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5. Gesetzes zur Änderung des Urheberrechts

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„Zum Diskussions entwurf eines 5. Gesetzes zur Änderung des Urheberrechts gesetzes“

Die Stellungnahme zum Diskussionsentwurf für ein 5. Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes wurde dem Bundesministerium der Justiz mit Schreiben vom 24.02.1999 übermittelt. Sie hat folgenden Wortlaut:



I. Stellungnahme zu den Diskussionsvorschlägen

Die vom Bundesministerium der Justiz mit diesem Diskussionsentwurf ergriffene Initiative wird grundsätzlich sehr begrüßt. Insbesondere die Umsetzung der beiden WIPO-Verträge ist ein notwendiger Beitrag zur Klarstellung der Rechtslage und damit zur Rechtssicherheit. Die im Deutschen Kulturrat e. V. zusammengeschlossenen Urheber, ausübenden Künstler, Kulturproduzenten, -verwerter und -vermittler sind hierauf dringend angewiesen. Wir wünschen uns also, daß die Behandlung dieses Diskussionsentwurfs positiv vorangetrieben wird. Angesichts verschiedener Stellungnahmen der einzelnen Fachverbände erübrigt es sich, hier zu den Einzelheiten des Diskussionsentwurfs — insbesondere zu den dort vorgeschlagenen Neuregelungen im Rahmen der gesetzlichen Schranken — im einzelnen Stellung zu nehmen. Der Deutsche Kulturrat hat nämlich schon im September 1998 eine Stellungnahme zum „Urheber- und Leistungsschutzrecht in der Informationsgesellschaft“ verabschiedet. Obwohl bei Abfassung dieser Stellungnahme der Diskussionsentwurf noch nicht bekannt war, sind — nicht zufällig — die im wesentlichen gleichen Themen auch dort schon aufgegriffen. Wir fügen daher zu Ihrer Kenntnis diese Stellungnahme bei und bitten um Berücksichtigung. Neu ist allerdings der Vorschlag, § 61 UrhG ersatzlos aufzuheben. Der Deutsche Kulturrat widerspricht diesem Vorschlag entschieden. Die für diesen Vorschlag gegebene Begründung, es bedürfe der Zwangslizenz zur Tonträgerherstellung nicht, da die entsprechenden Rechte ohnehin von der GEMA wahrgenommen würden und daher der Abschlußzwang nach § 11 WahrnG greife, überzeugt nicht. Richtig ist vielmehr umgekehrt, daß, gerade weil die Zwangslizenz des § 61 „droht“, sämtliche entsprechenden Rechte in die Verwertungsgesellschaft eingebracht werden. Gerade heute, wo der Tonträgermarkt von einigen wenigen, international agierenden Konzernen beherrscht wird, besteht ohne eine solche Regelung die Gefahr einer Monopolisierung gewisser Musikstücke. Im Interesse der Aufrechterhaltung einer vielfältigen Kulturlandschaft auch auf dem Tonträgermarkt muß § 61 UrhG gewissermaßen als Auffangstatbestand gegenüber der derzeit praktizierten Wahrnehmung dieser Rechte durch eine Verwertungsgesellschaft aufrechterhalten werden.

II.Notwendige Ergänzungen

So sehr der Diskussionsentwurf grundsätzlich zu begrüßen ist, so sehr bedauern wir, daß einige dringend notwendige Ergänzungen des Urheberrechtsgesetzes darin nicht enthalten sind. Sollten diese Änderungen bzw. Ergänzungen nicht schon in das nächste, 5. Urheberrechtsänderungsgesetz aufgenommen werden, besteht die Gefahr, daß sich die Regelung dieser essentiellen Punkte auf lange Sicht sehr verzögert. Wir bitten daher dringend, auch diese Gesichtspunkte bereits im 5. Urheberrechtsänderungsgesetz zu berücksichtigen. Frau Professor Dr. Däubler-Gmelin hat einige dieser Gesichtspunkte bereits in ihrer vielbeachteten Rede vom 20.7.1998 im Max-Planck-Institut unter der Überschrift „Handlungsbedarf“ dargestellt. Hierauf dürfen wir Bezug nehmen (Börsenblatt vom 14.8.1998 S. 13 ff.). Nach Auffassung des Deutschen Kulturrates bedürfen insbesondere folgende Punkte einer Behandlung schon in der nächsten Urheberrechtsnovelle:

