapp - und die Kultur soll die Lücke füllen, indem sie auf Zuschüsse verzichtet, Öffnungszeiten reduziert oder gleich Nebenstellen schließt.
Blanker Aktionismus sei dies nicht, versichert die Stadt. Vielmehr stehe ein Konzept dahinter: Die Kommune werde sich bei der Kulturförderung zunehmend aus der Fläche zurückziehen und sich auf «Leuchttürme» konzentrieren. Der Steuerzahlerbund will das nicht ganz unkommentiert hinnehmen. Steuern zahlten schließlich alle, also hätten auch alle ein Recht auf Kultur.
Ganz oben auf der Streichliste, die im Leipziger Rathaus kursiert, steht das Gohliser Schlösschen. Ein einzigartiges barockes Baudenkmal im Norden der Stadt, 1756 erbaut und Zeugnis damaliger bürgerlicher Baukultur. Zudem ist es das einzige Schloss, das die Messe- und Bürgerstadt Leipzig überhaupt hat. Nun soll es auf seine komplette Förderung von 141 000 Euro pro Jahr verzichten. «Das kommt einer Schließung gleich», sagt Schloss-Leiter Martin Eberle. Das ist für ihn umso unverständlicher, als das Haus erst vor drei Jahren für 17 Millionen Mark restauriert worden war. Hinzu kommt, dass auch bei einer Schließung «70 000 Euro pro Jahr an Fixkosten für den bloßen Erhalt des Schlosses anfallen», sagt Eberle.
Die Rathaus-Streichliste enthält zudem noch die mögliche Schließung von fünf der 20 Bibliotheken und verkürzte Öffnungszeiten von Museen. Stattdessen will sich die Stadt auf lukrative Kulturangebote konzentrieren. Aushängeschilder wie Oper, Theater oder Gewandhaus tauchen in der Streichliste denn auch nicht auf.«Clusterbildung» nennt sich das und ist die Antwort auf die Frage von Stadt-Sprecherin Kerstin Kirmes: «Macht es Sinn, die Masse zu erhalten oder sollte man nicht lieber vermehrt Klasse entwickeln?» Das Gohliser Schlösschen gehört mit seinen Kammerkonzerten und Sommer-Theatern offenbar nicht in die Kategorie «Klasse». Und die Masse muss voraussichtlich erst einmal bluten. 113 Millionen Euro muss die Stadt im Haushalt 2003 einsparen. Steuer- und Abgabenerhöhungen seien konsequent ausgeschlossen worden, sagt Kirmes.
Der Steuerzahlerbund kann der «Clusterbildung» nicht so viel angewinnen. Die Idee, viel Geld in spezielle Kulturangebote wie große Theater oder Oper zu pumpen, sieht Vorstandsmitglied Knut Schreiter skeptisch. Das sei doch eine sehr spezielle Interessengruppe, die da mit Steuergeldern gefördert werde, sagt er. Und ganz arm sei sie ja wohl auch nicht. Hingegen zeigten die Musicals der vergangenen Jahre, dass Kultur auch mit weniger Förderung auskomme und auch rentabel zu betreiben sei.
Das hat offenbar auch die Stadt im Fall des Barock-Schlosses im Hinterkopf. Jedenfalls könne von Schließung doch keine Rede sein. Das Schloss könne sich ja neue Marketing-Ideen überlegen und so mehr Geld einspielen, sagt Kirmes. «Unmöglich», entgegnet Eberle. Mit 340 Veranstaltungen pro Jahr sei das Schloss bereits ausgelastet. Und alles lasse sich in einer barocken Kulisse auch nicht machen. «Discos scheiden aus», sagt Eberle ganz klar. Außerdem wäre das ein Eingriff in das Betriebskonzept, der vom Stadtrat beschlossen werden müsste. Gleiches gelte für den Entzug der Fördermittel, der das sichere Aus bedeuten würde. «Ich hoffe, dass diese Erkenntnis im Stadtrat noch reift», sagt Eberle.
Matthias Hasberg