Die in der Anlage zu § 54 b UrhG festgeschriebenen Vergütungssätze sind seit 1985 unverändert. Bereits 1989 hat die Bundesregierung in ihrem Bericht über die Auswirkungen der Urheberrechtsnovelle 1985 festgestellt, daß jedenfalls der Vergütungssatz von DM 0,02 pro Kopie in Ziff. II. 2 b) der Anlage mindestens verdoppelt werden müsse, um angemessen zu sein. Es sollte keiner näheren Begründung bedürfen, daß nach nunmehr über 15jähriger Laufzeit sämtliche gesetzlichen Vergütungssätze eine angemessene Erhöhung erfahren müssen.
Besonders unglücklich ist die Regelung in Ziff. II. 1. der Anlage zu § 54 d) UrhG, wonach nur Kopiergeräte mit einer Leistung von mindestens zwei Vervielfältigungen je Minute der urheberrechtlichen Vergütung unterliegen. Aufgrund dieser Regelung wird in großem Umfang die Kopiergeschwindigkeit von Faxgeräten und Scannern für die Einfuhr nach Deutschland absichtlich verlangsamt, um so die Bezahlung der Urhebervergütung zu vermeiden. Besonders ärgerlich ist, daß die Verlangsamung von Scannern nach dem Verkauf in Deutschland ohne weiteres behoben werden kann, indem z. B. aus dem Internet schnellere Treiber geladen werden (worauf in der einschlägigen Fachpresse ausdrücklich hingewiesen wird). Diese Möglichkeit der Umgehung der Urheberrechtsvergütung benachteiligt im übrigen auch den Teil der Importeure, die ihre Geräte im Ursprungszustand nach Deutschland einführen und damit der Urheberrechtsabgabe unterwerfen und stellt somit auch eine grobe Wettbewerbsverzerrung dar. Wie in sämtlichen Urheberrechtsgesetzen des Auslandes, die dem deutschen Beispiel im Prinzip gefolgt sind, sollte daher auch für die Vergütungspflicht nach § 54 a Abs. 1 UrhG das Erfordernis der Mindestgeschwindigkeit von 2 Kopien pro Minute entfallen.
Höchst unbefriedigend ist die Regelung der Bemessung des Schadenersatzes im Falle von Urheberrechtsverletzungen. Da bei Urheberrechtsverletzungen — anders als bei der Verletzung anderer gesetzlicher Schutzrechte — der Beweis über die Höhe des entgangenen Gewinns oder des Verletzergewinns kaum möglich ist, bleibt in aller Regel nur die Berechnungsmethode der Lizenzanalogie. Lediglich der GEMA wird bei Rechtsverletzungen ein hundertprozentiger Tarifaufschlag zuerkannt; auch dieser wird von der Rechtsprechung jedoch nur in ganz bestimmten Sonderfällen gewährt. Nach § 97 UrhG muß der Urheberrechtsverletzer in aller Regel also nicht mehr bezahlen als derjenige, der die entsprechenden Rechte vor der Nutzung ordnungsgemäß erworben hat. Zum Vergleich: Man stelle sich vor, der ertappte Schwarzfahrer müßte nur den normalen Beförderungstarif bezahlen. Durch die Möglichkeiten der digitalen Technik werden Urheberrechtsverletzungen in Zukunft noch wesentlich erleichtert. Aus Präventionsgründen sollte daher vorgesehen werden, daß jedenfalls im Falle von vorsätzlichen Urheberrechtsverletzungen mindestens das Doppelte der üblichen Lizenzgebühr zu bezahlen ist, wie dies z. B. in Österreich schon lange gesetzliche Regel ist (§ 87 Abs. 3 öst. UrhG).
Art. 2 des Diskussionsentwurfes schließlich sieht zum Urheberrechtswahrnehmungsgesetz nur redaktionelle Anpassungen vor. Auch hier ist jedoch dringend eine Ergänzung geboten, wie die Praxis belegt.
Die Hinterlegungsregel in § 11 Abs. 2 WarhnG beschränkt sich bisher auf ausschließliche Rechte. Soweit dagegen aufgrund gesetzlicher Lizenzen nur Vergütungsansprüche bestehen, gibt es bisher keine Möglichkeit, Verwerter, die die Rechte zwar nutzen, aber keine Vergütung bezahlen, wenigstens zur Hinterlegung zu bewegen. In der Vergangenheit spielte dieser Mangel aufgrund der geringen und überschaubaren Zahl der gesetzlichen Lizenzen wirtschaftlich keine bedeutende Rolle. Insbesondere in Hinblick auf die gesetzliche Sendelizenz gem. § 76 Abs. 2 UrhG änderte sich diese Situation mit Aufkommen privater Rundfunksender jedoch dramatisch. Vielfach haben in der Vergangenheit private Rundfunksender, mit denen keine Einigung über die Höhe der Vergütung zustande kam, ohne jegliche Hinterlegung über Jahre hinaus gesendet und sind dann nach langjährigen Gerichtsverfahren in Konkurs gefallen. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung, die die Vergütungsansprüche für gesetzliche Lizenzen aus § 76 Abs. 2 UrhG, aber auch aus § 77 UrhG oder §§ 54 und 54a UrhG haben, sind solche, durchaus häufig vorkommende Fälle, in denen trotz langer und intensiver Nutzung der Rechte die gesetzlich geschuldeten Vergütungen letztendlich nicht gezahlt werden, für die Berechtigten unerträglich. Die Regelung des § 11 Abs. 2 WahrnG sollte daher nicht auf Exklusivrechte beschränkt bleiben, sondern auch gesetzliche Lizenzen umfassen. Dies könnte dadurch geschehen, daß ein Verwerter, der den gesetzlichen Vergütungsanspruch nicht durch Vorbehaltszahlung oder Hinterlegung Rechnung trägt, sich jedenfalls nach einer bestimmten Zeit wegen Verwirkung nicht mehr auf die gesetzliche Lizenz berufen kann. Obwohl es noch eine Reihe weiterer, beachtenswerter Punkte gibt, haben wir uns hier auf die Behandlung der essentiellen Fragen beschränkt, die dringend schon im nächsten Urheberrechtsänderungsgesetz behandelt werden müßten.

Bonn, Februar 1999